An der Kirche wird tief gebohrt
Mit dem Spruch „Alles Gute kommt von unten“ wirbt aktuell die evangelische Kirche am Steinhügel. Schwört man dort jetzt etwa dem Herrgott ab und bandelt mit dem Teufel an?
Mitnichten. Und der Plan, der verfolgt wird, ist auch nicht teuflischer, sondern himmlischer Natur: die erste denkmalgeschützte CO2-freie Kirche in Deutschland zu werden. Und dazu wird tief gebohrt – nicht ganz bis in die Hölle, aber immerhin fast Hundert Meter tief, denn das Zauberwort heißt „Erdwärme“.
Bislang wird die Kirche durch sieben Gaseinzelöfen beheizt, die teilweise noch aus den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts des letzten Jahrtausends stammen. Der Gasverbrauch in 2017 lag bei 89.000 Kilowattstunden, wodurch 19 Tonnen Kohlendioxid entstehen. Dieselbe Menge produziert ein Auto, wenn es dreimal um die Welt fährt. Ganz billig ist der Spaß auch nicht: Etwa 6.000 Euro jährlich kostet es die Gemeinde, ihre Schäfchen im Trockenen und Warmen zu halten.
Damit ist jetzt Schluss. Denn nun kommt das Erdreich als Wärmequelle ins Spiel. Mithilfe einer Wärmepumpe wird die Erdwärme dazu genutzt, die komplette Kirche zu beheizen – zunächst durch Radiatoren. Im kommenden Jahr wird eine Fußbodenheizung installiert, die dann den Hauptjob übernimmt.
Insgesamt werden zurzeit acht Bohrungen auf 95 Meter Tiefe vorgenommen. In die entstandenen Löcher werden Kunststoffrohre eingesetzt, durch die kaltes Wasser zwischen Erdwärmequelle und Wärmepumpe zirkuliert. Während das Wasser durch die Leitungen fließt, nimmt es thermische Energie auf und erwärmt sich. In der Wärmepumpe wird die Energie wieder abgegeben, und die Wassertemperatur sinkt. Dieses System kommt komplett ohne fossile Brennstoffe aus. Somit wird kein Kohlendioxid produziert.
Die Kirche in eine Sauna verwandeln kann die Anlage indes nicht, aber das ist auch nicht Sinn und Zweck der Maßnahme, wie Gemeindepfarrerin Heike Bundt sagt: „Wir brauchen nicht die große Hitze, das wäre auch für die Orgel und das Mobiliar nicht gut.“
Das Gesamtprojekt ist mit 199.000 Euro veranschlagt. Das Gros davon entfällt mit 137.000 Euro auf die Heizungsanlage. Der Rest verteilt sich aufs Überarbeiten der Bankpodeste, Umstellung auf LED-Technik, Überholung der Orgel, Malerarbeiten und Tontechnik. Die Finanzierung erfolgt unter anderem über Eigenmittel, Stiftungen, Spenden und Mittel des Kirchenkreises.
Ist die Anlage einmal in Betrieb, sind die Folgekosten gleich Null. Denn das Einzige, was an zusätzlicher Energie benötigt wird, ist der Strom zum Betrieb der Anlage, und den produziert die Kirchengemeinde durch Solarzellen auf dem Dach selbst. Etwas Gutes kommt also doch von oben.
Autor:Walter Demtröder aus Witten |
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