Auf Qualität achten
Ein Vorschlag von Christine Meininghaus für den nächsten Kunstsonntag
- aus dem Stadtanzeiger Emmerich-Rees-Isselburg vom 08.11.2017
- ungekürzte Version
- von Dirk Kleinwegen (Text + Fotos)
21 Künstler oder Künstlergruppen in 18 Ateliers stellten in Rees, Haldern, Mehr und Reeserward ihre Werke, anlässlich des traditionellen Reeser Kunstsonntag, den zahlreichen Besuchern vor.
Seit 2001 ist der Reeser Kunstsonntag ein fester Termin im Kalender der Kunstfreunde aus Rees und Umgebung. Vor 17 Jahren hatten Christine Meininghaus, Metin Yilderim und Michael Hoffmann die Veranstaltung in Zusammenarbeit mit dem Kulturamt der Stadt Rees ins Leben gerufen.
Mitinitiatorin Christine Meininghaus war seit Beginn jedes Jahr beim Kunstsonntag dabei - zuerst in Haldern, seit dem letzten Jahr in ihrem neuen Atelier „artstudio“ in Rees. Meininghaus kann auf 50 Jahre künstlerisches Schaffen zurückblicken. Aus dem Grund nutzte sie die Veranstaltung um ihre Werke aus fünf Jahrzehnten zu zeigen und wenn möglich auch an den Mann oder die Frau zu bringen.
Vor zehn Jahren hat sie ihren Stil von abstrakt auf gegenständlich geändert. Die aktuellen Bilder zeigen Portraits von interessanten Leuten, Tierbilder, aber auch phantastischen Realismus, beispielweise ein „rot tragendes Nashorn“, eine Frau die aus einem Schmetterling wächst oder ein Akt der aus Schildkröte herauskommt.
Als anerkannte Künstlerin steht Christine Meininghaus der Veranstaltung Reeser Kunstsonntag auch kritisch gegenüber: „Manche Besucher haben sich darüber beschwert, dass manche Aussteller eigentlich keine Kunst ausstellen, sondern irgendwas, das man nicht so bezeichnen sollte.“ Ihr Vorschlag wäre, nicht jeden Bewerber anzunehmen, sondern vermehrt auf Qualität zu achten.
Allgemein hat sich laut Meininghaus in den letzten Jahren ein Trend entwickelt, dass jeder male und dann meine, an die Öffentlichkeit gehen zu müssen: „Es gibt unzählige Kunstkurse, wo jede gelangweilte Hausfrau hingehen kann. Die bezahlen teilweise richtig viel Geld, um da etwas zu lernen. Und die Leute denken dann, wenn ich so viel bezahlt habe, bin ich auch gut.“
Ihren Künstlerkollegen Metin Yilderim, der in seiner Galerie Kunstkurse gibt, nahm sie davon aber ausdrücklich aus. Auch Yilderim beteiligte sich bisher an jedem Kunstsonntag. Der Künstler zeigte in seinem „Atelier Kunstforum“ seine sehr unterschiedlichen experimentellen Bilder. Vor 17 Jahren kam er aus privaten Gründen von Köln nach Rees, eröffnete sein Atelier in der Rheinstraße und schmiedete mit seinem damaligen Nachbarn Michael Hoffmann und Christine Meininghaus den Plan von einem Kunstsonntag in Rees: „Ich komme aus Köln, da hatten wir die offenen Ateliers jedes Jahr, manchmal eine Woche lang“.
Einen ganz besonderen Ausstellungsort konnte sich Sandra Schapdick sichern. Sie stellte ihre, mit Pastellkreiden und Aquarellfarben erstellten Kunstwerke, in den Kasematten unter dem Rheinpalais aus. Das große Mehrfamilienhaus ist normalerweise nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Da Schapdicks Freund dort wohnt, durfte sie diese Location nutzen. Ihre kleinformatigen Bilder passten dabei genau in die Nischen des Gewölbekellers.
Sandra Schapdick, die sich zum ersten Mal am Reeser Kunstsonntag beteiligt, malt in verschiedenen Stilrichtungen: „Weil ich selbst noch nicht weiß wo es hingehen soll, probiere mich gerade noch aus und versuche meinen Weg zu finden.“ Ihre Motive haben alle eine Bedeutung in ihrem Leben. In den Steinbildern verwendet sie beispielsweise Kieselsteine, die sie hier am Rhein aber auch in ihrem letzten Urlaub in der Bretagne gesammelt hat.
Als Grund an dieser Veranstaltung teilzunehmen gibt sie an: „Weil ich mir mal etwas trauen wollte, was ich mir eigentlich nicht zutraue. Ich war sehr krank und Freunde haben mich überredet hier mitzumachen.“
Auch June Erkelenz wählte für Ihre Kunstwerke einen außergewöhnlichen Ausstellungsort: Das Beerdigungsinstitut Klaczynski & Karlen in der Reeser Fallstraße. Ihre Bilder - nach dem Motto „Bilder für gute Laune“ - zeigten den Humor der 71-jährigen Engländerin, die seit 1987 in Bocholt lebt. In ihren Bildern geht es Mal um ein besoffenes Karnevalsschaf, Pommes-Frites-essende Schulkolleginnen oder ganz modern um das Thema „Selfie“. Anja Klaczynski präsentiert stolz die Ausstellungsstücke und erinnert sich an das erste Gespräch, als der Künstlerin angeboten wurde in einem Beerdigungsinstitut auszustellen. June Erkelenz hatte damit keinerlei Probleme: „Ich habe den schwarzen Humor. Das gehört doch zum Leben dazu. Schreibt doch einfach als Überschrift ‚Humorvolle Bilder bei Anja und Achim’ “
Eine Seitenstraße weiter beteiligte sich Kathrin Ising-Osterkamp an dem Kunst-Event. Sie zeigte farbenfrohe, abstrakte Heimatbilder. Sie lässt sich von der schönen Landschaft am Niederrhein inspirieren, besonders Rees und der Rhein haben es ihr angetan. Das zeigt auch ihr Bild zum diesjährigen Brückenjubiläum, bei dem sie nicht nur das Baujahr der Brücke, sondern auch den Stromkilometer im Rhein untergebracht hat.
Kathrin Ising-Osterkamp, nahm zum dritten Mal am Kunstsonntag teil. Nach fünf Jahren Babypause ist sie wieder dabei und freute sich bei „Wortreich Kuhlmann“ ausstellen zu können, während ihr Kind, gegenüber – dank Überwachung per Babyphone – in ihrem Wohnhaus, ruhig schlief.
Die Galerie „Mosimo“ beteiligte sich erstmalig an dieser Veranstaltung. Die aktuelle Ausstellung der Inhaber Simone Schneider und Olaf Müllers lautet „No Limits For Free Spirits“ und zeigt auch lokale Künstler: Michael Hoffmann, Michael Engemann, Waldemar Zech aus Rees oder Karl Reintjes und Trudy Gerritzen aus Emmerich.
Alle fünf bis sieben Wochen wechseln die Ausstellungen. Im Dezember beginnt mit einer Vernissage die Ausstellung zum Thema Weltreise. Bei den Ausstellungseröffnungen wird immer auch eine Tombola für einen guten Zweck veranstaltet. Die Erlöse der aktuellen Ausstellung gehen komplett an „Tiere in Not“.
Schneider und Müllers wollen sich bei den Ausstellungen nicht auf ein Thema festlegen, sie wollen vielmehr alle künstlerischen Bereiche bedienen und dabei insbesondere neue Künstler, Schüler und Studenten unterstützen: „Alle werden gleichbehandelt. Hier ist aber kein Platz für Künstler mit Profilneurose.“
Nach Rees sind die Inhaber von „Mosimo“ nur durch Zufall gekommen. Die befreundete Besitzerin des Ladenlokals überredete die beiden, die leerstehenden Räumlichkeiten nicht nur vorübergehend als Ausstellungsfläche zu nutzen, sondern dort eine Galerie zu eröffnen – mit Atelier im Keller und Privatwohnung im Obergeschoss.
Autor:Dirk Kleinwegen aus Rees |
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