„Ein Jahrzehnt der Unsicherheit“
Kulturforum Witten reagiert auf Corona-, Energie- und Klimakrise
Die Kulturbetriebe haben sich noch nicht von den Auswirkungen der Coronapandemie erholt, doch nun hat bereits die Energiekrise die Einrichtungen im Griff. Für das Kulturforum Witten kommt laut Vorständin Jasmin Vogel eine dritte Krise hinzu: die Klimakrise. Alle drei stellen eine große Herausforderung dar.
Von Vera Demuth
„Die Gleichzeitigkeit macht es ganz schwierig“, sagt Jasmin Vogel. Wie überall in Deutschland spürt auch das Kulturforum nach wie vor die Folgen der Pandemie. Die Menschen kaufen ihre Eintrittskarten viel kurzfristiger, und die Zuschauerzahlen sind zurückgegangen. „300 ist das neue 1.000“ laute ein Schlagwort in der Kulturbranche, weil deutlich weniger Publikum käme, so Vogel. „Das fasst gut zusammen, wo wir gerade stehen.“ Allerdings habe die neue Saison des Kulturforums erst Mitte September begonnen, betont sie.
Als Antwort auf die Zuschauerrückgänge hat sich das Team des Kulturforums weniger das Ziel gesetzt, die früheren Besucher zurückzugewinnen, sondern es möchte vielmehr künftig ein breiteres Publikum ansprechen. Der Fokus soll mehr auf Comedy, Kinderveranstaltungen und darauf liegen, mit neuen Formaten zu experimentieren. Dies ist bereits bei der Saisoneröffnung der Fall gewesen, als der YouTuber Dagilp aus der Harry-Potter-Community im Livestream zu erleben war. Auch mit dem im Juni eröffneten Digitallabor, das sowohl digitale als auch hybride Veranstaltungen ermöglicht, soll ein breiteres Publikum erreicht werden. Um diesen neuen Fokus zu erproben, „nehmen wir uns diese Saison, vielleicht auch noch die nächste Zeit, um zu gucken, wie es läuft“, erklärt Vogel.
Energiesparkonzept erstellt
Auf die Energiekrise hat das Kulturforum, zu dem Bibliothek, Märkisches Museum, Stadtarchiv sowie Saalbau und Haus Witten zählen, im August mit einem Energiesparkonzept reagiert. Es wird Strom gespart, indem vor allem die Beleuchtung heruntergefahren wird. Die Öffnungszeiten zu reduzieren ist erst einmal nicht angedacht. Preiserhöhungen sind zurzeit ebenfalls kein Thema. „Wir haben schon einen Einbruch, weil die Leute nicht kommen“, so Vogel. „Wenn wir die Preise anheben, kommen noch weniger Menschen.“
Auch auf regionale Besonderheiten, wie die am Sonntag geöffnete Bibliothek, müssen die Wittener Bürger nicht verzichten. „Die Angebote bleiben in vollem Umfang erhalten“, legt Christine Wolf, Leiterin der Bibliothek, Wert darauf, „erst einmal abzuwarten und die Leute nicht verrückt zu machen.“ Schließlich wisse man noch gar nicht, wie sehr die Energiekosten steigen werden.
Raumtemperatur gesenkt
Gespart wird allerdings trotzdem. Zum Beispiel bei der Außenbeleuchtung, und die Raumtemperatur ist auf 19 Grad reduziert. Außerdem werden Bibliothek und Märkisches Museum erstmals zwischen Weihnachten und Neujahr geschlossen bleiben. „Eine Woche bringt vielleicht was“, hofft die Leiterin mit Blick auf die Energiekosten. Von einem weiteren Schließungstag neben dem regulär geschlossenen Montag hält sie nichts. Im Gegenteil: Gerade in der Energiekrise misst Wolf der Bibliothek für die Bürger eine große Bedeutung zu. „Wir sind ein zentraler Ort. Wir haben fast 200 Lernarbeitsplätze.“ Hier könnten sich Menschen aufhalten, die ihre Wohnung nicht ausreichend heizen können.
Sowohl Christine Wolf als auch Jasmin Vogel gehen davon aus, dass der Kulturbetrieb trotz Energiekrise weitergehen kann. Zugleich sieht die Vorständin schwierige Zeiten voraus: „Wir werden uns an ein Jahrzehnt der Unsicherheit gewöhnen müssen.“
Widerstandsfähiger werden
Als Ursache hierfür und als größte Herausforderung für das Kulturforum betrachtet sie das Zusammenspiel von Corona-, Energie- und Klimakrise. Gebäude und Infrastruktur seien alt, und die Energie werde teurer, auch wenn sich die wegen der Energiekrise stark gestiegenen Preise wieder einpendeln. „Wie stellen wir uns widerstandsfähiger auf? Wie gehen wir mit den Gebäuden um? Können mehr digitale Angebote auch eine Antwort sein?“ Dies sind die Fragen zur Zukunft, mit denen sich das Kulturforum beschäftigen wird.
Autor:Vera Demuth aus Bochum |
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