Adventszeit ihrer Kindertage - meine Mutter Ursula Verhoeven erzählt
Keine Frage - als ich Dirk Bohlens Mitmachaktion „Adventszeit meiner Kindertage“ entdeckte, wollte ich mich gern beteiligen. Nur - oh Wunder ;-) fiel mir gar keine spannende Anekdote dazu ein! Da ich an diesem Tag eh meine Ma besuchen wollte, beschloss ich, sie dazu zu befragen. Wie sich nach kurzer Zeit herausstellte, hatte sie es jedoch so verstanden, dass es um ihre Erinnerungen ginge. Da diese aus den Dreißigern und Vierzigern stammen und wirklich interessant sind, wie ich meine, beschloss ich, meinen Beitrag darüber zu verfassen.
Ihre Augen beginnen zu strahlen und ein ganz besonderes Lächeln erscheint auf ihrem Gesicht. „Damals im Krieg wohnten wir in einer Wohnung mit einem Zimmer für vier Personen. Mit der Adventszeit verbinde ich den Duft nach selbstgebackenen Plätzchen, fast immer standen Butterkekse bereit. Jedes Jahr gab es einen Weihnachtsbaum mit einer Christbaum-Spitze oben, bunten Kugeln und vor allem - ganz viel Lametta!“ Weiter erinnert sie sich an die echten Kerzen im Baum „Ja, das war ganz schön gefährlich damals. Die Geschenke waren durchweg praktischer Natur, so waren wir begeistert, wenn uns meine Mutter ein neues Kleidungsstück geschneidert hat.“
Da wurden die Sorgen und Nöte des Krieges und der Nachkriegszeit auch einmal vergessen. „Du musst Dir das so vorstellen“, fährt sie fort. „Damals in Berlin war fast jede Nacht Alarm. Nachdem die Kinder abends zu Bett gebracht wurden, trafen sich die Erwachsenen in der Wohnung unter uns. Bis zum Alarm wurde erzählt oder Karten gespielt. Wenn die Sirene schließlich heulte, sprangen die Mütter auf, zogen die Kinder an, nahmen den gepackten Notfallkoffer und dann ging's so schnell wie möglich zum Bunker.“
Mit nach innen gerichtetem Blick erzählt sie weiter: „Wir haben unglaubliches Glück gehabt, unser Haus war das einzige, das von einem ganzen Häuserzug übrig geblieben ist.“ Auch hätten die Kinder kaum Angst verspürt: „Am nächsten Tag sind wir alle raus auf die Straße. Es wurde gewetteifert, wer die meisten Geschoss-Splitter gesammelt hat. Wenn unsere Eltern gewusst hätten, dass die zerbombten Häuser unser Abenteuerspielplatz war, wären sie tausend Tode gestorben!“
Nach dem Krieg hatten sie nochmals Glück. Während viele Frauen und Mütter mit der Eisenbahn aufs Land fuhren, um Teppiche, Besteck, Schmuck und andere Wertgegenstände gegen Kartoffeln und Speck einzutauschen, lebten sie in der ersten Zeit von den Überresten aus einer zerstörten Ölsardinen-Fabrik.
Langsam kommen wir wieder in der Gegenwart an. „Was haben wir es doch heute gut und wissen es gar nicht zu schätzen“, schießt es mir durch den Kopf. „Dafür machen wir uns dann jede Menge unnötigen Weihnachtsstress...“
Autor:Christiane Bienemann aus Kleve |
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