Entdeckungen und andere Momente des Glücks

Haldern. Wenn sich die Farben des Regenbogens in Seifenblasen wiederfinden, Männer in Frauenkleidern, mit Blumenkränzen auf dem Kopf und falschen Schnurrbärten im Gesicht durch Sommerwiesen laufen und einem nach einer langen Nacht der Morgentau von den Bäumen auf die Lippen tropft, dann ist die Zeit im Jahr gekommen, in der ein Dorf einen zauberhaften Wandel durchläuft.

Wo steigen schon Bandmitglieder durch Fenster, um auch die Fans mit ihrer Musik zu beglücken, die keinen Platz mehr im Konzertsaal gefunden haben, wenn nicht in Haldern? Zum 29. Mal stellt ein Dorf etwas auf die Beine, das ihm Anfang des Jahres in Groningen zu der Auszeichnung „Festival Award Europa 2011“ in der Kategorie „Bestes kleines Festival“ verhalf.
Neben namhaften Künstlern wie „Thees Uhlmann & Band“, die durch Titel wie „Das Mädchen von Kasse 2“ in Erinnerung bleiben werden und „Ben Howard“ den manch einer erst erkannte, als er seinen Song „Keep your head up“ spielte, waren es wieder einmal viele noch eher unbekannte Interpreten, die sich in die Herzen der Fans sangen und spielten. Einer von ihnen war sicher Willis Earl Beal aus Chicago, der schon am Donnerstag im Spiegelzelt für Gesprächsstoff sorgte. Bewunderung für seine Authentizität brachten ihm jedoch auch all jene entgegen, die ihn bei seinem Auftritt im Tonstudio Keusgen erlebten und ihn im Rhythmus klatschend begleiteten, weil auch sie schon einmal geweint hatten.
Den anschließenden Auftritt des Namenspatrons ihres Mannes „Helmut“ nicht entgehen lassen wollte sich die ehemalige Karnevalsprinzessin Monika Schaffeld. Ebenso wie die übrigen Zuhörer des intimen Konzertes fand sie vor allem die Technik interessant, mit der der Solokünstler seine Stücke live arrangierte. Mit Hilfe einer sogenannten „Loopstation“, vermittelte der Berliner Gitarristen dem Publikum mit geschlossenen Augen den Eindruck, eine ganze Band zu verkörpern.
Weitere große Momente spielten sich jedoch auch auf der Hauptbühne und im Spiegelzelt ab. So waren sich der Canadier „Dan Mangan“ und sein Publikum einig, dass auch Roboter Liebe brauchen, die sympathische Elena Tonra erntete mit ihrer Formation „Daughter“ rasenden Beifall und die „White Rabbits“ begeisterten mit einer Mischung aus kraftvollen und sanften Pop-Klängen.
Sänger Niels Frevert outete sich und seine Begleiter als „die Typen, die nie üben“ und gab in seinen Texten Preis, seiner Liebe sogar zu helfen, eine Leiche zu verscharren, wenn's nicht seine ist. Die 27-jährigeVivian aus Bochum, die unter anderem nach Haldern gekommen war, um neue Bands kennenzulernen, blieb anschließend im Zelt, obwohl sie „Ben Howard“ gerne auf der Hauptbühne gehört und gesehen hätte. „Leider hat sich zeitlich Einiges verschoben und jetzt spielt er gleichzeitig mit den „Diagrams“, die ich gerne erleben möchte.“ Neu für sich entdeckt hatte sie am Donnerstag „Jamie N Commons“.
Und das Warten sollte sich lohnen: Sam Genders warme Bariton-Stimme überzeugte ebenso wie das wundervolle Bild bunter Luftballons, die der Frontmann der Band beim ersten Lied ins Publikum geworfen hatte, um seine Zuhörerschaft dann beim letzten Song zu bitten, sie aufzublasen und fliegen zu lassen. Für Melancholie in den frühen Morgenstunden des ersten offiziellen Festivaltages sorgte die attraktive „Wendy McNeill“, die, meist mit einem weißen Akkordeon bestückt, vom Schicksal der Akteure Eddy, Mary,Cora, Elyse und Krig erzählte. Ja, und nachdem die neunköpfige Band „Jaga Jazzist“ aus Norwegen mit ihrer instrumentalen Darbietung dem einen „zu anstrengend“ war, kommentierten wieder andere die letzte Band des Abends auf der Hauptbühne mit: „phänomenal“ und „klasse“.
Bereits im Vorfeld als „Gute-Laune-Verbreiter“ angekündigt, präsentierten sich darauf folgend die „Oberhofer“ mit unbeschwertem Indie-Rock. Allen voran Sänger Brad, der mit seinem glitzerndblauen Pajetten bestücktem Oberteil doch ziemlich aus der Reihe fiel. Wer danach noch immer nicht genug hatte und den Weg zum Zelt oder ins traute Heim noch nicht finden wollte, konnte ab 2:40 Uhr zu Stücken wie: „Alles dreht sich“ noch einmal das Tanzbein schwingen. Boris Lauterbach alias „König Boris“ rockte die Bühne mit seinem Projekt „Der König tanzt“, während sich draußen, bei sternenklarem Himmel, der Frühnebel auf die Felder legte und nicht nur Fuchs und Hase zu Bett gingen.

Autor:

Daniela Schlutz aus Rees

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