Tierheime sind stark belastet
Kurz vor dem Kollaps
Lange kann es nicht mehr so weitergehen. "Wir bauen gerade die ungenutzten Wohnräume um, damit wir dort Tiere unterbringen können", sagt Kirsten Simon, Leiterin des Tierheims Witten-Wetter-Herdecke.
Schon vor einem Monat hatten die Wittener eine Petition unterschrieben, die auf die Not der Tierheime aufmerksam macht. "Aber es wird täglich schlimmer", beschreibt die Leiterin die Lage. Besonders zu schaffen machen ihr häufige Sicherstellungen von Tieren durch das Veterinäramt, darunter nicht selten Hunde, die illegal gehandelt wurden. Erst kürzlich wurden zwei Welpen sichergestellt, die illegal aus der Ukraine eingeführt wurden. Weil sie zunächst in Quarantäne müssen, werden dafür zwei eigene Räume gebraucht. Oder eine Mutterhündin mit elf Welpen, die nicht artgerecht gehalten wurde. Hinzu kommen Fundtiere, zu deren Versorgung das Tierheim vertraglich verpflichtet ist, und, und, und.
Notfälle müssen abgelehnt werden
Die Folge: "Selbst echte Notfälle müssen wir ablehnen. Wir haben einfach keinen Platz." Kürzlich ging es um ein Tier, dessen Frauchen einen Schlaganfall erlitten hatte. "Natürlich wollen wir da unbedingt helfen, aber wir können nicht", sagt Simon. Jetzt steht der Hund auf der Warteliste der Abgabetiere, insgesamt umfasst sie knapp 40 Hunde.
Ähnliche Situation in Bottrop
Eine solche Liste führt auch das Tierheim Bottrop, die Situation ist ähnlich. "Wir bekommen Anfragen zur Abgabe von Hunden aus ganz Deutschland", berichtet Silke Hankamer, Mitglied im Vorstand der "Tierfreunde Bottrop". Dabei handele es sich vor allem um "schwierige Hunde", die auffällig geworden und schwer zu vermitteln sind. "Davon haben wir aber schon acht oder neun", sagt die Tierschützerin. Das Problem: Diese Hunde belegen oft über Jahre Plätze im Tierheim, manche bleiben bis zu ihrem Tod.
Katzenvermittlung läuft schleppend
Aber nicht nur die Hundestation ist voll belegt, auch für Katzen gibt es keine freien Plätze mehr im Bottroper Tierheim. Und hier läuft die Vermittlung im Moment recht schleppend, berichtet Hankamer. "Die Leute überlegen sich sehr genau, ob sie wirklich eine Katze haben wollen", ist ihr Eindruck. Denn neben der Verantwortung für das Tier scheuen einige die gestiegenen Kosten, einerseits durch die Inflation, die sich auch bei Katzenfutter und -streu zeigt, andererseits durch die neue Gebührenverordnung für tierärztliche Leistungen, die Behandlungen in aller Regel verteuern.
Gerade erst stand morgens ein Karton mit einem Wellensittich vor den Türen des Bottroper Tierheims. "Es stellte sich schnell heraus, dass der Vogel einen Tumor hatte und eingeschläfert werden musste", erzählt Hankamer. Sie vermutet, dass der Sittich ausgesetzt wurde, weil das Geld für de tierärztliche Behandlung fehlte.
"Kosten haben sich verdoppelt"
Die Kostensteigerungen treffen natürlich auch die Tierheime hart. "Unsere Kosten haben sich verdoppelt", sagt Hankamer für die Bottroper Einrichtung. Insbesondere die Tierarztkosten sowie die Stromkosten schlagen deutlich zu Buche. "Zum Glück bekommen wir viele Futterspenden und müssen oft nur Spezialfutter zukaufen", sagt sie. Ähnlich ist es in Witten. "Gott sei Dank sind wir noch nicht in finanzieller Schieflage, auch dank vieler Spenden", sagt Simon.
Kastrationspflicht wirkt sich auf Zahlen aus
Anders als in Bottrop, wo die Kastrationspflicht für Freigänger-Katzen gerade erst eingeführt wurde, ist die Zahl der Katzen im Tierheim Witten-Herdecke-Wetter zwar auf hohem Niveau, aber insgesamt eher rückläufig. Im Ennepe-Ruhr-Kreis wurde die Kastrationspflicht bereits 2017 eingeführt. "Seitdem sind die Wellen nicht mehr so stark ausgeprägt", stellt die Tierheimleiterin fest.
Personal ist belastet
Und wie geht es den Menschen mit der Situation? "Unsere Mitarbeiter sind schon belastet", stellt Simon fest. Aber die Liebe zu den Tieren wiegt bei vielen den Stress auf. "Wir haben keinen akuten Personalmangel. Aber natürlich sind wir immer auf der Suche nach qualifizierten Mitarbeitern."
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