Die Wildgänse sind wieder unterwegs

Wildgänse - das sind bei uns allen voran die Blässgänse.  Foto: LANUV/ Peter Schütz
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Wenn sich im November am Niederrhein der Himmel verdunkelt, liegt es nicht nur an herbstlichen Regenwolken oder an der Abenddämmerung. Denn dann fliegen dort unter lautem Rufen in Pfeilform Wildgänsen aus den Tundren Nordeuropas und Russlands ein, um zu überwintern oder zu rasten. Dieses alljährliche, beeindruckende Naturschauspiel hat das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW, LANUV, bewogen, die Wildgänse zu den Tieren des Monats zu wählen. Wildgänse - das ist allen voran die Blässgans, gefolgt von weiteren Wildgänsearten wie Saatgans und den bei uns selteneren Arten wie Weißwangengans, Kurzschnabelgans und Zwerggans.
Für die erfolgreiche Überwinterung der Wildgänse aus den Tundren Nordeuropas sind möglichst störungsfreie Viehweiden und Wiesen - sog. „Grünland“ - nötig. Denn Wildgänse fressen im Winter im wesentliches Gras, sie „Ähsen“. Geschlafen wird dann auf Wasserflächen. Flächen sind vor allem am Niederrhein zwischen Duisburg und Emmerich, ferner in den Auen von Weser, Ems sowie in Feuchtgebieten des Münsterlandes. Im Februar/März machen sich die Wildgänse wieder auf den Rückweg nach Norden und Osten in ihre arktischen Brutgebiete.
Schon in grauer Vorzeit schätzte der Mensch das wohlschmeckende Fleisch, die Leber, Eier, Federn, aber auch die Wachsamkeit von Gänsen: So scheiterten die Kelten kläglich, als aufmerksame Hausgänse nachts Alarm schlugen und die Römer noch rechtzeitig vor einem Angriff auf das Capitol weckten. Namen für die Saatgans wie Oie des moissons (franz. = Erntegans) oder Bean Goose (engl. = Bohnengans) verraten aber auch, dass der Mensch bis heute ein gespaltenes Verhältnis zur Saatgans hat, weil sie ihm die früher, über-, lebenswichtige Aussaat und den Ernteerfolg streitig macht. Deshalb wurde den Gänsen nachgestellt.
Nach 1950 gingen weitere Überwinterungs- und Rastplätze durch Versiegelung, Intensivierung der Landwirtschaft sowie Entwässerung von Feuchtgebieten und Mooren verloren. Schätzte man im 19. Jahrhundert in Mitteleuropa noch „Millionen“ an Saat- und Blässgänsen, so zählten Vogelschützer um 1960 in NRW deutlich weniger.
Durch den Schutz von Wiesen und Weiden in Kombination mit Gewässern finden sich heute in NRW wieder überwinternde arktische Wildgänse, insbesondere Blässgänse in großer Zahl ein. Im Vogelschutzgebiet „Unterer Niederrhein“, einem der bedeutendsten Rast- und Überwinterungsplatz, geht man von aktuell 120.000 bis 180.000, in der Ruraue bei Heinsberg von maximalmal 7.000 und im Vogelschutzgebiet „Weseraue“ von rund 10.000 Bläss- und Saatgänsen aus. Seit Ende der 1990er Jahre schwanken die Rast- und Überwinterungsbestände stark, eine Zunahme wird jedoch seit den 1990er Jahren nicht mehr festgestellt.
So hoch sich diese Zahlen auch anhören, in ihren arktischen Brutgebieten verteilen sich die Gänse auf riesige Flächen. Nordrhein-Westfalen fällt daher eine „besondere internationale Verantwortung“ für den Erhalt der Überwinterungsplätze arktischer Wildgänse, insbesondere der Blässgänse zu. „Dieser internationalen Verpflichtung können wir nur nachkommen“, so Dr. Heinrich Bottermann, Präsident des LANUV, „wenn wir am unteren Niederrhein und an der Weser konsequent Grünland als Nahrungsflächen erhalten. Hier gilt es, den weiteren Umbruch von Wiesen und Weiden zu Äckern und die weitere Ausdehnung von Baggerseen auf Kosten des Grünlandes zu vermeiden“ Für die Menschen in der Region sind die arktischen Überwinterer indes zu einer Attraktion geworden: So bieten Biologische Stationen und Naturschutzstationen vor Ort alljährlich im Winterhalbjahr sachkundige Führungen an. Eine Broschüre mit allen wichtigen Informationen und den genauen Terminen gibt zum Beispiel die Naturschutzorganisation NABU heraus. Kontakt: ">www.nrw.nabu.de
Außer den arktischen Wildgänsen gibt es noch weitere Gänsearten in NRW: Große Teile der Graugänse brüten hier in Mitteleuropa, nur der Anteil, der im Winterhalbjahr zusätzlich Mitteleuropa aufsucht, zählt zu den nordischen Wildgänsen. Nilgans, Rostgans, Kanadagans und Streifengans sind Neozoen, Neubürger, und zählen nicht zu den nordischen Wildgänsen. Denn es handelt sich bei ihnen ursprünglich um Ziervögel aus Übersee, die nun mittlerweile hier das ganze Jahr über leben.

Autor:

Annette Schröder aus Bochum

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