Jugendgerichtshilfe
Sie arbeitete aus Berufung für die Jugend / (06)
Mit der Wende hatten die „neuen Bundesländer“ ein neues Jugendhilfegesetz, welches sie einerseits sehr herausforderte aber andererseits aufgrund langjähriger Berufserfahrung auch wieder leicht umzusetzen war.
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Wenn der Tod so unendlich schwer anzunehmen ist:
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Das Vertrauen zwischen Jugendgerichtshelfer und straffälligen Jugendlichen basiert auf einer unterschiedlich langen Zeit, in der gegenseitig Erfahrungen gesammelt werden, wie der jeweils Andere mit gegebenen Informationen umgeht.
Es ist schon viele Jahre her, dass sie vom Tod fahren eines „ihrer Jungen“ erfuhr und es einfach nicht wahrhaben wollte. Da hat sie sich so sehr und wahrlich liebend gern auch für diesen jungen Mann eingesetzt, einiges ausgefochten, gespürt, wie er sich langsam wandelte – und nun hatte er sich selbst getötet.
Da braucht man schon eine gewisse Zeit, dies anzuerkennen und damit leben und weiterarbeiten zu können, als wäre alles beim Alten. Hinzu kam, dass sie von den Jugendlichen gebeten wurde, die Totenrede zu halten, wo sie ihn doch wohl am besten gekannt habe und er immer so gut über sie gesprochen habe. Das war ganz und gar ehrlich gemeint und wie eine kleine Auszeichnung und Anerkennung dessen, was sie vermitteln wollte. Und gerade das machte die Situation schier doppelt schwer.
Sie sagte ab, was sie ebenso schwer empfand, wie sie eine Zusage einfach nicht geben konnte. Die Verbindung zu „ihren Jugendlichen“ wurde für sie deutlicher, als es je wieder so stark die eigene Seele zu berühren schien.
Die Zeit, bis sie das verarbeitet hatte und wieder (fast) wie früher den Alltag und ihre Arbeit erlebte, die Trauer und die Wahrnehmung doch eines gewissen unverschuldeten Versagens gehen nicht so schnell – und dazu ja auch aus den Empfindungen einer Frau.
Viele Jahre liegt das zurück und wird doch immer wieder etwas lebendig, wenn sie von einem weiteren Tod der einst durch sie betreuten Jugendlichen erfährt oder in der Zeitung lesen muss.
Ist der Tod grundsätzlich ein Erlebnis, welches von Hinterbliebenen erst zu tragen gelernt werden muss, so ist das bei Jugendlichen, die doch noch so viele Jahre vor sich und nach einem selbst das „Recht zu sterben“ gehabt hätten, nicht leicht zu nehmen.
So wird der Leser verstehen, wie sehr der Seufzer und der Wunsch nach der frischen Luft eines Waldspaziergangs wieder einmal mehr war, als sie feststellte, dass es nun bereits 28 „ihrer Jugendlichen“ sind, die auf unterschiedliche Art und Weise aber eben doch auf jeden Fall zu früh starben.
Umso mehr und erfrischend ist, zu sehen, wie sie von den Früheren spricht und wieder den Einen oder Anderen getroffen und mit ihm über die alten Zeiten aber vor allem ihre gute Gegenwart gesprochen hat.
Da hat sich ihre Arbeit all der vergangenen Jahre doch gelohnt. Auch die Zeit für und mit den nunmehr 28 Toten war es dies wert!
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Jugendgerichtshelferin aus Berufung
Autor:Uwe Zerbst (Gotha/Thüringen) aus Bochum |
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