Frank Goosens Raketenmänner in der Werkstadt
Der großartige Frank Goosen gab sich Freitagabend wieder einmal die Ehre und trat mit seinem neuen Buch „Raketenmänner“ in der Werkstadt auf.
Während das Publikum kuschelig eng Schulter an Schulter fast mit den Knien an den Ohren im dunklen Saal sitzt, die Veranstaltung ist restlos ausverkauft, rutscht Frank Goosen an seinem Tisch auf der Bühne im grellen Scheinwerferlicht herum. „Ich bin ein bisschen verunsichert gerade, der Stuhl ist so komisch hoch und der Tisch so niedrig, da sieht man so viel von mir, das ist auch blöd.“ Ein Eröffnungswort, wie man es sich schöner nicht wünschen kann.
Das Buch „Raketenmänner“ ist eine Geschichtensammlung über „Männer mitten im Leben. Von solchen, die ausbrechen wollen und von jenen, die Halt suchen. Von Musik und alter Freundschaft. Von der Sehnsucht nach der einen, der wahren Liebe. Von Verlassenen und Suchenden, von Ängstlichen und Mutigen. Alle wären sie gern Raketenmänner und müssen sich doch mit sich selbst begnügen.“
In gewohnt-brillianter Goosen-Manier erzählt der Bochumer in einem Atemzug von müden Anzugträgern in Hotelbars, grätscht zurück in die Kindheit einer Figur und endet mit Westernfilmvorführungen im Programmkino. Die Helden der Geschichten sind so fein und angenehm schnörkellos beschrieben, dass der Leser beziehungsweise Hörer, das Gefühl hat, es geht um den eigenen Nachbarn oder den Platzwart im Sportverein der Kinder.
„Raketenmänner“ ist das erste Buch, indem die Hauptfiguren ausschließlich beim Nachnamen genannt werden. Wer sich wundert, wie man auf Namen wie Frohnberg, Sabolewski, Wenzel oder gar Turbo Krupke kommt, sollte einmal die Todesanzeigen in der Zeitung studieren, die dienten hier nämlich als Inspiration.
Ein Seitenhieb gegen die Nachbarstadt darf nicht fehlen
Den von Frank Goosen gelesenen Passagen lauscht das Publikum gebannt, hier und da unterbricht ein leiser Lacher die Stille; es hatte sich mal wieder jemand wiedererkannt. Wie bestellt prasselt beim Stichwort „Regen“ ebendieser heftig auf das Dach der Werkstadt und macht den Redner für einige Sekunden sprachlos; Timing ist alles! Die richtig fetten Lacher bringt Goosen allerdings zwischen den Lesungen, traut uns Wittenern sogar zwei Fremdwörter in einem Satz zu und ist begeistert, dass wir das so locker nehmen, da merke man, dass Witten eine Universitätsstadt sei, in Gelsenkirchen lachen die Zuhörer aus Scham. Da war sie, die erste Spitze gegen die Nachbarstadt, das gehört eben dazu, so wollen wir es ja. Nach der kurzen Pause im Programm geht es sportlich weiter.
Platzwart Turbo Krupke, der beinahe mal Bayern-Profi geworden wäre, führt einen Journalisten über seine Sportanlage, beide enden am Tresen des Vereinsheims und müssen sich vom Bier zapfenden Vereinsvorsitzenden Stories von damals anhören. Jetzt wird während der Lesung laut gelacht, auch Goosen merkt man an „das kanner, da isser in seinem Element“. Sport und ein Bierchen am Tresen ziehen immer.
Die literarische Veranstaltung endet mit tosendem Applaus, alle bleiben sitzen, denn Frank Goosen eröffnet die Fragerunde zu seinem Buch.
Goosen erfasst den Ruhrgebietler angenehm klischeefrei
Frank Goosen hat es wieder einmal geschafft, die Menschen und die Mentalität des Ruhrgebiets brilliant und klischeefrei zu erfassen. Hier wird nicht gelästert oder ausgelacht sondern der Nagel auf den Kopp getroffen. Die Geschichten sind absolut treffend und eben wie von nebenan. Trotzdem hat man nicht das Gefühl, dass das auch von Frank Goosen bereits durchgekaute Thema Ruhrpott und Heimat hier wieder aufgewärmt wird. Sehr empfehlenswert!
Autor:Anna Michele aus Witten |
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