„Matte“matische Betrachtung

Ein Schüler der „Teilfacharbeiter“-Ausbildung strahlte mich an, als er mir sein neues Heft für den Mathematikunterricht zeigte. Aufschrift: „Matte“!
Wenn ich mich recht entsinne, hatte man bestanden, wenn man in 4 Unterrichtsfächern teilgenommen hatte und in einem mindestens ein 4 schaffte.
Das war zu DDR-Zeiten. Nun könnte Einer auf die Idee kommen, dass in der DDR eben . . .
Halt!

Heute, im über 20 Jahre vereinten Deutschland, werden Schüler „heranverbildet“, die selbst nach sieben und mehr Schuljahren allein schon das Kopfrechnen nicht mehr können oder nie wirklich gelernt haben – ganz abgesehen von Mängeln in anderen Grundkenntnissen!

Das Rechnen wird immer mehr dem Taschenrechner übergeben, der zwar die Anweisungen ordentlich ausführt aber ja nichts für ein falsches Ergebnis kann, wenn falsche Zahlen eingegeben oder falsche Formeln genutzt wurden.

Entscheidend aber ist meines Erachtens, dass leider nicht gelehrt wird, wie man von einem Aufgabentext zu einer „Übersetzung“ in die Mathematik gelangt. Das ist aber das Leben – nicht das Rechnen, wofür man Rechner einsetzen kann.
### Beispiel:
### Erika ist doppelt so alt wie Torsten. Beide zusammen haben ein Alter von 90 Jahren.
### Wie alt sind Erika und Torsten?
### In Mathematik „übersetzt“ bedeutet das:
### 1. Erika=E und Torsten=T (vereinfacht, um die Namen nicht immer mitschreiben zu müssen)
### 2. E = 2xT (E ist doppelt so alt wie T)
### 3. E + T = 90

Daraus einen Lösungsansatz zu erstellen, ist das nächste Problem für den Schüler.
### Im Beispiel:
### 4. In „E + T“ das E ersetzen durch 2xT ergibt „2xT + T = 90“

Nun den Lösungsweg durchzurechnen – GENAU DAS – ist leider das Übungsfeld der Schüler, in dem sie sich bei einer Aufgabenfülle üben.
### Im Beispiel:
### 5. 2xT + T = 3xT = 90 Teilt man nun beide Seiten der Gleichung durch 3 ergibt das
### 6. „T = 30“ und eingesetzt in „E = 2xT“ steht „E = 2x30 = 60“
### 7. Als Probe: E + T = 60 + 30 = 90

Ob ein Schüler mit Taschenrechner oder schriftlich oder im Kopf rechnet, ist völlig unwesentlich. Das bringt NICHT das mathematische Wissen und Können, übt nicht einmal das Erkennen von Aufgaben.
„Rechnen“ ist nicht gleichzusetzen mit „Mathematik“.

Nun werden Lehrer möglicherweise tief einatmen und meinen, dass sie selbstverständlich den Weg vom Text zur mathematischen Formulierung lehren und nicht nur einmal aufzeigen.
Wenn aber genau dies bei (leider) etlichen Schülern nicht ankommt, muss da doch etwas falsch oder zumindest nicht optimal / effektiv laufen.

Menschen mit fehlendem Vermögen, ein Problem in eine Aufgabe umzuwandeln und den Lösungsansatz zu formulieren sind doch nicht das Ziel der Bildung, meine ich.
Über die Mathematik könnte das geübt werden – mit sofortigem Ergebnis statt längerer Wartezeit im Lebensalltag.

Eine politische Bestätigung wird durch den „Schrei nach ausländischen Experten“ gegeben! Das ist besonders schade, weil es zeigt, dass die Politiker ebenfalls nicht das Problem in und für Deutschland erkannt – oder auf jeden Fall nicht in das richtige Lösungsmodell übersetzt haben. Fehlt da das Können oder der Wille?!

Wo 16 Bildungssysteme im Land existieren und man das nicht zu einem guten (besten) Bildungssystem wandelt, fehlt auf alle Fälle der echte Wille. Der Wille wiederum fehlt offensichtlich, weil es am Können mangelt.
Am Können mangelt es unter anderem auch, weil man das in Mathe nicht richtig gelehrt bekam, was wiederum das politische Niveau als nicht ausreichend kennzeichnet.

Wenn einige Parteien vor den anstehenden Wahlen tönen, als würden sie endlich (oder schon lange) die Probleme kennen und mit links einer Lösung zuführen, ist das sicher in jeder Hinsicht mehr als fraglich.

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Vielleicht dazu passender Witz:
Ein Mathematiker, ein Physiker und ein Arzt stehen in einem Mathetest: 2 + 2 = ?
Der Mathematiker meint, dass das Ergebnis keine negative Zahl sei.
Der Physiker meint, dass das Ergebnis auf alle Fälle unter 10 liegen müsse.
Der Arzt bringt sofort die Lösung: 2 + 2 = 4
Die anderen Beiden fragen ihn, wie er denn das gerechnet habe?
Gerechnet? Das habe ich auswendig gelernt!

Und: Erschreckend: „meine Mathematik“ unterstützt das Rauchen Jugendlicher

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Weitere Beiträge von mir finden Sie in Übersicht: HIER !

Autor:

Uwe Zerbst (Gotha/Thüringen) aus Bochum

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