Subkultur und Ihre Geschichten
Annabelle. Zwischen Punkrock; Blues und Gospel

3Bilder

Infos zu Annabelle

In Zeiten wie diesen, wo das Virus zwar langsam zurück geht, aber immer noch viel Stillstand besteht, ist es wichtig, mal die Menschen vorzustellen, die Tag für Tag dafür sorgen, das eine subkulturelle Landschaft weiterhin Bestand hat.
Die Menschen, die jeden Tag für Unterhaltung sorgen, egal ob in Bild oder Tonform und dabei kleinere Künstler und Bands fördern.
In der kommenden Serie werde ich regelmäßig Menschen vorstellen, die genau das mit Leidenschaft zelebrieren.

Heute: Annabelle - Musikerin, Musiklehrerin und Veranstalterin

Guten Morgen Anja. Schön das du dir Zeit nimmst. Ich hoffe, du hast den Kaffee schon gehabt, bzw. du hast die Tasse vor dir. Stell dich einfach Mal kurz vor...

Anja:
Hi! Ja, den ersten Kaffee hatte ich schon. Also: ich bin Liedermacherin mit dem Pseudonym Annabelle. Meine Themen sind meist politisch/feministisch. Ich arbeite immer noch mit meiner ehemaligen Duopartnerin The Brain zusammen. Wir schreiben oft Songs zusammen. In meinem Programm ist inzwischen ein nicht unerheblicher Spoken Word-Anteil. Geht so in die Richtung Kabarett oder auch Poetry-Slam. Hat sich irgendwie so entwickelt in den letzten zwei Jahren.
Außerdem spiele ich noch in einer Punkband, Kelle, bin Mitveranstalterin des legendären Punkabends in Oberhausen.
Habe mein ganzes Leben schon Musik gemacht, bis letzten Sommer beruflich, nebenbei bin ich in die Vertretungslehrer-Schiene gerutscht, was mir grad mein Einkommen sichert.
Glück gehabt!!!

Eine ganze Menge für eine Person. Man könnte fast meinen, dass das teilweise, soweit es irgendwann Mal wieder normal laufen sollte, Aufgaben für mehrere Personen sind. Wie schaffst du das zeitmäßig? Und eine weitere Frage auf die ich direkt eingehe, ist zum Thema Annabelle...da gibst du mir ja direkt eine Steilvorlage mit der Bezeichnung feministisch. Du hast bestimmt mitbekommen, was es zur Zeit für Diskussionen im Bereich Sexismus gibt, und wie weit die durch mein Geschlecht ausarten. Wie siehst du als Frau, die Thematik, dass es zu wenig "Frauen" in der Szene gibt, bzw zu wenig gefördert werden?

Anja:
Zur ersten Frage: Dank dem bösen C fallen Bandproben flach, und als Künstlerin bin ich leider grad recht unzufrieden, weil ich mich wegen des Lehrerjobs in einer Förderschule nicht ausleben kann. Der Job raubt viel Kraft. Aber man muss geduldig sein und dankbar. So habe ich mein Auskommen, bis wir den „Drachen“ Pandemie gezähmt haben.

Zu deiner zweiten Frage: Es erschreckt mich, was für Rückschritte wir diesbezüglich grad machen! Ich schweife ab, aber finde das wichtig. Es gibt Teile in der sog.U-Musik, die die „Männlichkeit“ (Machismo) überbetonen, und die Frauen sind schmückendes, leicht bekleidetes Beiwerk.
Derzeit ganz krass im Rap, schon früher , in den 80ern auch im Metal. In dieser Szene hat sich das inzwischen ein wenig gewandelt. Dennoch ist man als Frau in Bands am liebsten gesehen als Sängerin, am besten noch gutaussehend.
Auf Bandfotos bitte möglichst sexy, perfektes Äußeres. Im Punk mache ich da allerdings grad nicht so diese Erfahrung. Hier bin ich als Gitarristin absolut akzeptiert. Da ich aber auch in anderen Genres unterwegs bin, habe ich da auch andere Erfahrungen gemacht, Sprüche kassiert, oder wurde behandelt wie ein bunter Hund.

Im Punk / Punkrock sehe ich das teilweise aber auch so...wenn eine Band schon mit Female Frontend anfängt, bin ich schon erschrocken und denke mir so....“was muss in den männlichen Kollegen vorgehen, sowas als Bandinfo rauszuhauen“. Ja, im Metal war das ganz schlimm, aber da sehe ich, dass sich das weibliche Geschlecht teilweise stärker durchgesetzt hat, gerade im Bereich Bands und Musiker. Siehe Joan Jett, Lita Ford, Doro, Lee Aaron, The Runaways, Wendy O'Williams...die haben so manchen Kerl in die Weichteile getreten. Meiner Meinung nach, aber das ist nur die Meinung eines alten, weissen Mannes , sollten sich die Sackträger Mal wieder darauf besinnen, um was es geht....nämlich Kultur und Subkultur. Und das gemeinsam, Geschlechterunabhängig. Du sagtest, dass du in verschiedenen Genres unterwegs bist. Als aktive, gestalterische Person, oder eher als Konsument?

Anja:
Zunächst: ich bin ausgebildete Sopranistin. Also: man kann mich z.B. für Hochzeiten buchen. Da schmettere ich dann ein Ave Maria, oder was man sich halt so wünscht. Dann war ich früher Sängerin einer Bluesband, und wenn man sich meine Songs anhört, merkt man, dass mir der Blues sehr am Herzen liegt. Mit einem Kumpel zocke ich schon mal Jazzstandards. Ich finde, es ist wichtig, über den musikalischen Tellerrand zu schauen und sich Inspiration zu holen.

Weißt du, ich habe schon als Kind nicht verstanden, warum ich etwas aufgrund meines Geschlechts nicht können oder tun soll. Was wir eigentlich brauchen, sind wahrhaft emanzipierte Männer neben den selbstbewussten Frauen. Leider spielen sich da beide Seiten immer noch in die Hände, dass das Patriarchat weiterlebt. Habe dazu was in meinem Programm.

Ach ja, natürlich bin ich auch in vielen Genres als Konsumentin unterwegs, klar.

Gestern Abend habe ich auf dem Balkon gesessen und laut türkischen Pop gehört zu einem Gläschen Wein... das singe ich nur im Auto, wo mich keiner hört

Wird Zeit, dass die Überwachungsmöglichkeiten größer werden, damit man das Mal hört. Was wird in Zukunft auf uns zukommen? Was passiert nach dem großen C musikalisch bei dir, bzw. worauf wirst du dein Hauptaugenmerk legen.

Anja:
Annabelle arbeitet zur Zeit an einem Studioalbum, das eigentlich schon Ende letzten Jahres fertig sein sollte, aber.... siehe oben. Dann muss ich wieder vermehrt Klinken putzen, die Pandemie hat es einem relativen Neuling in der Szene nicht leicht gemacht. Aber es müssen Gigs her! Und hoffentlich habe ich die Musik auch wieder komplett hauptberuflich in meinem Leben, auch als Gesangslehrerin und Klavier/Gitarre.... Derzeit unterrichte ich nur Englisch, Musik online unterrichten an dieser speziellen Schule geht nicht. Fehlt mir sehr...

Vielleicht hilft diese kleine Interview ja beim "Klinkenputz", was dir wirklich zu gönnen wäre. Ich selber durfte dich ja schon als Annabelle live erleben, was wirklich großartig war, sowie als Gitarristin einer Metalband. Ich wünsche mir auf jeden Fall, dass wir uns in Kürze Mal wieder die Bühne teilen, und werde, sobald das losgeht, auch wieder bei meinen Tätigkeiten berücksichtigen. Zum Abschluss... Was wünschst du dir für die Zukunft, und hast du noch die Hoffnung, dass dieses Jahr was passiert

Anja:
Ich hoffe einfach, dass wir den Scheiß endlich in den Griff kriegen! Es fehlt so vieles, Treffen mit Freunden, Parties, Konzerte und und und. Das macht die Menschen fertig. Und ich hoffe doch sehr, dass das noch dieses Jahr was wird! Ich werde jedenfalls morgen geimpft, ein Vorteil meines Jobs.... Lieber Andreas, ich danke dir von Herzen, dass du mir hier ein wenig Öffentlichkeit bietest und freue mich drauf, wenn wir uns wieder bei Konzerten sehen, sowohl als Aktive wie auch Zuschauer. Lasst uns das Beste hoffen!

Namaste

Vielen Dank für das tolle Interview, wir werden uns 100 pro wieder sehen, und dann lassen wir es krachen. Und in Zukunft kommt auch wieder ein klein wenig mehr als nur Interviews in Schriftform... Lass es dir gutgehen und bleib tapfer, wir werden uns sehen.

Autor:

Andreas Wagner aus Düsseldorf

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

4 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.