Professor, Taubenzüchter, Gegenspieler
Auf den Spuren von Norbert Kricke in Düsseldorf

"Große Mannesmann": Der Rheinturm im "Knoten" | Foto: ©Margot Klütsch
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Vor genau 100 Jahren, am 30. November 1922, wurde der Bildhauer Norbert Kricke geboren. Der großartige Bericht von Andrea Gruß-Wolters (mehr dazu HIER) über die Kricke- Ausstellungen in Duisburg hat mich animiert, den Spuren des Bildhauers in seiner Heimatstadt zu folgen. 
  
Der gebürtige Düsseldorfer spielte eine wichtige Rolle in der Kunstszene der Stadt. 1964 wurde er Professor für Bildhauerei an der Kunstakademie Düsseldorf, von 1972 bis 1982 war er deren Rektor. Mit seinen abstrakten Raumskulpturen aus Edelstahl gehörte er zu den einflussreichsten Bildhauern der Nachkriegsmoderne. Er nahm mehrfach an der documenta in Kassel teil und fand internationale Anerkennung.

Bewegung der Linie im Raum
Die Bewegung im Raum wurde sein Lebensthema, schon in jungen Jahren bei der Luftwaffe, danach als Vorreiter der abstrakten Bildhauerei im Nachkriegsdeutschland und schließlich auch bei seiner privaten Leidenschaft, der Brieftaubenzucht.

"Große Mannesmann" | Foto: ©Margot Klütsch

Der Gegenspieler
In den turbulenten 1968er Jahren an der Düsseldorfer Kunstakademie war Kricke der prominente Gegenspieler von Joseph Beuys. Dieser warf dem erfolgreichen Bildhauer der Nachkriegsmoderne vor, den Zeitgeist und die Vorstellungen des Establishments zu bedienen, während Kricke Beuys' messianisches Auftreten bei den Studenten heftig kritisierte und ihn als "Ewig-Gestrigen" abqualifizierte.
 
Energie im Raum: Mannesmann I (1960)
Immer wieder faszinierend: Vor dem ersten Düsseldorfer "Wolkenkratzer" an der Rheinuferpromenade, dem Mannesmann-Hochhaus, steht die Edelstahlskulptur "Große Mannesmann (Mannesmann I /Bewegung)" von 1958 -1960. Sie ist aus schmalen Rohren gearbeitet und war eine Auftragsarbeit der Röhrenfabrik Mannesmann AG. Ursprünglich stand die Skulptur in einem Brunnen.

"Große Mannesmann": Linien im Raum | Foto: ©Margot Klütsch
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Aufschwung
Die Skulptur ist als Zeichnung im Raum zu lesen. Sie wird aus Linienbündeln gebildet. Das Hauptwerk aus der Werkgruppe der „Raumknoten“ bildet einen dynamischen Gegensatz zur strengen Rasterarchitektur des Hochhauses. Wie kaum eine andere Arbeit spiegelt die „Große Mannesmann“ den Zeitgeist. Die Rohre aus Edelstahl nehmen Bezug auf den Auftraggeber und sind gleichzeitig Ausdruck der technischen Moderne.

"Große Mannesmann": Raster und Dynamik | Foto: ©Margot Klütsch
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Wirtschaftswunder
Die schwungvoll in die Höhe schießenden Linien symbolisieren gleichsam das deutsche Wirtschaftswunder der fünfziger und sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Zusammen mit dem denkmalgeschützten Hochhaus stehen sie für den Optimismus und die Fortschrittsgläubigkeit jener Jahre.

"Große Mannesmann" | Foto: ©Margot Klütsch

Kraft im Raum: Platzender Wassertropfen/Raumknoten (1966)
Die Skulptur variiert das Thema "Raumknoten". Sie war ursprünglich am Wellenbad an der Grünstraße angebracht. Nach dessen Abriss fand sie einen neuen Platz an der Fassade des Freizeitbads "Düsselstrand"  in Flingern.

"Platzender Wassertropfen": Energie im Raum | Foto: ©Margot Klütsch
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Tanz im Raum: Große Fließende H (1969)
Die Skulptur wurde nach der Kricke-Retrospektive im Kunstpalast in der Nähe des Museums im Ehrenhof aufgestellt. Die Verknotungen sind gelöst. Spielerisch leicht bewegen sich die Linien wie Tänzer im Raum.

"Große Fließende H": Linientanz im Raum | Foto: ©Margot Klütsch
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Zeichen im Raum: Große Giedion (1977/87)
Die Bezeichnung ist eine Hommage an die Kunsthistoriker Sigfried Giedion und Carola Giedion-Welcker. Eine einzige emporstrebende Linie umschreibt sowohl Fläche wie Raum. Die reduzierte und konzentrierte Formensprache des Spätwerks hebt sich deutlich von den dynamischen Raumknoten ab.
Die Skulptur stand ursprünglich im Südpark, diente dort aber schnell als Kletterstange für die Kids. Dadurch wurde sie beschädigt und schließlich abgebaut. Seit 2004 steht die Kopie auf einem Gräberfeld des Nordfriedhofs in der Nähe von Krickes Ruhestätte.

"Große Giedion": streng, minimalistisch, linear von der Fläche in den Raum  | Foto: ©Margot Klütsch
  • "Große Giedion": streng, minimalistisch, linear von der Fläche in den Raum
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Ich würde mich freuen, wenn Ihr mir auf den Spuren von Norbert Kricke folgt.

Autor:

Margot Klütsch aus Düsseldorf

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