Rabattverträge = Körperverletzung auf Rezept?
Zwar ist die Überschrift etwas provokant, aber die folgende Begebenheit - die sich heute in Kleve tatsächlich so zugetragen hat - legt den Verdacht (nicht erst seit heute) nahe, dass die Gesundheit und das Wohlbefinden der Patienten den für die Rabattverträge der Krankenkassen Verantwortlichen am Allerwertesten vorbeigehen. Und zwar gründlich.
Der Fall:
Die bekannte Situation: Eine chronisch kranke Kundin/Patientin gibt in der Apotheke ihres Vertrauens ein Rezept für ihre monatlich benötigte Medikamentenpackung ab.
APOTHEKERIN: „Dieses Medikament dürfen wir Ihnen nicht mehr geben wegen der Rabattverträge. Ich muss Ihnen ein Generikum geben.“
KUNDIN/PATIENTIN: „Aber letztes Quartal habe ich das auf dem Rezept angegebene Original doch anstandslos bekommen.“
APOTHEKERIN: „Aber jetzt gelten neue Rabattverträge, deshalb darf ich das Originalmedikament nicht mehr ausgeben. Es sei denn, Ihr Arzt kreuzt auf dem Rezept an, dass Sie das Original bekommen müssen. Das müssen Sie aber mit dem Arzt klären.“
KUNDIN/PATIENTIN – verstimmt über den Umstand – kehrt mit dem Rezept zum Arzt zurück und bitte um die Bestätigung des Originalmedikaments.
ARZT: „Tut mir leid, die Hausärzte im Kreis Kleve haben sich geeinigt, diese Bestätigung NICHT auszustellen. Wenn wir das tun, werden WIR hinterher in Regress genommen für die teuren Medikamente. Sie müssen das Generikum nehmen.“
KUNDIN/PATIENTIN: „Aber von dem Generikum wird mir immer übel.“
ARZT: „Tut mir leid, aber ich habe keine Wahl, sonst ruiniere ich meine Existenz, wenn ich mich nicht an die Vorschriften halte.“
KUNDIN/PATIENTIN: „Es kann doch nicht angehen, dass mir jeden Morgen Übelkeit zugemutet wird nur wegen dieser Sch...rabattverträge. Und überhaupt: Letztes Jahr habe ich noch ein anderes Medikament bekommen, das ich gut vertragen habe und das durfte ich dann nicht mehr erhalten wegen der Rabattverträge. Sie wissen doch noch, dass wir zig Medikamente ausprobieren mussten, bis wir endlich eins gefunden haben, das ich vertrage. Und jetzt bekomme ich das auch nicht mehr?“
ARZT: „Leider nein. Tut mir leid. (Er prüft etwas in der Patientenakte) Ah, der Wirkstoff des früheren Medikaments ist wieder freigegeben. Das Originalmedikament darf ich zwar nicht mehr verschreiben, aber eins mit demselben Wirkstoff. Wollen wir das mal versuchen?“
KUNDIN/PATIENTIN (ungehalten): „Ich will das Medikament, das ich vertrage. Es kann doch nicht angehen, dass ich dauernd ein anderes Medikament bekomme nur wegen diese saudämlichen Rabattverträge.“
ARZT: „Tut mir leid, aber genau darauf läuft es hinaus. Uns Ärzten gefällt das ebenso wenig, weil es uns erschwert, die Patienten vernünftig auf ein Medikament einzustellen, aber wir können nichts dagegen tun, wenn wir nicht Regress riskieren wollen. Wollen wir mal das andere Medikament mit dem alten Wirkstoff ausprobieren?“
KUNDIN/PATIENTIN (verärgert): „Das heißt, ich habe jetzt die Wahl zwischen Teufel und Beelzebub – zwischen meiner Krankheit und den unerwünschten Nebenwirkungen dieser Generika.“
ARZT (mitfühlend blickend und bedauernd die Schultern zuckend): „Nehmen Sie Beelzebub; denn der Teufel ist erheblich schlimmer.“
KUNDIN/PATIENTIN (grummelnd): „Okay, ich versuche den alten Wirkstoff im neuen Gewand.“
KUNDIN/PATIENTIN kehrt in die Apotheke zurück und reicht das neue Rezept ein.
APOTHEKERIN: „Oh tut mir leid, dieses Medikament darf ich Ihnen nicht mehr geben, nur ein Generikum mit demselben Wirkstoff …“
PS: Den darauf folgenden Tobsuchtsanfall der Kundin/Patientin blenden wir diskret aus, weil die dabei verwendeten Flüche nicht jugendfrei waren.
Autor:Mara Laue aus Kleve |
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