Aus Lächeln wurde Staunen
Reeser Gymnasiasten zeigen „Alles Fassade?!“ im Rathaus / Bis 30. März kann man sich die Werke anschauen
Am Mittwochabend wurde im Reeser Rathaus die neue Kunstausstellung eröffnet. Die Schüler des Gymnasiums Aspel der Stadt Rees hatten sich in verschiedenen Kunstprojekten mit dem Thema „Alles Fassade?!“ beschäftigt.
VON DIRK KLEINWEGEN
(STADTANZEIGER 07.02.2018)
„Von einem Ort des Lächelns wird das Rathaus zu einem Ort des Staunens“ begrüßte Bürgermeister Christoph Gerwers die ungefähr 70 - 80 Schüler, Lehrer und Gäste. Er bezog sich damit ausdrücklich, nicht auf die Arbeit seiner Kolleginnen und Kollegen im Rathaus, sondern auf die Bilder in der Rathausausstellung.
Denn bis vor wenigen Tagen wurden an gleicher Stelle die Ergebnisse des Fotowettbewerbs „Erinnerung an die Alltagsmenschen“ gezeigt, die im Sommer 2016 in Rees zu Gast waren. „Das Lächeln über die Alltagsmenschen wurde“, so erläutert Christoph Gewers, „wegen der beachtlichen künstlerischen Leistung, durch ein anerkennendes Staunen abgelöst.“
Christoph Gerwers war beeindruckt durch die Professionalität, die von den Schülerinnen und Schülern bei der Planung und Realisierung der Ausstellungseröffnung an den Tag gelegt wurde.
„Die Ausstellung und auch das musikalische Rahmenprogramm zeigen“, so Gerwers, „das Kunst und Kultur in unserer Stadt nicht nur von Erwachsenen aus Rees und der Umgebung geprägt werden, sondern, dass auch junge Menschen, mit ihren tollen Arbeiten unsere Stadt bereichern.
Gerwers erinnerte zum Abschluss an eine Textpassage von Adel Tawil „Alles nur Fassade, schau mal genauer hin“ und gab das als Aufforderung an die Gäste weiter.
Bevor die Werke der Schüler vorgestellt wurden, sang Marion Sherwood äußerst eindrucksvoll die Arie „Deh vieni, non tardar“ aus der Oper „Die Hochzeit des Figaros“ von Wolfgang Amadeus Mozart. Die Musikpädagogin Dr. Janine Krüger begleitete die Schülerin am Klavier.
Die Ausstellung, an der sich 80 Schüler mit 100 Kunstwerken beteiligt haben, gliedert sich in zwei Aspekte - einmal in die architektonischen Fassaden und in die, im übertragenden Sinne, Fassade eines Menschen.
Die Kunstwerke aus dem Bereich Architektur stellte Kunstpädagogin Sarina Bernd vor. Die neunten Klassen haben Häusern aus Rees und Umgebung ein neues Gewand gegeben. Durch grafische und malerische Bearbeitung wurden allgemein bekannte und unbekannte Gebäude neu interpretiert. Viola Pierkes verzierte die Front der Stadtbücherei mit Blumen, das Haus Aspel in Haldern wurde von Johanna Heidemann-Brams im Stile des Künstlers Hundertwasser gestaltet und auch das Rathaus wurde zum Aquarium und der Wachturm am Skulpturenpark wurde mit einer Skyline aufgehübscht.
Diese Bilder, meist zusätzlich mit einem Foto des Originalgebäudes versehen, sind ebenso im ersten Obergeschoss des Rathauses zu finden, wie auch die Fassadengestaltung aus Ton der Jahrgangsstufe sieben. Unter Anleitung des Lehrers Heinrich Woltermann wurden in Gruppenarbeit Tonreliefs von Fassaden erarbeitet und anschließend farbenfroh bemalt.
Einen weiteren Schwerpunkt legten Schüler, die sich mit antiker Architektur oder nächtlichen Fassaden in ihren Kunstwerken beschäftigten.
Laut Kunstpädagogin Rahel Kraft haben die Schüler der Oberstufe Q1 und Q2 in vielschichtiger Weise auf und hinter die Fassaden von Menschen geblickt. Für den zweiten Aspekt der Ausstellung wurden Fotos, unter anderem aus Zeitungen oder dem Internet gesammelt und dienten als Ideenfundus für Acrylmalereien. Die Themen reichten dort von Emotionen, Fankulturen, Liebespaaren, träumende Menschen bis hin zu deformierte Körpern und Katastrophen.
Den VHS-Vorraum und das zweite Obergeschoss zieren, in dieser Ausstellung, aufwendig gestaltete fotografische Nachbilder kunsthistorischer Gemälde. Um die ausgewählten Kunstwerke von Rembrandt, Jan Vermeer, Albert Anker, Egon Schiele, Gustave Courbet oder anderen nachzustellen, wurden detailreiche Hintergründe dekoriert, vor denen sich die Schüler selber oder Freunde und Familienmitglieder in Szene setzten.
Eine weitere Möglichkeit das Thema Mensch und Fassaden zu behandeln, zeige die Objektkästen in Anlehnung an den französischen Künstler Christian Boltanski. „Durch Gebrauchsspuren, Daten, Fotos und alten Objekten, werden die fiktive Geschichten lebendig und bekommen den Anschein von Authentizität.“ erklärt Rahel Kraft. Dabei geht es um beispielsweise um Erinnerungen an eine Liebesgeschichte, Entführung oder Kriminalfälle.
Ein kleiner Teil der Ausstellung ist auch der Aufarbeitung des Nationalsozialismus gewidmet. Bereits im Rahmen des Holocaust-Gedenktages hatten Schüler des Reeser Gymnasiums eine Gedenkveranstaltung gestaltet.
Bis zum 30. März können die Werke der jungen Künstlerinnen und Künstler, zu den regulären Öffnungszeiten des Rathauses, ohne vorherige Anmeldung, bestaunt werden.
Autor:Dirk Kleinwegen aus Rees |
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