Heute werde ich wieder den Baum schmücken

Es ist kurz nach Mitternacht. Weihnachtstag. Im Bett liegend kann ich nicht einschlafen. Ja, es ist Weihnachten! Vormittag werde ich unseren Baum wieder schmücken. Ich schließe die Augen und hänge meinen Gedanken nach . . .

Die Gedanken gehen weit zurück in die Kindheit und Jugend, zurück in die Zeit, als ich jedes Jahr mit Vati den Baum kaufte, heim brachte und in seinem Arbeitszimmer mit aufstellen durfte. Stand er, wurden am Weihnachtstag die Türen zu diesem werdenden Weihnachtszimmer geschlossen. Nie hatte ich den Wunsch vor der Bescherung hinein zu gehen, um den Baum zu sehen.
Mutti schmückte ihn. An Zuckerkringel, ein kleines Holzpferdchen und eine für mich wunderbare Baumspitze erinnere ich mich ganz deutlich. Die Wärme dieser erlebten Weihnachten der Jugend erfüllt mich wieder, wo ich daran denke.
Der Klingelton eines der Glöckchen am Baum kündete den Zeitpunkt der Bescherung an. Jetzt war Weihnachten.

Als ich heiratete und unser erster Sohn geboren wurde, war ich in eigener Familie weit weg vom Elternhaus. Neu allein zu Dritt stand ein kleiner Baum auf dem Schreibtisch im Wohnzimmer, leuchteten die echten Kerzen, sahen wir die strahlenden Augen des Sohnes. Der Baum war besonders schön, wenn es mir auch ganz eigenartig war, ihn selbst geschmückt zu haben.

Als meine Familie nach Gotha zog, entschlossen wir uns, den Weihnachtsbaum auf den Balkon - mit Bastel- und Lichterketten geschmückt - aufzustellen. Die zugezogene Gardine verwehrte meiner Frau die Sicht auf den Baum, dessen Schmuck ich mit dem Sohn und später beiden Söhnen anbrachte.
Wir „Männer“ gingen nach dem Kaffeetrinken hinaus auf die Straße, um dem Weihnachtsmann zu begegnen, wenn er von Haus zu Haus ging und die Tannenbäume erstrahlen ließ. Immer wieder liefen die Söhne zu unserem Balkon, um zu schauen, ob er vielleicht nicht schon bei uns war.
Ein plötzlicher Aufschrei „Er strahlt!“ – und schon liefen wir zur Haustür, wurden von Mutti hineingelassen, die (immer) gerade aus dem Bad kam und leider den Weihnachtsmann auch nicht gesehen hatte.
Von da ab zählten nur noch die Geschenke im Lichte des Weihnachtsbaumes

Nach der Wende, in deren Zeit die Familie auseinander ging, lernte ich eine Frau kennen und lieben, mit der ich nun eine neue (dritte) Weihnachtstradition einrichtete: Der Baum steht im Zimmer, wird von mir geschmückt. Die Lichterkette wird kurz getestet.
Dann steht er in seiner Pracht noch lichtlos bis zum Kaffeetrinken. Wenn der Kaffeeduft mit dem des Stollens verschmilzt, wird die Lichterkette eingeschaltet – es ist Weihnacht!

. . . Ich öffne die Augen, stehe mit einem Lächeln über meine Gedanken auf, gehe zum Balkon, nicke dem dort liegenden Baum zu und sage ihm: Es dauert nicht mehr lange, dann bist du ein wunderschöner strahlender Weihnachtsbaum, der uns den Zauber der Weihnacht schenken wird! Warte nur!

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Die Nacht vom 24. Zum 25. Dezember wird er durchgängig sein Licht ausstrahlen. Danach wird er bis zum 06. Januar nur am Nachmittag und Abend leuchten.

Jeder wird eigene Weihnachtsbaumerfahrungen/traditionen pflegen und damit die Wärme des Festes auf sich wirken lassen können. Wer diese Wärme mit anderen gemeinsam erfahren darf, wird einer der glücklichen Menschen dieser Tage sein – selbst, wenn er sich dessen gar nicht bewusst ist.

Dem Leser ein „Frohes Fest“ und mein Wunsch, ihn möge die Ausstrahlung seines oder eines anderen Weihnachtsbaumes erreichen und ihn diese Wärme spüren lassen.

Autor:

Uwe Zerbst (Gotha/Thüringen) aus Bochum

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