Jugendgerichtshilfe
Sie arbeitete aus Berufung für die Jugend / (05)

Mit der Wende hatten die „neuen Bundesländer“ ein neues Jugendhilfegesetz, welches sie einerseits sehr herausforderte aber andererseits aufgrund langjähriger Berufserfahrung auch wieder leicht umzusetzen war.
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Als ich zum Lernen zurückgehalten wurde:
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Das Vertrauen zwischen Jugendgerichtshelfer und straffälligen Jugendlichen basiert auf einer unterschiedlich langen Zeit, in der gegenseitig Erfahrungen gesammelt werden, wie der jeweils Andere mit gegebenen Informationen umgeht.

In Gothas Marktstraße war vor „Thalia“ dort ein Einkaufsmarkt. Wir sind zusammen hineingegangen und verständigten uns gerade darüber,was wir brauchen und somit wonach wir sehen müssten.

Da sah ich, wie ein Jugendlicher bei den Schnapsflaschen stand und sich insgesamt drei davon in das Innere seiner Jacke steckte. Sofort wollte ich los zu ihm – als sie mich fest- und zurück hielt. „Siehst Du nicht, was der da macht?“ „Natürlich sehe ich das auch! Aber wenn wir zwei irgendwohin gehen und einer der Jugendlichen etwas Unrechtes tut, hältst Du Dich zurück und lässt mich agieren!“ - Scharf, ernst und ohne Widerspruch duldend, sagte sie das.

Dann ließ sie mich los und ging zu diesem Jugendlichen, den sie offensichtlich kannte. Ein kleines Gespräch – und schon kam sie wieder zu mir.
Als ich zu dem Jugendlichen schaute, sah ich, wie er zwei der drei Schnapsflaschen wieder ins Regal zurück stellte. Nicht schlecht!
Doch mit der letzten Flasche ging er an den Kassen vorbei, ohne zu bezahlen.

Fragend sah ich sie an, die mich anlächelte und wusste, dass ich das gerne erklärt bekommen würde. „Ich habe dem Jugendlichen gesagt, dass er weiß, wie sehr ich gegen Diebstahl bin und deshalb zu ihm ging. Aber, so erinnerte ich ihn auch, wenn jemand dennoch unbedingt stehlen sollte, dann höchstens für den Eigenbedarf!“
Der Jugendliche hatte das voll verstanden. Seine Achtung vor ihr gebot ihm deshalb zwei der drei Flaschen zurückzustellen.
„Aber die dritte Flasche?“ - „Ja, das ist nun wieder die Verantwortung der Kassen, möglichem Diebstahl entgegen zu wirken!“

Hätte sie gefordert, dass er alle Flaschen wieder ins Regal stellt, oder beim Passieren der Kasse auf den Diebstahl aufmerksam gemacht, dann wäre das ganze Vertrauen „ihrer straffälligen Jugendlichen“ verspielt gewesen und nichts beständig Gutes erreicht!

Es war für mich schwer zu verstehen, einem Diebstahl einfach so zugesehen zu haben. Doch als ich den Nutzen des großen gegenseitigen Vertrauens von ihr und den straffälligen Jugendlichen gegenüber stellte dem Nutzen eines aufgedeckten derartigen Diebstahls „für den eigenen Bedarf“, gab ich ihr Recht, dass ich das Richtige erlebt hatte.
Freilich kann man nicht alles dulden oder einfach geschehen lassen. Doch in diesem Fall hatte ich das Richtige/Beste erlebt – und viel gelernt.

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Alle Beiträge zu dieser Jugendgerichtshelferin sind zu erreichen über
           Jugendgerichtshelferin aus Berufung

Autor:

Uwe Zerbst (Gotha/Thüringen) aus Bochum

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