In Witten kein Platz für Bienen

Hochsaison für die Bienen, und schon müssen zur Schwarmvermeidung Ableger gebildet werden. Für Neuimker wie uns ist der erste Ableger ein aufregender Moment. Spannende 6 Wochen lagen vor uns. Allerdings: Der Ableger sollte wenigstens 2 km vom Muttervolk entfernt stehen. Unsere Völker stehen bei meinem Freund in Hattingen. Also nehme ich die „Mädels“ mit nach Witten. Fragt sich nur, wohin?!

Na, so ein kleiner Ableger, der passt doch auch auf den Balkon! Man sieht es doch immer wieder im Fernsehen. Ist doch jetzt ganz modern: auf dem Dach oder dem Balkon. Ist doch nur eine „Hand voll Bienen“. Na ja, jedenfalls für einen Imker.

Es entwickelte sich dann zu einem waren Schauspiel und Erlebnis. Die „Hand voll Bienen“ musste sich jetzt erst mal einfliegen und im Hochhaus den richtigen Balkon finden. Da kam das Unvermeidliche: „Ich glaube, Sie haben einen Schwarm auf Ihrem Balkon“, sprach mich ein Nachbar an. Nein, habe ich nicht. Ich habe einen Ableger. Ungutes Gefühl steigt in mir auf. Natürlich hätte ich vorher meine Nachbarn fragen müssen. Aber so bin ich halt, vor Begeisterung gehen schon mal die Pferde bzw. Bienen mit mir durch. Und manchmal habe ich auch Glück wie jetzt. Mein Nachbar und auch alle anderen im Haus haben sehr verständnisvoll reagiert. Das fand ich toll. Meinen ganz, ganz lieben Dank an alle!

Nun ja, jedenfalls habe ich ein buntes Tuch nach draußen gehängt, damit die „Mädels“ den Weg finden. Und tatsächlich: Mit der Zeit fanden sie immer besser nach Hause. Und sie hatten ein System: Anflug bis kurz vor das Balkongeländer, abbremsen, kurzer Hüpfer über die Brüstung, und Landung auf dem Flugbrett. Da sage mal einer, Bienen hätten nichts drauf! Obwohl ich das Drohnen, also den Männern, nicht zutrauen würde. Aber die gibt es ja bei meinem Ableger nicht, tut also nichts zur Sache. Jedenfalls: Das Wagnis hatte begonnen. Würde ich die Königin sehen? Ja, ich sah sie! Es war ein einmaliges Schauspiel, die Königin zu beobachten, wie sie sich einfliegt. Ganz am Anfang tapste sie unbeholfen auf dem Balkon herum. Wie ein kleines Kind, das Laufen lernt. Immer wieder kippte sie auf den Rücken und arbeitet sich auf ihre kleinen Beine hoch, nachdem sie sich mühsam auf den Bauch gerollt hatte. Dann die ersten Flugversuche. Anschließend rein und raus aus dem Flugloch. Nun das Loch umkreisen, erst nahe davor, dann den Abstand vergrößern, über die Balkonbrüstung und zurück. Na, klappt doch prima. Aber, kleine Königin, wirst du die Drohnen finden und vor allem: wirst du wieder Heim finden. Wieder spannende Tage. Nach fünf Tagen sah ich nach und hatte wieder Glück: Gleich auf dem ersten Rähmchen saß die Königin. Sie hatte nach Hause gefunden. Jetzt wird der Ableger wachsen.

Genau, er wird wachsen. In ca. 3 Wochen dürften die nächsten Flugbienen kommen, und dann nicht nur „eine Handvoll“. Klar wie Kloßbrühe: das kann ich meinen Nachbarn nicht antun. Zumal ich schon versprochen habe, einen anderen Standplatz zu suchen. Also gleiches 'Spiel wie letztes Jahr, wo ich als Neuimker auch schon in Witten keinen Standplatz bekommen konnte. Bauern und Privatpersonen sagten ab, wie letztes Jahr schon. An die Stadt wandte ich mich schon gar nicht mehr, denn die hatte meine Anfrage schon letztes Jahr ignoriert. Vielleicht hilft der Kreisverein? Immerhin hatte man uns Imkern versprochen, wir könnten den Waldplatz nutzen, der zum Lehrbienenstand gehört. Nicht nur deswegen hatten sich mein Freund und ich bei der Renovierung kräftig eingebracht, sondern auch aus Überzeugung. Der Lehrbienenstand ist oder war eigentlich eine tolle Sache. Ich habe mir erhofft, er würde sich nicht in erster Linie an die Imker, sondern an die interessierte Bevölkerung richten und das faszinierende Gemeinschaftsleben der Bienen näher bringen, welche verschiedenen Systeme es in der Imkerei gibt und wie Honig gewonnen wird. Aber als ich mich an den Vorstand wandte, sah plötzlich alles ganz anders aus. Der Waldplatz steht nicht mehr den Imkern zur Verfügung, sondern Herrn Liebig und Frau Aumeier von der Uni Bochum für Forschungszwecke. Und nach deren System ist jetzt auch alles aufgebaut und wird entsprechend dargestellt. Hinterbeutenbehandlung, wer macht denn so was?! Hm, möglicherweise Imker, denen es schwerfällt, 25 kg-Kisten aus 1,5 m Höhe zu hieven? Aber man muss es verstehen, Schließlich hält Herr Liebig ja auch Vorträge für die Imker. Und wenn schon großzügig auf Entgelt verzichtet wird, dann muss ja wenigstens so ein Ausgleich entstehen. Und überhaupt wird jetzt nur noch dieses eine System gezeigt, weil alles andere nicht so, na sagen wir mal, optimal ist. Ich verstehe das. Doch, wirklich. Ich finde auch, das reicht nicht aus. Ich finde, man sollte zu Ehren von den beiden den Lehrbienenstand in das „Liebig- und Aumeier-Zentrum“ umbenennen. Das würde ihnen gerecht.

Ich als Neuimker kann den beiden natürlich nicht das Wasser reichen. Das habe ich gleich gemerkt, als ich das Buch von Herrn Liebig versucht habe zu lesen, das im Rahmen des Imkerkurses zu kaufen war (der übrigens im Gegensatz zu anderen Vereinen in anderen Bundesländern nicht kostenlos ist). Denn genau nach dieser Methode wird gelehrt. Leider hapert es bei mir mit der deutschen Sprache etwas. Ein Rechtstext, bei dem ein Satz über 8 oder mehr Zeilen geht, kommt bei mir nicht so gut an. Hier hatte ich einen ähnlichen Eindruck. Nicht wirklich mein Ding. Wir, also mein Freund und ich, haben uns Tipps von vereinsfremden Imkern und aus dem Internet geholt und laufen jetzt in Richtung „Trial and Error“. Und das offensichtlich mit Erfolg. Das zeigt der Ableger. Apropos: wohin denn nun mit ihm? Der Vorstand hatte auch „gute Beziehungen“ zur Stadt und fragte mal nach. Leider fühlt sich dort momentan niemand für so unwichtige Fragen zuständig. Schade.

Na, dann halt wieder zurück nach Hattingen und an die schöne Ruhr. Aber: da kommt ja noch ein Ableger. Oje!

Autor:

Elke Ebert aus Witten

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