Neue Mogelpackung?
Elementarschaden-Versicherung für alle
Elementarschaden-PFLICHT-Versicherung für ALLE?! Was meint ihr - eine neue Mogelpackung?
Die aktuellen Bilder aus Bayern und Baden-Württemberg sind schrecklich. Unfassbare Wassermassen nehmen vielen Menschen in diesen Regionen seit Tagen ihr Hab und Gut. Viele Menschen besitzen dazu keine Elementarschaden-Versicherung und stehen jetzt vor dem finanziellen Ruin.
Aus den Länderregierungen unserer Republik werden die Stimmen laut, eine Pflicht zum Abschluss einer Elementarschaden-Versicherung auf die gesamte Bevölkerung auszurollen. Der Solidargedanke wird argumentativ vorne angestellt. Wir alle sollen den punktuellen Bedarf absichern und halten so für die Menschen in riskanten Gebieten die Beiträge für die Versicherungen niedriger als bisher, so der Plan. Denn, wenn alle, Haus- und Wohnungseigentümer sowie durch Umlage auch Mieter, höhere Versicherungsbeiträge zahlen, steigt der Ertrag der Versicherungen (und die Börsenwerte der Gesellschaften) und damit können die derzeit hohen Beiträge für Versicherungsnehmer in Risikogebieten gesenkt werden. Das Risiko Einzelner soll auf die Schultern Aller verteilt werden.
Aber, ist diese Pflicht der richtige Weg?
Als Steuer- und Beitragszahler leisten wir permanent einen Beitrag in das Solidarsystem. Der Staat, die Länder, die Landkreise sowie die Kommunen verwalten diese Einnahmen, die sie u.a. durch Steuern erwirtschaften. Immer mehr wird die Unfähigkeit dieser Stellen deutlich, die Menschen vor solche Gefahren wie Überflutungen zu schützen. Man versteckt sich dann gerne hinter dem Begriff des Klimawandels - Angstbegriffe wie Starkregen-Ereignisse etc. machen die Runde und sollen von der eigenen Ohnmacht hinwegtäuschen. Dabei wird doch noch viel zu oft an der Prävention und an der Infrastruktur geschludert.
Ich mache das stellvertretend am Beispiel in Kleve-Brienen fest: Dort steht eine alte Schleuse in einer Banndeichlinie und hat mithin technisch die Aufgabe, das Hinterland vor Überflutungen bei Rhein-Hochwasser zu schützen. Zuständig für die Schleuse in Brienen ist die Bundesrepublik Deutschland mit den entsprechenden Ministerien und Fachbehörden. Die haben sich allerdings schon vor Jahren dazu entschlossen, das Hochwasserschutz-Bauwerk aus wirtschaftlichen (!) Gründen seit vielen Jahren nicht mehr instandzuhalten bzw. instandzusetzen, sondern den Plan zu verfolgen, es ersatzlos abzureißen. Diese Entscheidung hat aber auch zur Folge, dass Bausachverständige der Schleuse Brienen inzwischen gutachterlich attestieren, dass von ihr eine "latente Gefährdung" (!!!!) ausgehe, sie also als Bauwerk für den Hochwasserschutz latent gefährdet ist, zu kollabieren - was einem Dammbruch gleichkäme. Es ist also den Regierenden und nicht dem Klimawandel zuzuschreiben, wenn dieser Gau eintritt und vielen Menschen und Unternehmen mit großen Wassermassen die Existenz nimmt. Wie gesagt, es werden stets wirtschaftliche Gründe angeführt, den Hochwasserschutz in eine latente Gefährdungslage zu manövrieren und zu belassen.
In den Medien erzählen die Politiker anlässlich der Überflutungen in Bayern und Baden-Würtemberg Altbewährtes. Man investiere in Prävention und in Deiche, Retensionsflächen usw. Hört sich gut an und soll souverän klingen - soll es ja auch. Am Beispiel in Kleve ist das jedoch alles andere als souverän. Es ist gerade mal eine Halbwahrheit und verleugnet all das, was hier dazu führt, dass die Bevölkerung einer latenten Gefährdung eines Elementarschadens aussetzt.
Nun kann man fordern, dass das Bauwerk entweder durch ein neues ersetzt wird (wie es der Rat der Stadt Kleve - aus wirtschaftlichen (!!!) Gründen - jüngst abgelehnt hat) oder vollständig beseitigt wird (wie es die zuständige Wasserstraßenbehörde mit dem örtlich zuständigen Deichverband bereits beschlossen haben), damit die latente Gefährdung nicht mehr gegeben ist. Ja, Pläne in beide Richtungen wurden viele geschmiedet, die Diskussionen über Zuständigkeiten (wie es in unserem Land gerne und oft getan wird) verwässert und verzögert sowie die Genehmigungen werden durch selbst auferlegte Bürokratien zeitlich in unfassbare Längen gezogen. Für all das sind die Regierenden und Verwalter verantwortlich - also der Teil des Systems, der Empfänger der Zahlungen der Bürger- und Unternehmerschaft an das Solidarsystem ist. Die attestierte latente Gefährdung bleibt weiterhin.
Nur zur Selbsterklärung: Die Situation der latenten Gefährdung ist keine Erfindung zur Stimmungsmache von mir. Es ist der zitierte Wortlaut von Bausachverständigen, die den baulichen Zustand der Schleuse Brienen untersucht, festgestellt und mit der schlechtesten Note bewertet haben. Alles faktenscheckbar!
Nur gut, dass hier noch nichts Schlimmes wie aktuell in Bayern und in Baden-Württemberg und damals im Ahrtal passiert ist.
Der marode und sanierungsbedürftige Deich zwischen dem Klever Ortsteil Griethausen und dem Johanna-Sebus-Denkmal gleich neben der Schleuse Brienen, in dem sie sich befindet, kann nicht saniert werden, weil in der Bezirksregierung in Düsseldorf die Genehmigung schon seit Jahren auf sich warten lässt. Zwischendurch war Corona Schuld, heute sind es mglw. andere Schuld. Deichverbände gehen sprichwörtlich immer wieder auf die Barrikaden, weil dort Prüf- und Genehmigungsverfahren grundsätzlich zu lange dauern. Diese Fakten werden in den TV- und anderen Presseformaten durch die Politiker in ihren Reden natürlich verschwiegen - würde ja auch nicht gut klingen. Der bayrische "Landesvater" Markus Söder verlangte gestern erst zuletzt im TV-Interview, dass die Bundesregierung nun endlich über die Verpflichtung aller Bürger und Bürgerinnen zum Abschluss einer Elementarschaden-Versicherung beschließen soll. Mal abgesehen vom üblichen Zuständigkeits-Bläh besagt diese Forderung nichts anderes, als die Verantwortlichkeit vom staatlichen Solidarsystem abzuwälzen auf die Versicherungen und Versicherungsnehmer. Wenn das erledigt ist, hat das föderale Staatssystem ein Fall- und Fangnetz für die eigenen Verfehlungen geschaffen, wie am Beispiel Kleve - und das ganz ohne unliebsame Steuererhöhungen.
Zurück nach Brienen: Neben der alten Schleuse befindet sich ein altes Pumpwerk gleich hinterm sanierungsbedürftigen Deich. Es dient dem Abschlag (so der Fachbegriff für die Wasserabfuhr) des - wenn auch nur langsam fließenden - Wassers des Spoykanals in den Altrhein. Und zwar nur dann, wenn der Rhein Hochwasser führt, so dass dessen Pegel höher ist als der des Spoykanals. Ohne dieses Pumpwerk würde sich der Spoykanal aufstauen und irgendwann über die Ufer treten und die umliegenden Flächen überfluten. Also braucht es ein Pumpwerk. Auch hier nagt allerdings Zahn der Zeit an dieses Bauwerk, dessen Abriss ebenfalls vorgesehen ist und durch ein neues moderneres und größeres ersetzt werden soll. So der Plan, dessen Umsetzung ebenfalls derzeit daran scheitert, dass die Genehmigungsbehörden in Düsseldorf bereits viele Jahre prüfen, prüfen und prüfen und die Genehmigungen auf sich warten lassen. Das wäre gar nicht weiter schlimm, wäre da nicht auch das Risiko eines Kollaps dieses Pumpwerks. Wer sich das umgebene Bauwerk einmal von außen anschaut, der wird schon laienhaft erkennen, dass das Bauwerk scheinbar durchbricht. Mehrere Zentimeter dicke Risse klaffen im Mauerwerk (siehe Artikelbild). Bausachverständige erklären dazu, dass immer wieder Wasser durch diese baulichen Mängel ins Gebäude eindringe, das dann händisch oder mit kleinen Pumpen aus dem Gebäude gebracht werden müsse, um die sensiblen Pumpwerksanlagen vor einem Totalausfall zu bewahren. Also ein weiteres Risiko in Brienen! Und wer trägt die Verantwortung? Wieder einmal eine Behörde, die ganz solidarisch monetäre Pflichtbeiträge von "Anrheinern" einnimmt und beansprucht. Sogar von Einwohnern der Klever Oberstadt, die nach den Überschwemmungskarten von einer Überflutung beim Szenario Rhein-Hochwasser mit Deichbruch nie unmittelbar betroffen sein werden.
Die Zeche für all diese Unfähigkeiten der Regierenden und Verwalter soll also nun auf die Verbraucher abgewältzt werden. Ist das richtig?
Wie gesagt, ich zahle beinahe täglich in das Solidarsystem ein - durch Steuern und Beiträge. Verwendet für Infrastrukturen, Sicherheit, Zukunft, Stümpereien, Steuerverschwendungen und teils undurchsichtige Projekte - made in Germany.
Und wenn das Geld mal wie jetzt nicht reicht, soll nach den Willen der Länderregierungen ein paralleles Solidarsystem aus dem sprichwörtlichen Hut gezaubert werden und das gleich als bürgerliche Pflicht oder anders ausgedrückt, als Zwang. Herzlichen Glückwunsch!
Böse Zungen könnten zudem die Intransparenz dieses "Fall- und Fangnetz-Solidaritätssystems" namens Elementarschaden-Versicherung vermuten. Wie? Erst werden alle Menschen verpflichtet, solche Versicherungen abzuschließen - unfreiwillig. Dann nehmen die Versicherungen Milliarden Euro mehr ein, die Börsenwerte steigen und nach jeder Flutkatastrophe, also einem umfangreichen Schadenfall, an dem die Versicherungen leisten müssten, steigen dann die Versicherungsbeiträge, weil die Versicherungen ja dann viel Geld ausschütten müssen. Und die ganze Rechnung bleibt intransparent für die Verbraucher. Und wenn es dann irgendwann gelingen wird, solche Bereiche mit "latenten Gefährdungen" zu beseitigen, wird wohl keiner erwarten dürfen, dass die Prämien für die Versicherungen wieder sinken werden...
So geht es nicht. Was meint ihr? Schreibt doch mal...
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