Schützenvereine in der Region
Ablenkung kann hilfreich sein

Michael Höfer freut sich als Mitglied des 6. Zuges der St. Georg Schützenbruderschaft auf das bevorstehende Schützenfest. | Foto: Dirk Kleinwegen
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  • Michael Höfer freut sich als Mitglied des 6. Zuges der St. Georg Schützenbruderschaft auf das bevorstehende Schützenfest.
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Der 61-jährige Michael Höfer ist Diakon in der Kirchengemeinde St. Georg, aber zuständig für das ganze Stadtgebiet Rees: „Ein Diakon kann alles machen, bis auf die Durchführung der katholischen Eucharistie und keine Beichte abnehmen, aber Taufen, Hochzeiten, Beerdigen, Predigen und Krankenbesuche – das übliche Programm eines Geistlichen.“ In Rees gibt es vier weitere Diakone, die Tätigkeit ist immer ehrenamtlich. Ansonsten ist Michael Höfer bei der Post beschäftigt. Hauptsächlich ist Höfer als Diakon in der Notfallseelsorge im Kreis Kleve eingesetzt, gleichzeitig ist er Fachberater Seelsorge der Feuerwehren in Rees.

Vor fünf Jahren wurde Michael Höfer Präses der Schützenbruderschaft St. Georg Haldern. Jetzt übernimmt er das Amt für alle Bruderschaften im Gebiet von Bislich bis Elten als Bezirkspräses. „Ein Präses ist der geistliche Begleiter einer Bruderschaft, Bruderschaften sind im Gegensatz zu Schützenvereinen kirchlich orientiert. Ich veranstalte Gottesdienste speziell für die Schützen oder führe Segnungen durch. Wenn höhere Orden vergeben werden, muss ich die Urkunden unterschreiben.“ Als Präses ist Höfer als Vertreter der Kirche auch im Bezirksvorstand sowie im Vorstand der Halderner Schützen integriert. An höheren Festen der Schützen nimmt der Diakon teil und organisiert den Gottesdienst vor Ort: „Die Gottesdienste finden meist in der Kirche statt. Ist die Kirche zu klein, wie beispielsweise in Grietherbusch, findet die Messe im Schützenzelt oder wenn das Wetter schön ist auch vor dem Zelt statt.
Die Gottesdienste hält er im kirchlichen Ornat. Da er Mitglied im 6. Zug der St. Georg-Schützenbruderschaft ist, sieht man ihn dort – wenn er nicht repräsentieren muss – auch in Schützenuniform. In den Schützenverein ist er vor zehn Jahren, mit dem Umzug von Rees nach Haldern, eingetreten. In Rees war er zuvor auch beim Bürgerschützenverein aktiv. „In meiner Tätigkeit als Bezirkspräses ist schon einiges angelaufen, vor allen Dingen muss ich immer meine Zeiten genau einpassen, die Notfallseelsorge geht immer vor. Selbst beim Schützenfest, wenn die anrufen, bin ich weg“, erklärt Höfer. Rettungsdienst, Feuerwehr und Polizei fordern über die Leitstelle bei Bedarf einen Notfallseelsorger an. „Meist erkennt der Notarzt, wenn Hilfe benötigt wird. Der wartet dann meist so lange, bis ich vor Ort bin. Er unterrichtet mich über den Zustand der Hinterbliebenen und welche Medikamente er verabreicht hat. Ich habe eine psychologische Ausbildung und kann auch mit den Medikamenten etwas anfangen und kann daher meist voraussehen, wie die Menschen reagieren. Es kann schon mal vorkommen, dass sie ausflippen, Türen eintreten oder angreifen.“
Der lockere Umgang bei den Schützen ist für den Geistlichen ein schöner Ausgleich zu dieser aufreibenden Tätigkeit. Es kann ohne weiteres passieren, dass Höfer direkt von den Gesprächen mit den Hinterbliebenen zum Schützenplatz fährt und dort weiter mitfeiert. „Das ist Voraussetzung für diesen Job, man hat auch Mittel um clean zu werden, nach so einem Einsatz. Es gibt Kollegen, die das nicht auf Dauer schaffen und nach einigen Jahren aufgeben“, so Höfer. Bei ihm zeigen sich noch keine Anzeichen, dass er aufhören sollte. In der Notfallseelsorge ist er seit rund 7 Jahren tätig. Die schlimmsten Einsätze waren während seiner Ausbildung in Osnabrück ein plötzlicher Kindstod. Regional ist ihm der Unfall in Vrasselt, bei dem eine Frau mit drei Kindern verunglückte (der Stadtanzeiger begleitete die Spendenaktion), in schlimmer Erinnerung geblieben. Bei solchen extremen Unglücken kann der Notfallseelsorger weitere Hilfe vermitteln. Die ist dann auch notwendig, wenn die Kollegen der Feuerwehr mit Unglücken, beispielsweise ein Suizid auf den Schienen, nicht ohne weitere Unterstützung zurechtkommen.
Michael Höfer ist 61 Jahre alt, seit 40 Jahren mit Elisabeth verheiratet, seine drei Söhne sind zwischen 31 und 35 Jahre alt, dazu kommen zwei Enkel im Alter von ein und drei Jahren. Er ist neben dem Halderner Schützenverein auch in der Halderner Feuerwehr aktiv. Er freut sich auf das bevorstehende Schützenfest, das er gerade wegen der Krise für besonders wichtig hält: „Es kommt öfter die Frage, wie kann man Schützenfest feiern, wenn in der Ukraine Krieg herrscht. Erstens wird dadurch kein Mensch weniger dort sterben, wenn nicht gefeiert wird und zweitens tut Ablenkung gut.“ Wie wichtig so etwas ist, bemerkt er auch bei anderen Gelegenheiten. „Wenn ich zu einen Beerdigungsgespräch komme, sehen wir uns manchmal Urlaubsbilder an, da wird auch schon mal gelacht. Das hilft unheimlich, man kann nicht immer nur an das Schlechte denken.“

Autor:

Dirk Kleinwegen aus Rees

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