AUSSTELLUNG IM THEATERMUSEUM: Wie alles begann... Düsseldorfs Freie Szene seit den 1960er Jahren

Time out of Mind, Düsseldorf 1968. Foto: Siegfried Thieler (c) Theatermuseum Düsseldorf
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  • Time out of Mind, Düsseldorf 1968. Foto: Siegfried Thieler (c) Theatermuseum Düsseldorf
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Das Theatermuseum der Landeshauptstadt Düsseldorf zeigt aus Anlass des 85. Geburtstages von Ernest Martin eine Ausstellung, die sich schwerpunktmäßig mit seinen Düsseldorfer Jahren beschäftigt. Plakate, Fotos, Videos, Theaterrezensionen und Material aus dem Vorlaß ergeben ein vielschichtiges Bild der Künstlerpersönlichkeit und seiner Gruppe. Die Ausstellung konnte realisiert werden durch zahlreiche Leihgaben und die Schenkung Siegfried Thielers, der die Gruppe von 1968 bis 1985 fotografisch begleitet hat.

Der US-amerikanische Regisseur, Intendant, Schauspieler und Tänzer Ernest Martin wurde am 23. Februar 1932 in New York City im Stadtteil Brooklyn geboren.

Während seiner amerikanischen Zeit bis 1960 konnte er Theaterstücke wie „Wir sind noch einmal davongekommen“ von Thornton Wilder oder „Sechs Personen suchen einen Autor“ von Luigi Pirandello, inszenieren, ein Drama, mit dem er 1965 auch das Düsseldorfer Theaterpublikum konfrontieren sollte. Da Martin in den USA keine weiteren Entwicklungsmöglichkeiten für sich sah, unternahm er 1960 eine Europareise, die ihn nach Wuppertal und wenig später nach Düsseldorf führte.
Noch unter dem Dach der Volkshochschule Wuppertal gründete er 1961 das „Theater-Studio“, das er bis 1967 leitete; parallel dazu entstand unter seiner Leitung in Düsseldorf die Theatergruppe „Bühne 64“, mit der er den Grundstein für ein zunehmend experimenteller werdendes Amateurtheater legte. Selbst der „Spiegel“ wurde bald auf die Gruppe aufmerksam und berichtete: „In den Inszenierungen verwirklichte Ernest Martin seine Vorstellung eines experimentellen Theaters, das ohne eine herkömmliche Erzählstruktur sich ausschließlich auf das gleichzeitige Zusammenspiel von Sprache, Mimik, Gestik, Bewegung, Licht, Ton, Film, Fernsehen, Zeit und Raum konzentriert.“(Quelle: Offizielle Website von Ernest Martin).
Die wichtigsten Produktionen aus dieser psychedelischen Zeit ab 1968 waren zweifellos „Time out of Mind“, „Games People Play“ und „The Electric Environment“. Wesentliche, vielgespielte Eigenproduktionen, die auch internationale Resonanz fanden, waren in den 1970er Jahren dagegen „Ich sehe mich dich sehen“ und „Oedipus Telex“.
Bis zum Ende der Gruppe 1987 entstanden insgesamt 17 Produktionen, von denen ein großer Teil Eigenproduktionen der Gruppe genannt werden können. Erst in der letzten Phase ab 1982 wandte sich Ernest Martin als Regisseur wieder textbasierten Aufführungen zu. Unter den Stücken befand sich „Marat/Sade“ von Peter Weiss, das er bereits 1964 in der Berliner Uraufführung mehrfach hatte sehen können; ebenso Peter Handkes „Publikumsbeschimpfung“, das der Autor nach langen Jahren der Bühnenabstinenz nur für Ernest Martin wieder freigab.

1984 wurde sein Engagement mit der Leitungsfunktion des „Jungen Theaters in der Altstadt“ belohnt. Auch wenn seine neue Funktion kaum noch eigene Produktionen zuließ, wurde er doch zu einem Förderer und Ermöglicher zahlreicher Theaterinitiativen der Freien Szene, so des „Jungen Ensembles“ von Reinhold Tritt oder des „Theaters der Klänge“ von Jörg Lensing. Ernest Martin selbst gehört auch zu den Gründern des „Seniorentheaters in der Altstadt“. 1999 endete seine Intendanz. In der Folge wurden die beiden Spielstätten „Kammerspiele“ (Jahnstraße) und JuTA (Wilhelm-Marx-Haus) zum heutigen Forum Freies Theater (FFT) zusammengeschlossen.

Neben seinen Arbeiten als Theaterregisseur und -leiter, war Ernest Martin auch als Schauspieler tätig. So wirkte er in dem Stück „Master Harald und die Boys“ mit, das in den 1980er Jahren am Düsseldorfer und Kölner Schauspielhaus aufgeführt wurde, und war in dem Stück „Mandela vor Gericht“ zu sehen, welches ebenfalls in den 1980er Jahren am Schauspielhaus Basel präsentiert wurde. Sein über 50-jähriges Theaterleben beendete Ernest Martin mit einem Engagement als Tänzer in der Pina Bausch - Tanzproduktion „Kontakthof für Damen und Herren ab 65“, die von 2004 bis 2009 mit zahlreichen Gastspielen im In- und Ausland, vor allem in Italien und Frankreich, aufgeführt wurde.

Inzwischen lebt Ernest Martin seit über 50 Jahren in Düsseldorf. Das Theatermuseum versteht die Ausstellung als Hommage an seine großen Leistungen für die Theatergeschichte der Freien Szene mit zeitweise internationaler Strahlkraft.

Theatermuseum Düsseldorf
Jägerhofstr.1
40479 Düsseldorf
www.duesseldorf.de/theatermuseum
Geöffnet: Di – Fr 13:00 – 17:00 Uhr / Sa-So 13:00 – 19:00 Uhr
Eintritt: Euro 4,00/ Euro 2,00 (Studenten/Auszubildende)
Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren haben freien Eintritt

Ausstellung bis 25. Februar 2018

Alle Fotos: Siegfried Thieler (c) Theatermuseum Düsseldorf

Homepage Theatermuseum Düsseldorf



Autor:

Michael Matzigkeit aus Düsseldorf

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