Selbsthilfe-Kontaktstelle
Neue ADHS-Selbsthilfegruppe in Witten
Das Selbsthilfe-Angebot für erwachsene Menschen mit Aufmerksamkeitsstörung wird ab Juli ergänzt. Am ersten Montag jedes Monats sollen die Treffen einer neuen Gruppe stattfinden.
Gerade einmal fünf Monate ist es her, dass Oliver (Name geändert) die Diagnose ›ADHS‹ erhalten hat. Im Alter von über 40 Jahren ist das vergleichsweise spät im Leben des Witteners. Einen großen Teil seines Erwachsenenlebens kämpfte er immer wieder mit Depressionen, mit Angstzuständen, Panikattacken, die ihn mehrmals fast und einmal vollständig ausbrennen ließen. Dies begleitet von Job- und Wohnortwechseln, bis er schließlich, eher zufällig, der Ursache auf die Spur kam.
Impulsiv, unaufmerksam, hyperaktiv
Was kennzeichnet Menschen mit ADHS? Bei Oliver ist es im Wesentlichen Impulsivität. Einmal wurde er aus einer Autowerkstatt geworfen, als der Streit um eine TÜV-Prüfung eskalierte, die sein Auto trotz vorheriger Inspektion und Reparatur nicht bestanden hatte. Auch Unaufmerksamkeit und Ablenkbarkeit kennzeichnen den Familienvater. Nach der Geburt seines zweiten Kindes vergaß er einmal einen Schnuller, den er in einem Kochtopf auf dem Herd sterilisieren wollte. Das Ergebnis war glücklicherweise kein Wohnungsbrand, sondern nur beschlagene Küchenfenster, Dampfbadatmosphäre und der eingeschmolzene Gummisauger am Boden des Kochtopfes. Schließlich kenn-zeichnet Oliver auch hyperaktives Verhalten. Anders als bei vielen Mitbetroffenen äußert sich dies bei ihm nicht so stark mit nach außen sichtbaren Symptomen wie Rastlosigkeit, Stuhlwackeln oder anderen Bewegungen, die er nicht dauerhaft unterlassen kann. Die Hyperaktivität findet eher in seinem Kopf, in seinen Gedanken statt, die inhaltlich häufig von selbst wechseln oder an einem Thema festhängen, so dass er willentlich kaum davon loskommt.
Späte Diagnose und Begleiterkrankungen
»Er war doch ein ganz normales Kind und hatte in der Schule keine Probleme«, zitiert Oliver seine eigene Mutter, die es, wie Oliver meint, vor Jahrzehnten nicht besser wusste. Menschen, bei denen ADHS in der Kindheit unerkannt und unbehandelt bleibt, erkranken mitunter an Begleiterkrankungen wie Depressionen und Angststörungen, einige brennen im Laufe ihres Lebens aus und können ihren eigentlichen Beruf zeitweise oder dauerhaft nicht mehr ausü-ben, so wie es Oliver erlebt hat. Rückblickend lieferte die Diagnose Oliver aber Erklärungen für die Ursachen vieler schwerer Phasen seines bisherigen Lebens. Gleichzeitig erlaubt sie Oliver, seine Erfahrungen neu einzuordnen und zu bewerten, damit er wichtige und vor allem erfolgversprechende Anpassungen und Änderungen angehen kann.
Selbsthilfe soll Therapie ergänzen
Neben medikamentöser und psychosozialer Therapie versucht Oliver seit mehreren Monaten vom Austausch mit anderen Betroffenen in der Wittener Selbsthilfegruppe ›Flummi im Kopf‹ zu profitieren. Diese Gruppe gibt es bereits seit einigen Jahren, mit großem Erfolg. Sie kommt zweimal monatlich zusammen. Oliver fühlte sich hier auf Anhieb sehr wohl.
Jedoch lässt sein Familienleben eine regelmäßige Teilnahme am Mittwoch nicht zu. Aufgrund des großen Andrangs nimmt ›Flummi im Kopf‹ derzeit ohnehin keine neuen Interessierten an. So ist Oliver auf die Idee gekommen, eine neue Gruppe zu gründen, an der er selbst regelmäßig teilnehmen kann und die ein zusätzliches Angebot für Betroffene darstellt.
Start Anfang Juli
Unterstützt von der Selbsthilfe-Kontaktstelle lädt Oliver zu einem ersten Treffen am 1. Juli 2024 ab 19 Uhr ein. Wo die Gruppe zusammenkommen wird, erfahren Interessierte nach vorheriger Anmeldung bei der Selbsthilfe-Kontaktstelle, persönlich, telefonisch oder per E-Mail.
Selbsthilfe-Kontaktstelle Witten / Wetter / Herdecke:
Dortmunder Str. 13, 58455 Witten
Telefon: 02302 15 59
E-Mail: selbsthilfe-witten@paritaet-nrw.org
www.selbsthilfe-witten@paritaet-nrw.org
Autor:Anke Steuer aus Witten |
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