Interview: Kann das Warten auf das Christkind Hoffnung versprühen?
Die Hoffnung auf das Kind in der Krippe
In diesen Tagen startete die etwas andere Vorweihnachtszeit. Auf einen Weihnachtsmarkt, große Familienfeste und Weihnachtsgottesdienste muss in diesem Jahr verzichtet werden. Wir haben mit dem Theologen Kevin Hellmuth, der nach seinem Studium im österreichischen Innsbruck und einer Anstellung in Gießen, den Weg zurück in seine Heimat den Niederrhein gefunden hat, gesprochen.
1. Weihnachten steht vor der Tür. Welche Möglichkeiten hat man trotz Distanz sich gemeinsam auf das Weihnachtsfest vorzubereiten?
Ich denke, dass eine gemeinsame Vorbereitung auf Weihnachten möglich ist. Klar, ein Besuch auf dem Weihnachtsmarkt mit vielen Freunden geht leider nicht. Doch das heißt nicht, dass wir uns isoliert auf Weihnachten vorbereiten müssen, sondern eher, dass wir es reduziert tun dürfen. Mit unseren Familien, mit engen Freunden, mit Menschen, die uns wichtig sind, auch, wenn wir sie vielleicht nicht alle besuchen können. Doch gerade dadurch, dass die ganzen Weihnachtsfeiern, das vorweihnachtliche Shopping oder der Weihnachtsmarkt ausfallen haben wir etwas, was wir vor Weihnachten viel zu selten haben: Zeit.
Ich glaube wir tun uns allen einen großen Gefallen, wenn wir nicht darüber klagen, was wir alles nicht können, sondern versuchen, das was geht zu genießen, kreativ zu werden, aber auch unsere modernen Möglichkeiten nutzen, um füreinander da zu sein. Ich selbst habe in letzter Zeit so viel telefoniert wie über Jahre nicht mehr oder, wenn ich dann mal einen Freund oder Verwandten besuche, genieße ich es, dass wir mal allein miteinander reden und Zeit verbringen können. Wir lernen einander und uns selbst so ein bisschen besser kennen, besinnen uns auf das und diejenigen die uns wichtig sind und, haben Zeit für jene, denen wir am Herzen liegen. Die Vorbereitung wird kleiner, ruhiger, individueller, aber genau das kann auch der Reiz daran sein in diesem Jahr. Einmal nicht das Routineprogramm abspulen, sondern sich selbst und die eigene Weihnachtsvorbereitung neu erkunden.
2. Versprüht das Kind in der Krippe ein wenig Hoffnung und Zuversicht?
Wenn man bedenkt unter welch widrigen Umständen es auf die Welt gekommen ist, kann es das auf jeden Fall. Ein Kind, geboren zur Unzeit am Rand der damals bekannten Welt und genau das soll die, wie es in einigen Weihnachtsliedern heißt, neue Hoffnung für die Welt sein. Widrige Umstände herrschen eindeutig auch in diesem Jahr. Aber ich denke, das Kind kann uns daran erinnern, dass auch aus diesen heraus etwas Gutes entstehen kann. Vor allem zeigt es uns, dass nicht alles perfekt sein muss, damit etwas Wunderbares und ein schönes Weihnachtsfest entstehen können. Oft wünschen wir uns so verbissen ein harmonisches und perfektes Weihnachten, dass wir dabei die Freude am Fest ganz vergessen und es nicht genießen können. Vielleicht tut uns dieses „virale“ Ausbremsen da auch mal ganz gut. Und bei einem können wir uns ohnehin sicher sein: unvergesslich wird es in jedem Fall und hoffentlich auch einmalig, so wie das Kind, dass wir da feiern. Das Kind, das in den Widrigkeiten den Menschen besonders nahe war und vielleicht gerade jetzt, wo Weihnachten „ruhiger“ sein wird die Chance hat uns heute ein bisschen mehr nahe zu sein, weil wir keinem perfekten Fest nachrennen, sondern es auf uns zu kommen lassen ja geschehen lassen müssen.
3. Welche Lösungen liefert der Glaube auf die Probleme in der Pandemie wie Einsamkeit?
Ich glaube nicht, dass der Glaube Lösungen liefert, aber sehr wohl, dass er uns helfen kann welche zu finden.
Als die Pandemie begann, gab es viele, die unkompliziert geholfen haben und gezeigt haben: Ein WIR ist stärker als jede Herausforderung und auch stärker als dieser Virus. Und das ist auch etwas, wozu einen der Glaube ermutigen kann, bei allem Frust und aller Sorge das „Wir“ nicht aus den Augen zu verlieren und füreinander da zu sein. Wenn man es biblisch sagen will: Den Nächsten nicht vergessen. Es gibt ja das berühmte dreifache Gebot der Nächsten-, Gottes- und Selbstliebe und ich denke, dass kann in dieser Zeit auch ein Leitfaden sein. Selbstliebe kann heißen, dass wir uns selbst auch mal genug sein können, wir uns nicht nur über andere definieren, sondern selbst wertvoll sind und auch selbst mal unserer eigenen Aufmerksamkeit bedürfen, Nächstenliebe, eben genau das Beschriebene, dass wir Wege suchen auch im „Social Distancing“ füreinander da zu sein und die Gottesliebe, die vielleicht gerade dann wenn man sich besonders einsam fühlt einem zeigt, dass man eben doch nicht ganz allein ist, dass da noch jemand ist, mit dem ich reden kann, oder den ich auch mal anschreien kann, wenn mir alles auf die Nerven geht.
Ich glaube viele Kleinigkeiten können Anregung sein, was sich aber durchzieht sind sicher: Rücksichtnahme, Sorge um die eigene, vor allem auch psychische Gesundheit und eben diese Hoffnung nie ganz allein zu sein und in dieser auch mit vielen anderen, gerade zu Weihnachten, dem Fest der Hoffnung verbunden zu sein.
Autor:Tim Tripp aus Kleve |
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