Ausstellung „erfasst, verfolgt, vernichtet“ im Haus der Ärzteschaft

Im Nationalsozialismus gehörten auch vermeintlich psychisch Kranke und Behinderte zu den Verfolgten. Eine tragende Rolle kam dabei der Ärzteschaft, dem Pflegepersonal und der Justiz zu, die mitgemacht, zugesehen oder weggeschaut haben, wie 400.000 Menschen ab 1934 zwangssterilisiert und weitere 200.000 in den so genannten Heilanstalten ermordet wurden. Ihnen, den Opfern, ist eine Wanderausstellung gewidmet, die derzeit im Haus der Ärzteschaft zu sehen ist.

Der Titel: „erfasst, verfolgt, vernichtet“ gibt einen Hinweis, mit welch' bürokratischer Akribie dabei zu Werke gegangen wurde. „Menschen mit psychischen Erkrankungen, die damals noch sehr schwer zu behandeln waren, wurden in Heilanstalten eingewiesen und zwangssterilisiert“, erklärt Dr. Matthis Krischel, vom Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin der Heine-Uni. Gleiches widerfuhr Menschen, die nach der Nazi-Ideologie, ihre Gene nicht weitervererben sollten. Das konnte Patienten mit tatsächlichen Erbkrankheiten wie Korea Huntington ebenso treffen, wie Menschen, die laut geltender Rechtsprechung an „angeborenem Schwachsinn“ oder „moralischem Schwachsinn“ litten. „Zur letzteren Gruppe konnten auch allein erziehende Frauen und so genannte notorische Querulanten gezählt werden“, zählt Dr. Krischel auf.
„Für die Ärzteschaft, insbesondere im Fachbereich Psychiatrie, ist ihre Rolle im Nationalsozialismus die dunkelste Stunde in der Medizingeschichte“, urteilt Frank Bergmann, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung NRW Die Ausstellung gebe den Opfern ein Gesicht, eine Stimme und ihrer Geschichte endlich auch Gehör. Denn das Schicksal derjenigen, die zwischen 1934 und 1945 in Heilanstalten gequält, misshandelt und umgebracht wurden, wurde in vielen Familien verschwiegen. Aus Scham oder Unwissenheit.
„Erfasst, verfolgt, vernichtet“ gibt aber auch den Tätern ein Gesicht und macht deutlich, dass sie sich, ebenso wie die Mitläufer und Unterstützer aus allen medizinischen Fachbereichen, einschließlich des Pflegepersonals rekrutierten. „Es gab auch viele Juristen, die ihre Taten beglaubigten“, stellt Prof. Schneider, ärztlicher Direktor der Uniklinik, klar, der sich seit vielen Jahren für die Aufarbeitung medizinischer Verfehlungen im Nationalsozialismus einsetzt.

Info 
Die Ausstellung ist im Haus der Ärzteschaft, Tersteegenstraße 9, noch bis 15. April zu sehen. Der Eintritt ist kostenlos. Sie wird von einem Rahmenprogramm begleitet. Weitere Infos dazu unter: www.kvno.de/dgppn.

Autor:

Lokalkompass Düsseldorf aus Düsseldorf

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