Ein Geschenk, ein Geschenk - Poesiealbum von 1913
Resi Timmer ist am Telefon. Erzählt von einem alten Poesiealbum, das sie verschenken möchte. Wie bitte? Von 1913? Und das soll verschenkt werden? "Ja, es ist eben nicht von mir. Ich habe es von einer alten Dame bekommen. Sie wurde von mir betreut - und als Dank hat sie mir ihr Poesiealbum geschenkt." Das ist jetzt auch schon rund 20 Jahre her. Und weil Resi Timmer nicht möchte, dass das Poesiealbum im Abfall landet, "weil meine Kinder damit ja nichts anfangen können", hat sie das gute Stück zum Klever Wochenblatt gebracht.
Die alte Schrift - zum Teil kann ich lesen und verstehen, aber alles kann ich nicht entziffern. Ich bewundere die Schönschrift und denke "arme Kinder - die waren doch sicher super gedrillt." Die kleinen Gedichte entführen in eine andere Zeit. Eine, die ich auch nicht kenne. Erster Weltkrieg, 1914. Einige Einträge. Aber nichts , was an Krieg denken lässt. Manches lässt schmunzeln, manches lachen. Zum Beispiel das: ... So denke an Kaiser Wilhelms Wort: Lerne leiden ohne zu klagen". Keine Spur von Emanzipation. Poesiealben wurden nur von Mädchen geführt und oft gehütet wie ein Schatz. Da durfte der Kaiser nicht fehlen und in Vorbereitungs aufs echte Leben gab eine Freundin einen bestimmt gut gemeinten Rat. Leiden ohne zu klagen - 1915, der Krieg sollte noch drei Jahre dauern.
Beim Durchblättern fällt auf: das Buch muss zwei Schwestern gehört haben. Änne und Tony. Änne war wohl die ältere, Einträge an Tony sind deutlich nach 1918 datiert.
Ein Pfingstgruß findet sich auch im Poesiealbum - und jetzt viel Spaß beim Lesen, Stöbern, Kombinieren.
Autor:Annette Henseler aus Kleve |
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