Sprach-Kitas treffen sich zum fachlichen Austausch

Das Netzwerk Sprach-Kitas trifft sich zum fachlichen Austausch in den Räumlichkeiten des Caritasverbandes Kleve.
  • Das Netzwerk Sprach-Kitas trifft sich zum fachlichen Austausch in den Räumlichkeiten des Caritasverbandes Kleve.
  • hochgeladen von Verena Rohde

Am 26. Juni trifft sich der Verbund der Sprach-Kitas zum fünften Qualifizierungstreffen beim Caritasverband Kleve. Insgesamt 15 Sprach-Kitas nehmen seit anderthalb Jahren regelmäßig an Austausch- und Qualifizierungstreffen teil. 

Gemeinsam machen sie sich auf den Weg, in ihren Einrichtungen alltagsintegrierte Sprachbildung, inklusive Pädagogik und die Zusammenarbeit mit Familien zu stärken. Mit dem Bundesprogramm "Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist" werden bundesweit ca. 7.000 Einrichtungen im Zeitraum von 2016 bis 2020 gefördert. Der Bund stellt hierfür Mittel im Umfang von bis zu einer Milliarde Euro zur Verfügung. Damit werden in jeder Sprach-Kita eine zusätzliche halbe Fachkraftstelle finanziert, sowie die Fachberatung, die die Kitas inhaltlich begleitet und den Austausch im Verbund koordiniert. Zum 1. April wurde nun in Kleve ein zweiter Verbund von Sprach-Kitas gegründet, da vier weitere Sprach-Kitas hinzugekommen sind. Die 19 Einrichtungen verteilen sich auf die Standorte Emmerich, Elten, Kleve, Goch, Kranenburg und Bocholt.
Der Austausch unter den Kitas hat im Bundesprogramm einen großen Stellenwert. Viermal im Jahr findet ein eintägiges Qualifizierungstreffen statt, an dem alle Kita-Leitungen und die durch das Programm geförderten zusätzlichen Fachkräfte teilnehmen. Während dieser Treffen werden inhaltliche Anregungen durch die Fachberatung vermittelt und der Austausch zwischen den Einrichtungen angeregt. Als Fachberatung begleitet Dr. Juliane Hasselaar vom Caritasverband Kleve die 15 Sprach-Kitas. "Neben den Qualifizierungstreffen haben sich auch vierteljährliche Austauschtreffen nur mit den Sprach-Fachkräften und zweimal im Jahr Treffen mit den Leitungen bewährt", sagt Hasselaar. Jede Kita finde ihren eigenen Weg und habe großartige Ideen zur konkreten Umsetzung im Alltag, von denen auch die anderen Teilnehmer im Verbund profitieren könnten. Außerdem bieten die Austauschtreffen eine gute Plattform, auch einmal über Dinge zu sprechen, die noch nicht ganz optimal laufen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. In kleineren Gruppen-Treffen werden zusätzlich einrichtungsrelevante Themen besprochen, die aktuell anliegen. Juliane Hasselaar freut sich, die Fachberatung seit Mitte April nun verbundübergreifend gemeinsam mit ihrer neuen Kollegin Kristina Timmer gestalten zu können.

Martina Ziems vom Familienzentrum Christus König in Kleve sowie Cécile Lantau aus der Kita St. Aldegundis in Emmerich sind schon seit 2016 als Sprach-Fachkraft mit dabei im Bundesprogramm. Sie dienen als Multiplikatorinnen, die ihr Wissen und neue Informationen an das Kita-Team ihrer eigenen Einrichtungen weitergeben. So werden im gesamten Team der Einrichtungen Ziele vereinbart und diese dann im Alltag in jeder Gruppe begleitet. Dadurch wird jedes Teammitglied darin unterstützt, einzelne Ziele zu verwirklichen und eigene Ideen zu entwickeln. "Auf diese Weise sollen alle Kinder tagtäglich in ihrem Alltag durch die Sprach-Kita profitieren und nicht nur zu bestimmten Zeiten Sprachförderung in Kleingruppen stattfinden, so wie das in Vorläuferprojekten üblich war", betont Hasselaar.
Kitas, die am Bundesprogramm "Sprach-Kitas" teilnehmen dürfen, haben alle einen hohen Anteil mehrsprachiger Kinder. Da die Kinder oft in ihrer Herkunftssprache sprechen, nimmt das Sprachvorbild der pädagogischen Fachkräfte einen größeren Stellenwert beim Deutschlernen ein. "Die Kinder profitieren davon, wenn das Sprachinput durch die Fachkräfte genau auf den Spracherwerb ausgerichtet ist, zum Beispiel häufiges Benennen, das sprachliche Begleiten eigener und der kindlichen Handlungen, viele Wiederholungen, offene Fragen, das bewusste Schaffen von Gesprächsanlässen, aber auch der Einsatz von visuellen Hilfen", nennt Juliane Hasselaar als Ziel des Projektes. Die Beziehung zu den Kindern ist hierbei immer die entscheidende Basis, da Lernprozesse in einer positiven und vertrauensvollen Atmosphäre viel leichter und nachhaltiger ablaufen.

Alltagsintegrierte sprachliche Bildung kann in vielerlei Weise stattfinden. Diese können zum Beispiel in Form eines internationalen Lesetages einer Kita umgesetzt werden. Dabei benutzen Mitarbeiter mehrsprachige Materialien, um auch die Eltern und ihre Sprache miteinzubeziehen. Denn für eine verbesserte sprachliche Bildung stehen die Zusammenarbeit mit den Familien, sowie auch die wertschätzende Inklusion der gesellschaftlichen Vielfalt, beispielsweise die Mehrsprachigkeit der Kinder und Eltern.

Martina Ziems vom Familienzentrum Christus König berichtet, dass zurzeit Kinder mit 16 verschiedenen Erstsprachen die Einrichtung besuchen. Sie alle erhalten in ihrem alltäglichen Miteinander Sprachanregungen, zum Beispiel beim Anziehen, Wickeln, Tisch decken oder den gemeinsamen Mahlzeiten. Das Sprachvorbild der Erzieherin ist hierbei besonders wichtig. "Mit häufigen Wiederholungen unterstützen wir den Aufbau und die Festigung von Wortschatz und Satzbau", sagt Ziems, "und unsere Sprache wird genau dem Sprachentwicklungsstand des Kindes angepasst." Um die neue Sprache zu erlernen, sei für Kinder die Interaktion und die Verknüpfung mit direkten Erlebnissen und Sinneserfahrungen ein wichtiger Bestandteil. Daher bietet die sprachliche Begleitung beispielsweise beim Backen und Kochen, beim Turnen, beim Musikmachen, bei der Durchführung von Experimenten oder auch bei einem ‚einfachen‘ Spaziergang im Wald ein großes Sprachpotenzial. "Bei diesen alltäglichen Handlungen können die Kinder die Zutaten fühlen, schmecken und riechen, ihre Körperwahrnehmung schulen, Akustik und Rhythmus unterstützend wahrnehmen und Zusammenhänge entdecken, darüber staunen und begreifen", erklärt Martina Ziems begeistert. Hierdurch wird Sprache erfahrbar und Bedeutungen erschließen sich den Kindern in ihrem gemeinsamen Tun.

In der Kita St. Aldegundis werden die Erzieher nach Zustimmung sogar einzeln gefilmt, um ihr Verhalten gegenüber den Kindern zu optimieren. Dabei zeige sich manchmal, dass die sprachliche Anregung schon sehr vielfältig und professionell ist. Verbesserungspotenzial läge dann vielleicht eher in der Körperhaltung, die auch ein Ausdruck der Beziehung ist und einen großen Einfluss auf das Gesprochene hat. Cécile Lantau beobachtete in ihrer Kita beispielsweise, dass ihre Kolleginnen nun viel häufiger mit den Kindern auf dem Fußboden sitzen und jetzt fast immer auf Augenhöhe mit den Kindern kommunizieren.

"Solche Veränderungen durch das Bundesprogramm Sprach-Kita erscheinen oberflächlich klein, haben jedoch einen großen Effekt", freut sich Juliane Hasselaar. Durch die gemeinsame Situation beim Spaziergang, im gemeinsamen Spiel, beim Tischdecken oder anderen Alltagsituationen, können die Kinder in Sprache baden. Es werden Impulse gesetzt, miteinander Deutsch zu sprechen und die Fachkräfte können die Interessen der Kinder gut wahrnehmen und darauf eingehen. "Ganz entscheidend ist hierbei, dass die Erzieher für die Kinder eine Vorbildfunktion einnehmen. Die Kinder übernehmen unbedacht deren Verhalten, ohne dass ihnen etwas vorgegeben wird", freut sich Cécile Lantau. Dies geschieht jeden Tag, weshalb diese Art von Sprachbildung so effektiv ist.

Zusätzlich sind die Beziehung zu den Eltern und die damit verbundenen Gespräche von großer Bedeutung. Sprachkompetenzen eröffnen allen Kindern gleiche Bildungschancen und sorgen damit für mehr Chancengleichheit. Das heißt, die Eltern werden ermutigt, auch Zuhause Alltagssituationen stärker zur Sprachbildung zu nutzen, egal ob auf Deutsch oder in ihrer Muttersprache. Wichtig ist, dass es ihre "Sprache des Herzens" ist. Auch ist es sinnvoll, dass die Eltern ihren Kindern mit gutem Beispiel vorangehen, Deutsch zu lernen.

Aus diesen Alltagserfahrungen geben die Fachkräfte im Rahmen der Netzwerktreffen ihre Erfahrungen an die Kollegen der anderen Einrichtungen weiter, sodass jeder mit neuem Input das Treffen verlässt. "Für uns sind die konkreten Praxisbeispiele aus den Einrichtungen sehr hilfreich, um unsere Arbeit und unser Verhalten gegenüber den Kindern und Eltern zu reflektieren und uns weiterzuentwickeln", sagt Ziems. Juliane Hasselaar sieht hierdurch in der Netzwerkarbeit einen entscheidenden Faktor, die Qualitätsentwicklung in den Sprach-Kitas zu steigern und auf einem hohen Niveau zu halten. Als Fachberatungen stehen sie und Kristina Timmer den Fachkräften und Kita-Leitungen mit ihrem Fachwissen und neutralem Blick von außen auch außerhalb der Treffen zur Seite.

Autor:

Verena Rohde aus Kleve

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