Weihnachten vor 70 Jahren
Ein Unglück mit zehn Toten lähmte 1949 die Stadt Rees

Die Gaststätte Reeserschanz auf der anderen Rheinseite konnte von Rees aus mit Fähre oder mit dem Boot erreicht werden. | Foto: Stadtarchiv Rees, Reproduktion: Dirk Kleinwegen
  • Die Gaststätte Reeserschanz auf der anderen Rheinseite konnte von Rees aus mit Fähre oder mit dem Boot erreicht werden.
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Vor 70 Jahren, im Jahr 1949, wurde nicht nur die Bundesrepublik Deutschland, die Deutsche Demokratische Republik und die Volksrepublik China gegründet, in Rees kam es im Dezember zum wohl größten Bootsunglück am unteren Niederrhein.

Am 26. Dezember hatte sich eine Gruppe von 14 jungen Menschen im Alter von 16 bis 24 Jahren in der Gaststätte Reeserschanz bei einer Tanzveranstaltung getroffen. Die meisten von ihnen waren Mitarbeiter der Firma Oldenkott. Gegen Mitternacht wollte sich die Gruppe auf den Rückweg begeben. Da es vor 70 Jahren in Rees noch keine Rheinbrücke gab und der Fährverkehr nachts eingestellt wurde, blieb nur die Fahrt mit dem Boot. Der 19-jährige Theo Pens holte die Gruppe mit einem Kahn von der anderen Rheinseite ab. Wilhelm Hommen, der 41-jährige Kellner der Gaststätte Reeserschanz, hatte gerade Feierabend und begleitete die Gruppe.
       Der Kahn, der die 16 Menschen über den Rhein transportierte, war gerade mal 4,80 m lang und 1,40 m breit und mit den 16 Personen zweifellos überlastet. Der schlechte Gesamtzustand des Bootes war allgemein bekannt.
       Der altersschwache Kahn war bei dem herrschenden starken Wind und Regen kaum steuerbar. Durch die hohe Beladung lag das Boot so tief im Wasser, dass größere Wellen in das Boot schwappen konnten.
       Es kam wie es kommen musste, auf Höhe des damaligen Rheinhotels Disch, kam es zur Katastrophe, das Boot kenterte und die 16 Personen versanken im rund fünf Grad kalten Rheinwasser. Vier Personen konnten sich schwimmend ans Ufer retten. Der von der Polizei alarmierte Fährmann Gerhard Hurkens begab sich mit seinen Söhnen Günther und Walter auf das Fährboot und versuchte die vermissten Personen zu retten. Betty und Willi Hartung, die mit den hohen Wellen kämpften, konnten die Hurkens retten.
       Für zehn Menschen kam leider jede Hilfe zu spät. Auch die zwischenzeitlich alarmierte Wasserschutzpolizei aus Emmerich und Wesel konnte keine weiteren Personen retten. Rhein, Kribben und das Ufer wurden zwar abgeleuchtet, das einzige was bei Stromkilometer 848 gefunden wurde, war der leere Kahn. Gegen neun Uhr wurde die verzweifelte Suche eingestellt.
Zu den sechs Personen, die sich retten konnten, gehörte Helmut Diederichs. An der ersten Kribbe unterhalb der Stadt Rees konnte er sich in Sicherheit bringen. Er eilte direkt nach Hause, zog sich um und legte sich ins Bett. In der Nacht kam die Polizei um den Eltern die schlimme Nachricht vom vermutlich ertrunkenen Sohn zu überbringen. Die Polizisten konnten sich aber davon überzeugen, dass Helmut friedlich in seinem Bett schlief.
      Bei den anderen Familien verlief die Sache nicht so glimpflich. Der Tot der zehn Personen brachte nicht nur große Trauer in die Familien der Opfer, die ganze Stadt wurde durch die furchtbare Nachricht tagelang gelähmt.
       Vor 70 Jahren wurde es als frevelhaft angesehen an so einem hohen Feiertag, dem zweiten Weihnachtstag, zu einem Tanzvergnügen zu gehen. Der Tabubruch der jungen Leute war Anlass für vielfältige Gerüchte. Das Wort vom Gottesurteil machte die Runde. In der Not hätten sich die Verunglückten gegenseitig in die Tiefe gerissen, daher hätten sich auch die guten Schwimmer nicht mehr retten können.
       Nach einem Hinweis von Dieter Roos beschäftigte sich Klaus Kuhlen vom Reeser Geschichtsverein mit dem Thema und verfasste für die Jahrespublikation „Reeser Geschichtsfreund“ einen Beitrag über das Bootsunglück. In Kürze soll auf Veranlassung des Geschichtsvereins eine Infotafel an der Unglücksstelle aufgestellt werden.
Dirk Kleinwegen / Stadtanzeiger Emmerich-Rees-Isselburg

Autor:

Dirk Kleinwegen aus Rees

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