Im Krieg wurden fast 200 Jahre Geschichte zerstört

Auf der Flurkarte von 1823 zeigte Tina Oostendorp, dass sich nur zwei Straßennamen in der Innenstadt geändert haben.
(Foto: Dirk Kleinwegen)
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Die anderen Unterlagen bunkern im Reeser Stadtarchiv

Vor zehn Jahren wurde am Hermann-Terlinden-Weg das neue Stadtarchiv eröffnet. Da passt es gut, dass die Stadt Rees am 8. April von 11 bis 17 Uhr einen Tag der offenen Türe veranstaltet.

Bis 1944 lagerten die wichtigen Unterlagen der Stadt Rees im Keller des alten Rathauses. Dann wurde die Stadt Rees in einem Rundschreiben vom Landrat aufgefordert alte Unterlagen in das Salzbergwerk Dabringhausen auszulagern. Doch diese Aufforderung wurde von den Stadtbediensteten nur zum Teil umgesetzt. Die Urkunden und Unterlagen von 1750-1945 verblieben im Rathaus und wurden im Laufe der Bombardierung zum größten Teil zerstört. Und auch die, im Salzbergwerk eingelagerten Archivalien, wurden durch eingeschlagene Bomben oder durch Tränengas beschädigt. Nach Ende des zweiten Weltkriegs wurden die Dokumente, bis zur Fertigstellung des neuen Rathauses, erst einmal im Keller der Grundschule untergebracht.

Nach dem Krieg musste Hermann Terlinden die Akten lüften

Später auf dem Söller des Rathauses, hatte Hermann Terlinden die Aufgabe die Akten zu lüften. Er konnte aber immer nur 15 bis 20 Minuten mit den Dokumenten arbeiten, dann fingen seine Augen an zu tränen. Die Gegenstände waren noch sehr lange durchzogen von Tränengas. Bis 1985 lüftete, hegte und pflegte er den gesamten Bestand bevor dieser ins früheren Gesundheitsamt an der Sahlerstraße umgelagert wurde. Mit den Jahren wurde es aber auch hier eng, so kamen erst Räume im Erdgeschoss der benachbarten Grundschule und später noch die Hausmeisterwohnung hinzu.

Vor zehn Jahren Umzug ins neue Stadtarchiv

Ende 2007 zog das Stadtarchiv in das neu errichtete Gebäude am Hermann-Terlinden-Weg. Im April vor zehn Jahren wurde das neue Archiv in Betrieb genommen.

Mit dem Auszug aus dem Rathaus, im Frühjahr 1985, fingen auch drei ehrenamtliche Mitarbeiter und zwei ABM-Kräfte mit ihrer Tätigkeit im Archiv an. Tina Oostendorp übernahm die Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zunächst für ein Jahr. Sie erinnerte sich noch: „Als ich das Schreiben zu dieser Stelle erhielt, fragte ich meinen Vater: „Papa, was ist ein Archiv?“. “ Ihre ABM-Tätigkeit wurde noch einmal um ein Jahr verlängert, danach wurde sie halbtags und seit 1997 ganztags im Archiv beschäftigt. Tina Oostendorp erklärte: „Das Wichtigste im Archiv sind die Protokollbücher. Die sind das Herz einer jeden Kommune. Da steht in komprimierter Form drin, was in der Stadt passiert, in Rat und den Ausschüssen.“ 1846 fangen diese an, Lücken durch die Verluste im Krieg, ab 1945 sind die Protokollbücher wieder vollständig.

Aber auch Urkunden, Schriftstücke, Pläne, Kirchenbücher, Deichschaubücher, Fotos, Karten, Zeitungen, eigentlich sämtliche relevanten geschichtlichen Unterlagen sind, soweit noch vorhanden, hier in Verwahrung.

In einem sogenannten Zwischenarchiv werden auch die Unterlagen aus dem Rathaus, Sozialhilfeakten und ähnliches bis zum Ende der Aufbewahrungsfrist gelagert.

Am 8. April Tag der offenen Türe im Stadtarchiv

Beim Tag der offenen Türe am 8. April sind es aber meist die alten Unterlagen, die die Besucher begeistern, beispielsweise die älteste Urkunde von 1142, die Stadtlegungsurkunde vom 14. Juli 1428 oder das Klevsche Kataster von 1733. Das sind wunderschöne Karten von Millingen, Haldern und anderen Stadtteilen. Die Reeser Innenstadt ist dort nicht zu finden. Die zeigt Tina Oostendorp aber auf Wunsch auf einer Flurkarte von 1823: „Wenn man sich die ansieht ist man gleich zuhause. Fast alle Straßennamen und Straßenfluchten bestehen bis heute.“

Selbstverständlich kommen die Gäste nur im Rahmen einer ungefähr einstündigen Führung in die Nähe der alten Dokumente. Fotos, Bücher und aktuellere Unterlagen zu Reeser Themen können aber auch in Ruhe durchgeblättert und auf Wunsch fotografiert werden. Totenzettel und bestimmte Bücher werden auch verschenkt. An Stehtischen werden Plätzchen und Getränke angeboten.

Der Reeser Geschichtsverein zeigt alte Filmaufnahmen

Währenddessen kann man sich Filmaufnahmen aus den 1920er bis 1970er Jahren ansehen, die der Geschichtsverein RESSA zusammengestellt hat. RESSA arbeitet eng mit dem Reeser Stadtarchiv zusammen und nutzt die Gelegenheit, sich und die eigenen Forschungen vorzustellen.

Zum Ende einer jeden Rundführung wird Oostendorp auch einige Tipps geben, wie jedermann zu Hause seine Schriftstücke aufbewahren sollte. Sie zeigt wie die Metalleinsätze aus Ordnern nach 50 Jahren aussehen oder was passiert, wenn man Klarsichthüllen, Büroklammern oder Tesafilm verwendet.

Autor:

Dirk Kleinwegen aus Rees

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