Erzählcafé in Bommern - Vortrag von Prof. Schoppmeyer
Witten mindestens 799 Jahre alt
Mehr als 30 Zuhörer, Mitglieder und interessierte Bürger, lauschten am 11.06. beim Erzählcafé des Heimat- und Geschichtsvereins Bommern (HGV) gespannt dem Vortrag des bekannten Wittener Historikers und Heimatforschers Prof. Dr. Heinrich Schoppmeyer. Dieser stellte das von ihm geschriebene und vom Verein für Orts- und Heimatkunde in der Grafschaft Mark herausgegebene zweibändige Buch zur Geschichte Wittens vor. Als erstes Gesamtwerk umfasst es die komplette Geschichte Wittens von den Anfängen, der ersten Erwähnung Wittens im Jahr 1214, bis zum Jahr 2012. Den Vortrag, wie immer fachlichen auf einem hohen Niveau, würzte Schoppmeyer mit zahlreichen Anekdoten, die Zahlen, Fakten und Weltgeschichte mit der lokalen Komponente bereicherten.
Witten das Lichtenstein der Grafschaft Mark
Besonders einprägsam sind dabei zwei Umstände rund um den Wittener Kornmarkt und die Reformation in Witten gewesen. Die Herren auf Haus Berge (umgangssprachlich heute Haus Witten) hatten vom Kaiser in Wien 1519 die reichsunmittelbare Gerichtsherrschaft über Witten urkundlich zugesprochen bekommen. Dies reichte den Herren jedoch nicht, so dass Sie sich durch Zusätze in Urkunden, die nach Wien gingen, weitere Rechte erschlichen. Dazu gehörte auch die Steuerfreiheit gegenüber dem preußischen Staat. Für Witten entfiel dadurch der sogenannte Bergzehnte für den Bergbau im Muttental, der eigentlich an Berlin hätte gezahlt werden müssen, und auch der Wittener Markt war steuerfrei. Dies trug erheblich dazu bei, dass der Wittener Kornmarkt zum bedeutendsten in der ganzen Region aufstieg und die aufblühende frühe Eisenindustrie im märkischen Sauerland sich in Witten mit Getreide versorgte, sehr zum Ärger der Nachbarn in Hattingen und Herdecke. „Witten war also ein Steuerparadies, das Lichtenstein der Grafschaft Mark“, so Schoppmeyer augenzwinkernd. Vielleicht lohnt ja eine Anfrage bei Finanzminister Schäuble in Berlin, wie es mit den alten Rechten für Witten steht?
Schlägerei in der Johanniskirche
Zudem wusste Schoppmeyer zu berichten, dass die Reformation in Witten durchaus handfest durchgesetzt wurde. Die Kirchenherrschaft war in Witten hälftig im Besitz der Herren von Haus Berge sowie derer von Haus Crengeldanz. Beide hatten das Recht in allen wichtigen Fragen rund um die Johnanniskirche zu entscheiden. Die Einführung der Reformation fand in Witten im Jahr 1580 statt. Zu dieser Zeit lebte der, durch das Haus Berge, welches dem Luthertum zuneigte, bestimmte Wittener Pfarrer im Konkubinat, also entgegen des gültigen Zölibats in einer heute umgangssprachlich „wilden Ehe“. Gleichzeitig sollte ein neuer Vikar eingesetzt werden, für dessen Benennung den Herren von Haus Crengeldanz das Recht zustand. Diese neigten jedoch der Altkirche zu und waren Rom treu, so dass ein Konflikt vorprogrammiert war. Dieser brach dann ausgerechnet bei der Einführungsmesse offen aus. Nach einem Streit der edlen Damen in der Sakristei der Johanniskirche kam es zu einer handfesten Schlägerei der bestellten Parteigänger in und um die Johanniskirche im alten Oberdorf. Hieraus gingen die Herren von Haus Berge siegreich hervor, so dass sie, als nun alleinige Kirchenherren, die Reformation in Witten durchsetzen.
Im Anschluss an den Vortrag folgte eine Fragerunde, bei der sich Schoppmeyer den Fragen der Zuhörer stellte und sich gemeinsam mit Ulrich Hake, ehemaliger Lehrer und Heimatforscher aus Bommern die Bälle unterhaltsam zu spielten.
Autor:Simon Nowack aus Witten |
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