Die Augen links
Kirchturmdenken bei der LAGA in Kleve?

In einem heute in der Rheinischen Post/Grenzland Post veröffentlichten Interview mit dem Vorsitzenden der FDP-Fraktion im Rat der Stadt Kleve, Daniel Rütter, wird einmal mehr deutlich, wie ausgeprägt das "Kirchturmdenken" in den politischen Reihen zu sein scheint. Es geht dabei um die bevorstehende Landesgartenschau 2029 in Kleve und die dafür geplanten Aufwendungen für Werbung und Marketing.

Während das Planungsbüro DTP Landschaftsarchitekten GmbH, das mit der Ausarbeitung einer umfassenden Bewerbungsmappe für die LAGA beauftragt wurde, auf den Seiten 96ff. nachollziebare Aussagen und Angaben zu die späteren Kunden- und Besucher-Potenzialen, dessen Anreisemotivationen und die daraus für die Stadt Kleve resultierenden Ertragsprognosen in mehrerlei Betrachtungen vorträgt, scheint genau diese fachliche Ausarbeitung den FDP-Fraktionsvorsitzenden nur wenig zu beeindrucken. Das Fachbüro legt mehrere sogenannte Isokronen um Kleve und stellt damit die Regionen und Orte fest, aus denen die Besucherströme zur LAGA in Kleve zu erwarten sind. Dabei zeigt jede Isokrone unterschiedliche Anreisezeiten an. Ein Instrument, das sich unter Touristikern und Projektentwicklern schon längst etabliert hat, um Einzugsgebiete, auch Quellgebiete/Quellmärkte genannt, zu definieren. Diese Isochronen für die LAGA 2029 überlagern nicht nur weite Teile der Niederlande, sondern auch Belgien und auch Regionen in unserem eigenen Land.

Rütter scheint daran nicht zu glauben und stellt die einschlägigen Ausführungen der Expertise in Frage. Gegenüber der Rheinischen Post/Grenzland Post erklärt er:

"...Zudem muss man sehen, dass sich Kleve in NRW in einer Randlage befindet. Besucher aus Dortmund, Bielefeld oder Bonn werden kaum kommen. Daher müssen wir uns bei der Ausgestaltung und Werbung auf die Niederlande fokussieren, da liegt unser Einzugsgebiet. ..."

Sicher, es steht im zu, Zweifel zu äußern. Das ist auch gar nicht die Kritik, die ich mit diesem Artikel äußere. Vielmehr kritisere ich, dass er keinerlei Begründung für seine Behauptung darlegt.  Woran macht er fest, dass kaum Besucher und Gäste aus den benannten Städten nach Kleve zur LAGA 2029 anreisen werden?

Klar, man kann natürlich seine eigenen Wahrnehmungen aufgrund des "Shopping-Tourismus" zu Grunde legen, warum man Zweifel hat, dass Besucher und Gäste aus den besagten deutschen Städten kaum zur LAGA anreisen würden. Betrachtet man nämlich die Anreisemotivationen von Gästen und Besuchern im Hinblick auf das Einkaufs- und Shoppingerlebnis in Kleve, wird man durchaus richtig liegen, dass Kunden aus Dortmund etc. wohl kaum nach Kleve kommen um hier einzukaufen. Da sind es tatsächlich eher die Niederländer, die zur Kaufkraftstärkung in Kleve beitragen. Keine Frage. In den benannten deutschen Städten werden eigene Einkaufswelten vorgehalten mit eigenen Einzugsgebieten. Da steht Kleve gewiss nicht in den unmittelbaren Wettbewerb.

Hier geht es allerdings nicht ums Shoppingerlebnis als Anreisemotivation - hier geht es um die Landesgartenschau, dessen Anziehungskraft mit verschiedenen Benchmarks untermauert werden kann. Und genau das hat das Planungsbüro DTP Landschaftsarchitekten GmbH getan und dabei das Portfolio an Anreisemotivationen als sehr heterogen ausgearbeitet. Es ist rätselhaft, warum im kommunalpolitischen Raum der Stadt Kleve ohne jedwede Begründung solche Zweifel erhoben werden, wie sie von Daniel Rütter geäußert werden.

Schon bei der politischen Diskussion über den Neubau einer Sportbootschleuse im Klever Ortsteil Brienen wurden von den (politischen) Gegnern des Projekts nur die äußerst niedrigen Zahlen der Schleusungen, die vor der endgültigen Schließung des Bauwerks für den Boots- und Schiffsverkehr im Jahr 2015 festgestellt wurden, als vermeintliche Benchmarks und Referenzen genutzt. Hieraus wurden dann die persönlichen Einschätzungen über die zukünftige Wirtschaftlichkeit einer Sportbootschleuse getroffen. Dass diese Zahlen das Todesurteil des Projektes unterstreichen sollten, war natürlich klar. Die Klever Politik ignorierte ebenso wie die Verwaltungsspitze die Beauftragung einer touristischen Potentialanalyse, die belastbares und diskussionsfähiges Material über zukünftige wassertouristische Potenziale liefern sollte und auf die eine seriöse Auseinandersetzung abgestellt hätte werden können.

Bei der LAGA liegt eine solche Potenzialanalyse in professioneller Form vor. Und was macht die Politik nun? Sie weiss es scheinbar wieder irgendwie besser, publiziert irgendwelche Thesen und Hypothesen und das ohne jedwede Begründung und Darlegung. Nicht "think big", sondern "think netherlands" ... die Augen links...

Wie kleingeistig wird in unseren poltischen Organen eigentlich gedacht und gehandelt? Ist dort das Denken nur auf einen Kirchturm ausgerichtet, dessen Spitze sich in Richtung Niederlande neigt?

Hier der Link zum RP-Artikel: http://rp-epaper.s4p-iapps.com/artikel/1259001/32742251
Hier der Link zur Bewerbungsmappe zur LAGA 2029 der Stadt Kleve: https://www.kleve.de/system/files/2024-03/bewerbungsbroschuere_zur_landesgartenschau_2029.pdf

Bildquelle: Stadt Kleve

Autor:

Helmuth Plecker aus Kleve

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