Selbsthilfegruppe für Emmerich
Auch die Angehörigen leiden mit

Symbolbild | Foto: LK Archiv
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Depression - Wenn die Seele gefangen ist

Als Claudia Jansen (Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.) aus Emmerich im September des letzten Jahres an Burnout erkrankte, suchte der Ehemann Thomas – neben der Hilfe für seine Frau – auch Unterstützung, um selbst mit der Situation fertig zu werden. Doch für die Angehörigen von Menschen mit Burnout oder Depressionen gibt es nur wenig Hilfe.

„Man gibt sich auf, hat keine Lust mehr am Leben, sieht keine Perspektive mehr, man ist unzufrieden mit seinem Leben, fühlt sich müde, hat zu viele Stimmen im Kopf, die einen nicht klar denken lassen, man sieht nur das Negative im Leben“, das sind laut Thomas Jansen, alles Symptome die bei Depressionen sowie auch bei einem Burnout auftreten. Jansen hält Depressionen mittlerweile für Volkskrankheiten: „Oft wissen die Leute gar nicht was sie haben, sie sehen nur wie matt und niedergeschlagen sie sind und wie energie- und perspektivlos. Beim Burnout, wie bei seiner Frau, ist die Situation noch schlimmer, denn der Burnout ist in der Gesellschaft noch nicht als Krankheit anerkannt. Das Ganze wird als Erschöpfung abgetan, ein typisches Manager-Leiden. Dementsprechend gibt es viele unqualifizierte Angebote, wie man gegen die Krankheit vorgehen kann. „Windige Geschäftemachen treten erkrankte Business-Manager in fragwürdigen Schulungen vor das Schienenbein und fordern sie auf sich zusammenzureißen, um da rauszukommen“, berichtet Jansen.

Medikamente machen süchtig und man stumpft ab

Nicht ordnungsgemäß behandelt werden solche Krankheiten immer schlimmer. „Am Tag, wo jemand vor ihnen liegt, und sagt ‚ich kann nicht mehr, es tut so weh im Kopf, ich weiß nicht weiter, es soll aufhören, es ist so laut‘, dann kann man nur noch den Krankwagen rufen und die Person einweisen lassen“, zeichnet Thomas Jansen einen möglichen Ernstfall nach. In den Kliniken werden die Patienten laut Jansen dann meist mit Antidepressiva behandelt. „Die Medikamente machen nach kurzer Zeit abhängig, man stumpft ab, damit das Hirn nicht mehr so viel arbeitet“, erklärt er, „meine Frau hat bei einer früheren Behandlung auch eine Zeit lang solche Medikamente eingenommen und hat dann ein dreiviertel Jahr gebraucht, um davon wieder runterzukommen. Das war eine Katastrophe.“
Nachdem Claudia Jansen im letzten September an Burnout erkrankte und nicht mehr weiterarbeiten konnte, dauerte es einige Monate bis professionell Hilfe gefunden wurde. Als geborene Niederländerin suchte sie Hilfe im Nachbarland, die Kosten wurden aber von der deutschen Krankenkasse nicht übernommen. In der Therapie versuchte sie möglichst viel zu erleben. Dazu gehörten Spaziergänge alleine ohne Musik oder mit dem Partner. Natur, frische Luft oder Sport treiben, um sich an seine Grenzen zu bringen. „Das kann derjenige aber nur schaffen, wenn er selbst erkannt hat, dass es so nicht weitergehen, sondern nur noch schlimmer werden kann“, so Jansen, „in der Situation wird dann ein Psychologe benötigt, der in der Lage ist, einen herauszuhelfen. Fehlt die Unterstützung an dieser Stelle ist bis zu einem Suizid alles möglich.
Claudia Jansen verbrachte eine Woche in einem psychologischen Zentrum, mit intensiven Gesprächen und Selbsterfahrungen. Nach und nach lernte sie, sich auf das Positive im Leben zu konzentrieren und überwand Anfang 2022 die Krankheit. Der Ehemann ist stolz, dass sich seine Frau selbst aus dem Sumpf herausziehen konnte, und das schon nach wenigen Monaten: „Manche brauchen zwei Jahre dafür, bis sie wieder ein einigermaßen normales Leben führen können.

Auch Angehörige leiden, Thomas Jansen stand selber kurz vor einem Zusammenbruch

Jansen ist ein gutes Beispiel dafür, dass durch so eine Krankheit nicht die Patienten selbst leiden, sondern auch die Angehörigen. Nach dem er sich über vier Monate nur um seine Frau gekümmert hat, stand er selbst kurz vor einem Zusammenbruch: „Manchmal hatte ich das Gefühl, dass ich selbst drinsitze – die Energielosigkeit, nicht mehr wissen, wie man jetzt weitermachen soll, alles ist einem zu viel. Es ist das Problem der Angehörigen, das man vergisst an sich selber zu denken, dass man Energie braucht um zu bestehen und auch mal Dinge alleine macht.“

Eine Selbsthilfegruppe soll Angehörigen helfen

Jansen nahm in der Zeit zwei Beratungsgespräche im Klever Selbsthilfe-Büro des Paritätischen Landesverband NRW in Anspruch. Dort kam man auf die Idee eine Selbsthilfegruppe für Angehörige von Menschen mit Depressionen zu gründen, denn diese gehen oft über ihre Grenzen. Die Treffen der Selbsthilfegruppe in Emmerich sollen einen offenen, ehrlichen und vertrauensvollen Ort für einen Austausch bieten; ein Austausch über die Erkrankung, das Zusammenleben, über Hilfen und Unterstützung, über Überlastung und Schuldgefühle. Eine Selbsthilfegruppe soll nun entstehen, denn Angehörige leisten viel, manchmal sogar mehr als sie können und schaffen. Sie gehen regelmäßig über ihre Grenzen. Interessierte können sich beim Selbsthilfe-Büro Kreis Kleve über 02821 78 00 12 oder selbsthilfe-kleve@paritaet-nrw.org melden.

Dirk Kleinwegen / Stadtanzeiger Emmerich-Rees-Isselburg

Autor:

Dirk Kleinwegen aus Rees

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