Marienviertel-Projekt der Caritas
„Das Leben war damals anders“

Marita Mirbach, geborene Kostmann, bei der Einschulung 1959.  | Foto: Mirbach
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  • Marita Mirbach, geborene Kostmann, bei der Einschulung 1959.
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Witten aktuell veröffentlicht eine weitere Geschchte Der Caritasverband Witten hat das Projekt im Marien-Viertel "DasMachenWirGemeinsam" ins Leben gerufen - hierbei soll es um Geschichten und Bilder gehen, die das Aufwachsen im Marien-Viertel zeigen. Die folgende Geschichte wird erzählt von Marita Mirbach.

„Ich bin als zweites von drei Mädchen in meinem Elternhaus in der Hochstraße 7-9 geboren – das war 1953. Die Hochstraße ist ein kleiner Abzweig der Marienstraße. Das Marien-Viertel war meine Heimat.

Von dort aus konnte man damals noch auf die Marienkirche schauen. Inzwischen verstellt der Neubau von Witten-Mitte - am Standort des früheren Lebensmittelgeschäft Schwefer – den Blick. Gegenüber hatte die Familie Schwefer auch eine Bäckerei – und auf dem Hof einen Schweinestall, dort wurde das Restbrot verfüttert.

Mein Elternhaus wurde beim letzten Bombenangriff auf Witten 1945 zerstört, dann in den 50er Jahren Etage für Etage mit Hilfe eines Freundes, der Maurer war, wieder aufgebaut. Dafür wurden die Steine „gepickt“, es gab nicht viel Geld, um Baumaterial zu kaufen. Da das Nachbargrundstück frei war, konnte etwas breiter gebaut werden. Denn die Zimmer und Wohnungen waren ursprünglich viel kleiner, es gab auch keine Kinderzimmer: Bei uns schliefen fünf Personen bis etwa 1963 im Schlafzimmer. Dann war es angesagt, dass wir Kleinen zu Hause eher still und ruhig zu sein hatten. Bewegung war dann draußen, und so spielten die meisten Kinder auf der Straße. Schluss war, wenn es dunkel wurde – wir hatten ja keine Uhren.

Das Leben war anders damals. Es gab viele Kinder, die zu Hause geschlagen wurden. Auch in der Schule war der Rohrstock wegen Kleinigkeiten im Gebrauch, was besonders die Jungen zu spüren bekamen. Wegen schmutziger Fingernägel und wegen Rennens auf dem Schulhof habe ich im 2. Schuljahr auch die Bekanntschaft mit dem Stock gemacht. Meine Mutter ist daraufhin eingeschritten und dann passierte es nur noch einmal. Andere Eltern meinten hingegen: „Wenn der Lehrer dich schlägt, wird es einen Grund haben.“

Mit drei Jahren kam ich in den Kindergarten, das kostete drei Mark im Monat, was viel Geld war. "Kindergartenreif" war man, wenn man allein zur Toilette gehen und am Tisch sitzen konnte. Man ging von 8 bis 12 Uhr und dann wieder von 14 bis 16 Uhr. Jede Mutter kochte mittags, denn die Arbeiterfrauen waren in der Regel zu Hause. Damals gab es in Witten nur konfessionelle Kindergärten. Erst später kamen städtische und Awo-Kitas hinzu.

Mit sechs Jahren wurde ich in der katholischen Breddeschule eingeschult, die eine zweizüge Volksschule mit acht Jahrgängen war. Der Schulweg dauerte 30 bis 40 Minuten und wurde immer zu Fuß zurückgelegt. Keine Familie hatte Geld, um für die Kinder einen Fahrschein zu kaufen.

Dort, wo heute Computer stehen, waren früher Nähmaschinen… Bis zur 6. Klasse wurden Mädchen und Jungs gemeinsam unterrichtet und dann nach Geschlechtern getrennt, so war das damals. Wir als Arbeiterkinder konnten nicht auf das Gymnasium. Wir hatten kein Geld für Bücher, für bessere Kleidung, die notwendig war, wenn man dort bestehen wollte.“

Autor:

Florian Peters aus Witten

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