Von Laien, Schöffen und Richtern
Der Förderverein „Unsere Veener Geschichte“ freut sich, die neue Publikation „Das klevische Schöffengericht Wolfhagen 1300 – 1730“ von Dr. Michael Knieriem vorstellen zu können.
Veen. Zur Entstehung der Publikation konnte der Verein beitragen, indem aus dem Vereinsarchiv zahlreiche Archivalien, wie der Nachlass des Heimatforschers Dr. Gerhard Buckstegen und zahlreiche Urkundenkopien aus dem Pfarrarchiv zur Verfügung gestellt wurden.
Nach der aufwändigen Sammlung, Sichtung und Regestierung aller erreichbaren Urkunden und Protokolle des Gerichts kommen die Autoren zu neuen Schlussfolgerungen und Ergebnissen: Die bäuerlichen Schöffen waren im ausgehenden Mittelalter juristische Laien und zudem des Lesens und Schreibens unkundig. Die Urkunde selbst wurde von einem "geschworenen" Gerichtsschreiber auf Pergament oder Papier geschrieben. Ein vom Landesherrn eingesetzter Richter überwachte die Sitzung und die Rechtmäßigkeit der Beschlüsse.
Das Schöffengericht Wolfhagen, zuständig für den Raum Sonsbeck - Winnenthal, war kein Kriminalgericht: Zur Verhandlung kamen Käufe und Verkäufe, Verpachtungen von Höfen und Katen oder einzelner Grundstücke, Heiratsverträge, Vormundschaftssachen und Geldgeschäfte in Form von Rentenverkäufen.
Die Autoren
Dr. Michael Knieriem, Historiker und heute im Ruhestand in Xanten lebender Museumsdirektor, hat es sich zur Aufgabe gemacht, alle erreichbaren Urkunden des Schöffengerichts Wolfhagen von 1350 bis 1730 in eine Kurzform zu bringen und in ein heute verständliches Deutsch zu übertragen. (Mitautor Dr. Dieter Kastner erkrankte leider kurz nach Aufnahme des Projekts so schwer, dass er seine Arbeit nicht weiter führen konnte.)
Knieriem untersucht die Gründe, die zur Schaffung des heute vergessenen Schöffengerichts Wolfhagen vor 1350 führten. Er interpretiert das Schöffensiegel und findet plausible Erklärungen für das Hexagramm und den ungewöhnlichen Zusatz: des Grafen bzw. des Herzogs von Kleve. Fakten, die in der Literatur bisher anders gedeutet wurden.
Gegen die gefällten Urteile konnte durch Appellation beim Obergericht Kalkar Berufung eingelegt werden. Eine Möglichkeit von der nur sehr selten Gebrauch gemacht wurde. Hierzu sind zwei Beispiele veröffentlicht. Es zeigt sich, dass eine einfache Bäuerin gegen einen adligen Junker durchaus klagen konnte.
Die Publikation
Die Untersuchung ist sowohl für den Wissenschaftler als auch für den interessierten Laien, hier sind besonders Heimatforscher und schließlich die Besitzer alt eingesessener Höfe angesprochen, eine herausragende Quelle.
Die Urkunden selbst beleuchten schlaglichtartig die Lebenssituation der Menschen im Dorf Veen über fünf Jahrhunderte und bieten spannende Einblicke in das Alltagsleben vergangener Generationen. Im Heimatmuseum können nun neue Erklärungsansätze zum Veener Gemeindewappen – das aus Symbolen der alten Schöffensiegel gebildet wurde – und der Besiedlungsgeschichte des Ortes geliefert werden.
Museumsjubiläum
Am Sonntag, 21. Mai, dem Internationalen Museumstag, wird im „Haus der Veener Geschichte“ ein doppeltes Jubiläum gefeiert: 25-jähriges Bestehen und 10 Jahre Neukonzeption des Heimatmuseums. Das Museum wird den ganzen Tag über geöffnet sein und das Buch „Das klevische Schöffengericht Wolfhagen 1300 – 1730“ kann zum Preis von 15 Euro erworben werden. Die Publikation erscheint in den renommierten "Mitteilungen aus dem Schlossarchiv Diersfordt und vom Niederrhein" als Beiheft Nr. 48.
Autor:Christoph Pries aus Xanten |
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