Subkultur und Ihre Geschichten
Allez ist Punk - Interview mit Thomas Hohlstein

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Allez ist Punk - Infos/Nächste Sendung

In Zeiten wie diesen, wo das Virus zwar langsam zurück geht, aber immer noch viel Stillstand besteht, ist es wichtig, mal die Menschen vorzustellen, die Tag für Tag dafür sorgen, das eine subkulturelle Landschaft weiterhin Bestand hat.
Die Menschen, die jeden Tag für Unterhaltung sorgen, egal ob in Bild oder Tonform und dabei kleinere Künstler und Bands fördern. 
In der kommenden Serie werde ich regelmäßig Menschen vorstellen, die genau das mit Leidenschaft zelebrieren. 
Heute: Thomas Hohlstein - Radiomoderator mit der Sendung "Alles ist Punk"

Das Coronakonforme Schriftinterview

Tach Thomas, du bist zur Zeit viral sehr gut vertreten...stell dich einfach Mal kurz als Person vor. Das was du machst, kommt noch...

Na noch bin ich "viral" verschont geblieben, toi toi toi - ich bin aber auch kein Mitglied einer Risikogruppe.
Ich bin aus dem zurecht unbekannten Dorf Oberaden und kann mich entsprechend als Hinterwäldler, der es mit harter Arbeit in die Metropole Düsseldorf geschafft hat, bezeichnen.
Also " Pöbel trifft Prada". Ich bin, nach Meinung der bisherigen Gäste max. 30 Jahre alt, fühle mich aber oft eher wie 15. Verheiratet, 2 wirklich gut gelungene Hunde in die Welt gesetzt und ich lebe seit 10 Jahren in Düsseldorf-Flingern. Mein Hobby ist Informatik im Hightech Bereich neben meiner neuen Passion Radio. Außerdem bin ich Akademiker und deshalb unterqualifiziert für ne Punkrocksendung.

Sehr ausführlich, diese Antwort...aber auch sehr aufschlussreich. Da du ja schreibst, dass deine Passion das Radio ist...wie ist es dazu gekommen.

Ich würde sagen das das Auswahlverfahren bei meinem Lieblingssender streamd.de wirklich sehr sehr hart war. Ich wurde von einem der Founder des Senders, der mich ursprünglich als Politikprofi kennenlernte, über FB immer mal angeschrieben Ich solle mal vorbei kommen. Dann kam Covid, dann kam eine politische Enttäuschung, dann eine Kurznachricht mit: "Hey, ihr solltet Kafvka beim Edelweißpiratenfestival interviewen" von mir an den Sender. Die waren im Biergarten Zakk (Düsseldorf).....
Am Ende saß ich dort alleine mit einem Aufnahmegerät und habe es selber gemacht. Ich habs versaut, zugegeben. Aber die Band war super lieb und geduldig und der Kollege Stefan Schmidt hat das so zusammengeschnitten das es heute noch Online steht.
Danach habe ich Chris von der Düssel im heiligen Pitcher interviewt und bin stolz auf das Ergebnis (ich musste da fast nichts schneiden). Nach ca. 4 Wochen, nach meinem ersten Erscheinen beim Sender, hab ich dann gesagt: ich will den Freitag besetzen und eine Liveshow von meinem neuen Homestudio machen. Und es ging los. Ich habe davor noch nie im Radio Live gesprochen oder aufgelegt. Im Prinzip wusste ich gar nicht was ich da mache. Aber nach den ersten Tracks liebte ich es und es wurde zur Passion. Alles dort kommt von mir und ist in meinem Kopf entstanden, deshalb würde ich es so sagen: Alles ist vergänglich, aber die Liebe der Mutter zu ihrem Kind ist unendlich

Das nenn ich Start Deluxe. Mit Kafvka eins der ersten Interviews zu führen, ist bestimmt nicht einfach, wenn man noch nicht als zu viel Erfahrung hat. Mit Chris ist es natürlich immer entspannt, das liegt wohl an der Familie(Ich bin der Bruder des genannten Künstlers). Wie dem auch sei...jetzt hast du mit Allez ist Punk eine Sendung geschaffen, die relativ schnell publik wurde. Wie kam es zu diesem Entscheid, und welches Konzept verfolgst du da genau

Der Name der Sendung ist das Konzept. Denn meine persönliche Meinung zu dem Begriff Punk ist: "Punk lässt sich nicht pauschal definieren, jede(r) definiert Punk für sich selbst. Punk steht für mich als Lebenseinstellung und nicht für eine Modeerscheinung oder gar eine Jugendphase. Punk prägt mein Leben, Punk ist, was mein Denken und Handeln bestimmt. Punk steht für mich für Provokation, Ironie, Gesellschaftskritik, Zusammenhalt, Toleranz, Community, Austausch, Unterstützung, Diversität, Antifaschismus in Wort und Tat, und auch mal die Sau rauslassen!" Und da sind wir auch schon bei David Hasselhoff zurück. Ein Gast sagte: "mach mal was vom THE HOFF und ich legte ihn auf". Scooter, Spice Girls, solche Kapellen kommen selten vor und sind meist Wünsche, aber immer auch Highlights. Denn die "Punker*innen" die ich kenne, sind oft musikalisch breit aufgestellt und sehr Musik besessen. Genau wie ich. Bei mir gehe ich soweit zu sagen, das besonders Punkrock bei mir wie eine harte Droge wirkt. Das ist sozusagen das Konzept. Alles geht nichts muss! ----- Das Ziel warum ich das Ganze mache ist es, denen die durch die Pandemie sich Freitags nachmittags einsam fühlen ,Angst haben oder Konzerte vermissen - Eine Party nach Hause zu senden. Dafür gebe ich dann alles was ich kann. Der schönste Satz, es war nach ca. 9 Stunden Livesendung, war bisher aus dem Community Chat: "Das was du tust, sorgt dafür, das ich mich nicht mehr so traurig und einsam fühle in dieser Zeit. Das trägt mich teilweise durch das gesamte Wochenende. Vielen lieben Dank dafür"

Also versuchst du genau diese Einstellung zum Punk, sowie das breit gefächerte Musikprogramm in deine Sendung zu transferieren, was anscheinend gut ankommt. Wie sieht es denn mit den Quoten aus...ist das eher was spezifisches oder an die breite Masse gerichtet ?
Und noch eine Zwischenfrage zur Länge....wie kommt es denn dass du so lange sendest?

Das mit den Quoten kann ich nicht wirklich beantworten. Ich weiß das bei mir freitags mit Abstand die meisten Zuhörer bei streamd.de sind. Ich sehe nur die Anzahl Menschen die den Player auf der Webseite benutzen. Das tun aber die aller wenigsten und gehen lieber zu radio.de oder TuneIn z.B. über Alexa, googlecast oder einfach am Handy. Das mache ich selber auch so. Der Chat findet momentan bei Telegram statt und auch nicht auf der Seite. Also gibt es kaum einen Grund über die Seite die Sendung zu hören. Wir sind auf allen bekannten Plattformen für Webradios zu finden. Es ist locker 3stellig mehr möchte ich nicht sagen, da mir 100% wasserdichte Infos fehlen. Die Länge kommt aus der Zeit in der ich alleine von zuhause gesendet habe. Ich habe dort einfach nie eine Endzeit angegeben und hab es dabei belassen als die Lazy Riots meine ersten Gäste im Studio waren. Nun ist es so, das die Sendung auch deshalb was besonderes ist. Ich bin selten in eine Disko oder Bar gegangen und wusste, das ich um eine exakte Uhrzeit wieder gehe. So denke ich, fühlt sich das auch für die Zuhörer an. Rein gehen und dann mal schauen wie lange man so Lust hat. Bis 3:00 Uhr am Radio zu hängen ist schon ungewöhnlich. Aber bisher habe ich immer erst dann aufgehört bis wirklich Stille in der Community herrschte oder nur noch mit Riesen Abstand was zu lesen war. Das hält man nicht ewig durch. Diese Pandemie wird aber nicht ewig sein. Ich werde danach weiter machen - wie genau keine Ahnung. Aber auch ich will Freitags Konzerte mit meiner Frau und Freunden besuchen oder in eine Bar gehen usw. Deshalb einfach laufen lassen und abwarten. Mir ist folgendes wichtig: Ich nutze diese unbeschreiblich schlimme Situation nicht aus. Ich wünschte sie wäre seit gestern einfach vorbei. Jedem der aus dieser Situation Kapital schlagen will oder nur auf sich selber schaut - Dem zeige ich meinen Mittelfinger. Zusammenhalt und Solidarität ist nun das wichtigste.

Wahre Worte...wenn man sich manche egomanen anschaut, bekommt man echt Puls. Aber das soll nicht das Thema sein. Was ich ganz interessant finde, ist die Idee, nach Beendigung der Qualzeit, wieder in die Klubs zu gehen....das wäre doch einfach das eine mit den anderen zu verbinden. Und zwar auf Stimmenjagd gehen, während man die Konzerte besucht. Was hältst du davon?

Bei Stimmenjagd habe ich gleich an Politik gedacht und mich kurz erschrocken. Davon halte ich sehr viel.

Nene, keine Politik. Sondern eher Interviews mit den Bands und Künstler machen. Und wo wir gerade dabei sind...im Vorfeld hast du ja deine musikalische Vielfalt ins Spiel gebracht. Wenn sich Bands bei dir bewerben, welches Genre bevorzugst du ganz klar? Denn meiner Erfahrung nach, auch wenn man versucht, neutral zu bleiben, hat man doch immer wieder gewisse Strickmuster die man befolgt?
Und direkt die letzte Frage hinterher. CD oder Vinyl?

Genauso wie ich auch viel davon halte, einfach mit Freunden dort zu sein und das Ehrenamt auch mal Ehrenamt sein zu lassen. Also einfach nur ganz inkognito Spaß haben. Allerdings wird mir schon länger versprochen , nein sogar ohne Nachfrage garantiert, das ich dann überall rein gelassen werde auch ohne Ticket usw. Aber ich bin nicht naiv. Es gibt einige Variabelen die ich noch nicht kenne und vielleicht kommt das dann auch anders.
Dennoch das Hobby mit dem Hobby zu verbinden liegt nahe und Fakt ist nun mal scheinbar: Ich kann das und die Musiker*nnen erkennen mich nach kurzer Zeit als einen von Ihnen an. (was Musiker*innen sowieso nach meiner Erfahrung immer so machen: sie nehmen dich wie du bist. Ob sie dann Bock haben mit dir zu reden ist dann Sympathie. Es gibt nicht die auf der Bühne und die anderen sind "nur" die Fans da unten) Deshalb plaudern sie auch so entspannt bei mir. Das mit dem raus gehen auf Konzerte oder Festivals und Podcast zu machen war sowieso der Start mit Kafka. Aber nun traue ich mir viel mehr zu. Ich würde gerne Live von Veranstaltungen was machen. Außerdem wäre es ein Traum mal Live als DJ zu performen. Auch im Punkgenre kann man da Sachen machen die ich bereits übe. Ein DJ zu werden der Mal Sets auflegt und Menschen zur Eskalation bringt wäre fantastisch. Es darf auch gerne erst mal auf privaten Festen sein .... . Wenn sich Leute melden mag ich jedes Sub-Genre. In der Punkszene gibt es so viele. Horrorpunk finde ich nicht so toll. Aber Schlager -hardcore wie Christian Steiffen ihn macht, der wer sofort am Start wenn es nach mir geht. Mein liebstes Genre in das ich mich richtig reinknie privat ist deutscher Post-Hardcore. Hier vorne Bands wie Fjørt, Heisskalt, Lygo und die fantastischen Dankeschatz. Ansonsten bin ich weiterhin Sondaschule Fan und eben auch breit gefächert. Außerhalb von Punk bin ich dem allerdings nahe dran liegenden Grunge der Neunziger verfallen und großer Pearl Jam Fan. Ich habe übrigens mal auf einem Sonntag bei streamd.de eine Klassik Sendung "the origin" 2 Stunden Live gesendet. Das war toll, aber ich schaffe das alles nicht mehr zusammen.  
Noch mal zu "wenn ich was wünschen darf": Eine Frau aus der Musiker*innen Szene als Gast. Denn das halte ich für wichtig und bemerke, das es sehr schwer ist.
Was ich strikt vermeide, sind Bands die sich nicht von "Rechts" eindeutig distanzieren. Grauzone geht nicht bei mir. Da lerne ich auch teilweise noch hier und da. Linksradikal Gewaltverherrlichend ist aber auch nicht erwünscht.
Bei dem Strickmuster vielversprechende ich. Das Ganze ist für die Community in erster Linie. Einem treuen Fan sagte ich:" nenn mir irgendeine Band - ich besorge die und du machst die Sendung als Moderator mit mir zusammen" Ende März ist es soweit , ich löse das versprechen ein.

MP3, FLAC - Aber gut Vinyl ist faszinierend und viel geiler als eine CD.

Besten Dank für dieses vielfältige Interview

Autor:

Andreas Wagner aus Düsseldorf

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