Auf ein Wort: Diskriminierung

„Sozialtourismus“ - so heißt das Unwort des Jahres 2013, das nun von der Gesellschaft für deutsche Sprache vorgestellt wurde. Der Ausdruck „diskriminiert Menschen, die aus purer Not in Deutschland eine bessere Zukunft suchen, und verschleiert ihr prinzipielles Recht hierzu“, erläutert die Jury-Vorsitzende.

„Sozialtourismus“ treibe die Unterstellung einer böswilligen Absicht im Vergleich des ebenfalls kritisierten Begriffes „Armutszuwanderung“ auf die Spitze.
Wanderungsbewegungen gehören seit Menschengedenken zu den ganz normalen und auch notwendigen Ereignissen. In den biblischen Geschichten lesen wir davon, dass Abraham von Ur in Chaldäa zum Land Kanaan zieht, dann während einer Hungersnot bis nach Ägypten und wieder zurück. Maria und Joseph fliehen mit dem neugeborenen Jesus vor den Häschern des Herodes. Was wäre die Weltgeschichte ohne die Möglichkeit zur Flucht, zur persönlichen Veränderung, zum Neubeginn.

Wer bestimmt in unserer Welt die Grenzen?

Wer in Deutschland lebt, sollte um die bittere Not von Menschen wissen, die ihre Heimat verlassen.
Man braucht nur die Wittener zu fragen, die durch die Wirren des zweiten Weltkrieges ihre Heimat verlassen mussten.
Wer bestimmt in unserer Welt die Grenzen? Zufällige geschichtliche Konstellationen. Vor gut 200 Jahren regierten in Deutschland noch die Landesfürsten, die Flüchtlinge in ihr Land ließen, oder halt nicht. Bis vor kurzem waren es deutsche Grenzen, die über das Schicksal der Menschen entscheiden. Nun ist es Europa. Das gilt es nun zu realisieren, und gerechte Systeme für alle zu finden.
Wir brauchen dabei keine Diskriminierung der Menschen, die wirklich in Not sind, sondern eine neue Diskussion darüber, wie man gerecht und verantwortungsbewusst mit den Ressourcen unserer Erde umgeht, um die Not dieser Welt zu lindern.

Pfarrer Christian Uhlstein, evangelische Trinitatis-Kirchengemeinde Witten