400-Meter-Hürdenspezialist M I R K O * S C H M I DT "Würde für keinen Athleten die Hand ins Feuer legen"

Mirko Schmidt, aktuell Vierter der deutschen Bestenliste: Ein Plädoyer für den sauberen Sport.
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"DOPER SIND IMMER
EINEN SCHRITT VORAUS"
oder
LÜGEN HABEN
VERDAMMT SCHNELLE BEINE

INTERVIEW mit 400-Meter-Hürden-Läufer Mirko Schmidt
von TV Wattenscheid 01 über Doping und "Läuft der Zweifel mit?"

Vor den im Moskauer Olympiastadion Luschniki beginnenden Leichtathletik-WM und nach einer Serie von Dopingskandalen sowie mitten in der kontroversen Diskussion über den Abschlussbericht zur Studie "Doping in Deutschland" sprach Lokalkompass-Redakteur Alfred Möller mit dem in Heven wohnenden und für TV Wattenscheid 01 startenden 400-Meter-Hürden-Spezialisten Mirko Schmidt, 25, über den immer offener geäußerten Generalverdacht, dass es insbesondere bei den muskelbepackten Kurzstrecken-Läufern nicht immer clean zugehen soll.

Vor der seit Samstag, 10. August, laufenden WM in Moskau wurden einige hochkarätige Sprinter des Dopings überführt. Haben Lügen schnelle Beine?
Mirko Schmidt: Es ist schon auffällig das gerade im Moment viele Sprinter des Dopings überführt werden, aber prinzipiell MUSS die Unschuldsvermutung so lange gelten, bis ein Läufer eindeutig überführt ist. Von den 10 schnellsten Sprintern über 100 Meter sind bis heute 9 mit Doping in Verbindung gebracht oder überführt worden. Das wird man schon nachdenklich. Unstrittig ist, dass Doper bessere Trainingsleistungen erzielen und damit auch bessere Wettkampfergebnisse. Doch ein generelles Misstrauen und ein Generalverdacht wären gegenüber all den Athleten unangebracht, die - wie ich - für einen „sauberen Sport“ plädieren.

Mit jedem ertappten Sünder wächst der Zweifel an Spitzenleistungen - insbesondere auf den Kurzstrecken - in der Leichtathletik. Sind die Kontrollmechanismen ausreichend, oder sind sie einfach nicht effektiv genug?
Mirko Schmidt: Es ist doch für jeden sauberen Athleten eine Genugtuung, dass auch die ganz Großen erwischt werden. Des Weiteren ist es eine positive Tendenz, da deutlich wird, dass das Kontrollsystem greift. Leider sind die Dopingsünder der Nada oder Wada immer einen Schritt voraus. Andererseits sollten die Spitzenleistungen auch anerkannt werden. Es wäre den Athleten nicht gerecht, alle unter Generalverdacht zu stellen. Ich würde den Spaß am Sport verlieren, wenn ich jede Leistung anzweifeln müsste. Das Schöne ist doch gerade, seine eigene Leistungsgrenzen zu erfahren und zu akzeptieren.

Ihr TVW-Vereinssportfreund Julian Reus, frischgebackener Deutscher Meister im 100-Meter-Lauf, spricht von einer "Zweiklassen-Gesellschaft". Sehen Sie das auch so?
Mirko Schmidt: Es ist schwierig, von einer Zweiklassen-Gesellschaft zu sprechen, aber rein finanziell gesehen gebe ich Julian recht. Für den Aufwand, den wir betreiben, und auf der Leistungsstufe, auf dem wir Sport treiben, ist es sicherlich ein Hungerlohn. Würde ich auf dem nationalen Niveau Fußball spielen, auf dem ich Leichtathletik betreibe, wäre ich sicherlich schon Millionär. Dagegen haben Athleten aus anderen Staaten lebenslang ausgesorgt, wenn sie Olympiasieger geworden sind. Bei uns in Deutschland kann man sich von der Siegprämie ein Auto kaufen. Zwar geht es uns in Deutschland nicht schlecht, die Trainingsbedingungen sind gut, aber leider steht nur der Fußball im Mittelpunkt und damit auch die finanzielle Verteilung der Gelder. Auf der sportlichen Ebene ist die Situation noch schwieriger, denn auch wenn Doping-Vermutungen im Raum stehen, ist jeder erst einmal unschuldig, bis er überführt ist. An dieser Stelle von einer Zweiklassen-Gesellschaft zu sprechen, finde ich falsch, denn überall auf der Welt ist Doping verboten und wird verfolgt. Natürlich ist es so, dass es in manchen Ländern strengere und engmaschigere Kontrollen gibt, aber Doping wird nirgendwo von offizieller Seite unterstützt. Deshalb sind alle, die trotzdem dopen, nicht nur Betrüger, sondern in gewisser Weise schon Kriminelle.

Der szenekundige Molekularbiologe Prof. Dr. Werne Franke gibt nach immer mehr Rekordläufen zu bedenken: "Wer glauben will, möge glauben. Wer denken kann, glaube nicht." Darüber hinaus stellt er unmissverständlich fest: "Diese Art von Sport ist total versaut, weil schon niemand allein an die Spitze kommt, der nicht drauf ist." Hat der Mann recht?
Mirko Schmidt: Aus medizinischer und pessimistischer Sicht vielleicht. Jedoch aus der Sicht eines Sportlers nicht. Wenn ich immer an den Leistungen der Athleten zweifle, mache ich mir meinen schönen Sport selber kaputt. Mir würde die Motivation fehlen, bis zu 12-mal in der Woche zu trainieren und meinen Körper für die Ziele, die ich habe und verfolge, zu quälen. Des Weiteren stellt Prof. Dr. Franke alle Sportler in ein negatives Licht, was nicht gerade förderlich ist. Er hat recht, wenn er sagen würde, es wäre einfacher, mit Doping an die Weltspitze heranzukommen, aber zu sagen, dass es nur mit Doping geht, ist aus meiner Sicht falsch, da immer der Unschuldsvermutung bestehen muss. Schade und ärgerlich ist es für die Athleten, die bei einer WM, EM oder den Olympischen Spielen Zweite wurden oder das Finale knapp verpasst haben. Insbesondere dann, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass der Sieger gedopt war. Die nachträglich verliehene Goldmedaille kann nicht den Augenblick der Siegerehrung im Stadion mit der Nationalhymne ersetzen. Um dieses Erlebnis wird man als sauberer Sportler betrogen. Es ist schwer, an dieser Stelle generell und für alle Sportler zu sprechen, für mich kann ich nur sagen, dass ich so nah, wie es geht, an meine maximale Leistungsgrenze heranlaufen will - und das ohne Doping. Natürlich habe ich auch aus den Erfahrungen der letzten Jahre gelernt und würde für keinen anderen Athleten die Hand ins Feuer legen.

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INFOTAFEL MIRKO SCHMIDT

Jahrgang 1988, wohnhaft in Witten-Heven
Verein: TV Wattenscheid 01
Student der Ruhr-Universität Bochum

2013: Vierter der DM über 400 Meter Hürden (50,89 Sekunden)
Weltrekord-Inhaber 4x400-Meter-Hürden-Staffel (3:33:49 Minuten)
sowie Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde
Deutscher Hochschulmeister 400 m Hürden (51,27 Sekunden)
Westdeutscher Meister 400 m Hürden
2012: 6. Platz DM 400 m Hürden, Westdeutscher Meister 400 m Hürden
2011: 6. Platz Hallen-DM 400 m / 6. Platz DM 400 m Hürden
2010: Deutscher Meister 4x400-Meter-Staffel

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Autor:

Alfred Möller aus Witten

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