Neulich, als ich mit der Giraffe tanzte

Kommen mehrere Menschen zusammen entwickeln sich schnell Gespräche, die in etwa ablaufen, wie folgendes:
»Ich bin so spät, weil die alte Frau vor mir an der Kasse so lahm war.«
»Die Alten gehen immer extra einkaufen, wenn die Berufstätigen unterwegs sind.«
»Dabei haben die den ganzen Tag Zeit.«
Alternativ geht es um die Autofahrer, die Ausländer oder eine andere Gruppe, der man in diesem Moment nicht angehört.
Zuweilen fahre ich mit dem Auto, auf Reisen, bin ich Ausländerin und in nicht all zu ferner Zukunft bin ich eine Alte. (Je nach Alter des Beobachters, vielleicht jetzt schon.)
Was passiert, wenn ich aus dem Zimmer gehe und die Personen verlasse, plötzlich einer anderen Gruppe angehöre? Werde ich dann auch verurteilt?
Das Spiel funktioniert nämlich auch mit einzelnen Personen, denen eine – meist böse – Absicht für ihr Handeln unterstellt wird. Verallgemeinerungen wie immer und nie dürfen in diesen Vorwürfen nicht fehlen.
Das Ganze mag ja den Gesprächsteilnehmern ein Gefühl der Zusammengehörigkeit vermitteln, aber was bringt es sonst?
Ich habe vor Jahren ein Buch über gewaltfreie Kommunikation von Marshall B. Rosenberg gelesen. Seit dem versuche ich mich an seine Empfehlungen zu halten, in denen es darum geht im Gespräch mehr Vertrauen und Lebensfreude zu gewinnen.
Die obigen Beispiele bezeichnet er als Wolfssprache.
Das was er empfiehlt, als Giraffensprache, bei der Beobachtungen geschildert werden, ohne Schlussfolgerungen zu ziehen und die dabei aufkommenden Gefühle benannt werden. Die Gefühle anderer und ihr beschriebenes Erleben werden gewertschätzt.
Die Situation von oben sähe dann etwa so aus:
»Sorry, dass ich zu spät bin. An der Kasse war es voller als gedacht.«
»Du wirkst total abgehetzt. Möchtest du erst mal einen Tee?«
Damit übernimmt der zu spät kommende Verantwortung für sein Handeln. Die Wartenden hingegen sehen sein Abgehetzt-sein, mit dem er versucht hat doch noch pünktlich zu sein.
In Beziehungen ist das Ganze noch wichtiger, aber schwerer in wenige Worte zu fassen. Mir gefällt die Vorstellung, dass sich der ein oder andere ein Buch zum Thema ausleiht. Vielleicht ist es ein guter Vorsatz fürs neue Jahr achtsamer mit den Mitmenschen zu sprechen.
In diesem Sinne wünsche ich euch einen tollen Jahreswechsel.

Autor:

Konnie Matena aus Witten

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