Das Erbe der alten Stollen - Inga inspiziert Franziska

Doktorandin Inga Michel auf Grubengang: Zehn Meter unterhalb der Wittener Ruhrstraße wird der neue Tunnel händisch vorangetrieben. Foto: THGA
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Es ist ziemlich dunkel, etwas feucht und beengt in dem neuangelegten Stollen unterhalb der Ruhrstraße in Witten. Inga Michel kann gerade eben noch aufrecht stehen, ihre Begleiter von der Bezirksregierung Arnsberg müssen schon die behelmten Köpfe einziehen.

Die Doktorandin vom Forschungszentrum Nachbergbau an der Technischen Hochschule Georg Agricola (THGA) in Bochum ist im Untergrund des Ruhrgebiets auf einer besonderen Mission: Sie untersucht den alten Erbstollen „Franziska“, der seit rund 250 Jahren das Grubenwasser früherer Wittener Zechen ableitet. Weil Teile des alten Stollens eingestürzt waren und die Entwässerung beeinträchtigten, wurde eine Umfahrung notwendig, die künftig das Wasser um die Schadstelle herumleitet – rund 60 Meter lang und etwa eine halbe Million teuer. Das Forschungszentrum Nachbergbau übernimmt das wissenschaftliche Monitoring.
„Die ersten Aufzeichnungen über den Franziska Erbstollen stammen bereits aus dem Jahr 1772“, erklärt Inga Michel, die für ihre Doktorarbeit die wasserführenden Stollen im südlichen Ruhrgebiet erforscht. „Bis heute hat er die Aufgabe, Grubenwasser der darüber liegenden Bergwerke über das natürliche Gefälle in den Mühlenbach zu leiten.“ Dass diese Entwässerung weiter gesichert werden muss, steht auch für Peter Hogrebe von der Bezirksregierung Arnsberg außer Frage: „Der Erbstollen dient der Entwässerung der angeschlossenen ehemaligen Bergbaubereiche. Wenn sich das in den alten Grubenbauen anfallende Grubenwasser aufgrund einer möglichen Verstopfung des Stollens aufstauen würde, könnten unkontrollierte Austrittsstellen entstehen. Deswegen brauchen wir eine Umleitung unter Tage.“
Schon seit letztem August laufen die Arbeiten unter der Ruhrstraße / Ecke Wetterstraße, die den Abfluss sichern sollen. Bereits 2015 wurde die Einmündung der Wetterstraße dichtgemacht und ein Schacht ausgehoben, der sich gut 50 Meter von der sogenannten "Verbruchstelle" befindet. Der ursprüngliche Plan, sich von hier zur Schadensstelle vorzuarbeiten und dort neu auszumauern, musste aufgrund der Gefahrenlage schnell verworfen werden.

Der Bypass von Witten

Der Ausbau in dem alternativen Bypass erfolgt komplett „händisch“, also nur mit dem Abbauhammer und viel Schweiß. Inga Michel schaut sich aufmerksam um: „Bald wird hier in zehn Metern Tiefe das eisenhaltige und dadurch orangebraune Erbstollenwasser fließen“, stellt die 30-Jährige fest. Ihre Aufgabe wird es dann sein, den Abfluss zu überwachen. Und das ist gar nicht so einfach: „Beim Monitoring müssen wir darauf achten, dass das technische Equipment optimal auf die Anforderungen vor Ort abgestimmt ist und etwa mit dem Eisengehalt oder schwankenden Wassermengen klar kommt.“ Die Kontrolle erfolgt über ein Messwehr, das mithilfe spezieller Sonden die Daten sammelt und regelmäßig per Fernübertragung übermittelt. „So wissen wir immer genau, was da unten los ist und merken, wenn sich etwas verändert“, sagt Inga Michel.

Zugang in die Vergangenheit

Der verbrochene Teilbereich des Franziska Erbstollens wird mit Beton verfüllt. „Nur das unterste Stück wurde noch für standsicher befunden und kann weiter genutzt werden, ebenso wie die Austrittsstelle, das sogenannte Stollenmundloch“, sagt Hogrebe. Es bleibt weiterhin erhalten – und sichert so auch für die nächsten Jahrzehnte den Zugang in die lange Bergbauvergangenheit des südlichen Ruhrgebietes. Inga Michel vom Forschungszentrum Nachbergbau inspiziert den Bypass des Franziska Erbstollens in Witten: Optimal überwacht fließt hier bald das Erbstollenwasser. Foto: THGA

Autor:

Marc Keiterling aus Essen

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