Hansi und sein Mehlohrstollen
... oder warum eine geklaute Dachrinne meterweise für Christstollen sorgt
Seit drei Jahren veranstalten die „Heimatfreunde Bienen Grietherbusch Grietherort e. V.“ den Weihnachtsmarkt rund um ihr Bürgerhaus. Das unbestrittene Highlight ist sicherlich der Christstollen, gebacken von Hans „Hansi“ Schlaghecken.
VON DIRK KLEINWEGEN
(STADTANZEIGER EMMERICH-REES, 23.12.2017)
Im Jahr 2015 übernahm Hans Schlaghecken, gemeinsam mit Willi Tepferdt den Vorsitz bei den Bienener Heimatfreunden. Ihre erste große Herausforderung in dem Job war es, Geld für eine neue Dachrinne zu besorgen. Die alte Rinne war in einer Nacht- und Nebelaktion einfach abmontiert worden. Da hatte der gelernte Bäcker und Konditor die Idee, auf dem nächsten Weihnachtsmarkt meterweise Christstollen zu verkaufen.
Der Name für diesen Stollen war auch schnell gefunden. Sein Freund Güssi Becker hatte „Hansi“ Schlaghecken den Spitznamen „Mehlohr“ verpasst und daraus wurde dann der Name „Mehlohrstollen“ geboren.
Die Idee hat sich bewährt. Auch in diesem Jahr gingen ungefähr 100 Stollen über die Theke und waren schon gegen 15 Uhr vergriffen.
Selbst aus Bochum kam eine Anfrage, so erzählt Schlaghecken, nicht ohne Stolz, von einem Anruf: „Ich war voriges Jahr auf dem Weihnachtsmarkt bei Ihnen, wir sind weggezogen. Können sie mir zwei Stollen schicken. Ganz egal was es kostet.“ Diesen Wunsch erfüllte der Bienener dann auch gerne. Den Stollen als Weihnachtspräsente für sämtliche Mitarbeiter einer Firma zu liefern, lehnte er jedoch ab. Er backt seine Stollen nur für den einen Weihnachtsmarkt und möchte den hiesigen Bäckereien auf keinen Fall Konkurrenz machen.
Was das Besondere an seinem Stollen ist, beantwortet Schlaghecken mit: „Der gute Geschmack“ und lacht dabei. Er ergänzt aber sofort: „und dass ich nur die besten Zutaten verwende. Beispielsweise nutze ich nur australische Rosinen, die sind großbeerig und können daher mehr Rum aufnehmen.“
Die aufwendige Herstellung seines Stollens, hat Schlaghecken wie folgt erklärt: Zu Beginn werden die australischen Rosinen mit kaltem Wasser gewaschen und über Nacht in echtem Rum eingelegt. Am nächsten Tag werden die Mandeln angeröstet, zu den Rosinen gegeben und nochmals einen Tag stehen gelassen. Aus Mehl, Hefe, Butter, Zucker, Marzipan und Stollengewürz wird der Hefeteig hergestellt, aufwendig mit Vor- und Hauptteig. Dann werden die Rosinen und Mandeln hinzugegeben, die Marzipanstange eingefügt und dann schonend 60 bis 65 Minuten gebacken.
Nach dem Backen wird der Stollen komplett in Butter getaucht, damit er sich komplett einschließt, keine Feuchtigkeit mehr aufnimmt und nicht austrocknet. Danach bleibt er kurz stehen und wird dann gezuckert. Am nächsten Tag kann der Stollen eingepackt werden.
Die ungefähr 100 Stollen jedes Jahr kann Hans Schlaghecken natürlich nicht im heimischen Backofen anfertigen. Er backt daher die drei Chargen in der Backstube eines Freundes. Jeder Stollen wird dabei in einem eigenen Kasten mit Deckel gebacken. Dadurch verbrennen auch die Rosinen außen nicht.
Der Christstollen ist, sofern er kühl und dunkel gelagert wird, ohne weiteres ein halbes Jahr haltbar. „Wenn der lange liegt, schmeckt der sogar noch besser“, erklärte Schlaghecken, sogar das Einfrieren ist möglich.
Von industriell hergestellten Magarinestollen, der bei den Discountern ab 3 Euro pro Kilogramm verkauft wird, hält er wenig. Aber auch der Stollen in manchen Bäckereien, rechtfertigen nicht immer den hohen Preis.
Bäckereien hat er viele kennengelernt. In den letzten Jahrzehnten seines Berufslebens, hat er als Vertriebsmitarbeiter der Kleve Margarine-Union, deren Profi-Produkte für Bäckereien verkauft.
Wie der Stollen, so ist auch der ganze Weihnachtsmarkt in Bienen sehr erfolgreich. Während in den ersten beiden Jahren des Weihnachtsmarktes, mit den Erlösen die Vereinskasse der Heimatfreunde aufgebessert wurde, bekommt in diesem Jahr der Förderverein des St.-Theresien-Kindergartens einen Teil der Erlöse. Dass der Markt, aber auch das eigene und selbst bewirtschaftete Bürgerhaus so gut läuft, hat man allein dem unermüdlichen Einsatz der Vereinsmitglieder zu verdanken. Viele der Bienener sind direkt Mitglied in mehreren Vereinen des Ortes, wie Schützen, Fußball, Feuerwehr, Karneval. Somit kann man auch immer mit der Hilfe der anderen Vereine rechnen.
Die Weihnachtstage verbringt Hans Schlagecken übrigens im Kreise seiner großen Familie und selbstverständlich wird auch Christstollen gegessen.
Autor:Dirk Kleinwegen aus Rees |
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