Die Sonntagsfrage (III): Warum lästert der "Spiegel" so über Ronald Pofalla ab?
Für das schlechte Erscheinungsbild der schwarz-gelben Koalition in Berlin hat "spiegel online" schon im Februar einen Schuldigen ausgemacht: "Strippenzieher mit Startproblemen" wird der Kreis Klever Bundestagsabgeordnete Ronald Pofalla getauft. Eine harmlose Auszeichnung für den Kanzleramtsminister. "Sündenbock oder Hauptschuldiger?" fragen die Spiegel-Kollegen Mitte Juni noch mal nach und entscheiden sich für diese Überschrift: "Merkels Pannen-Maschinist". Das Medienecho ist gering, aber wenigstens die "Süddeutsche" findet das Thema gut. Pofalla steigt zum "Koordinator des Chaos" auf, stößt aber auf gnädige Redakteure: "Die alleinige Schuld daran hat er aber nicht."
Letzten Montag schafft es Pofalla dann in die Print-Ausgabe des Spiegel. Schon als "Minister für Konfliktverschärfung" auf Seite 5 angekündigt, wird der Weezer auf Seite 18 zu "Merkels Missmanager" gekürt. Die Begründung: "Die schwarz-gelbe Koalition versinkt auch deshalb im Chaos, weil Kanzleramtsminister Ronald Pofalla seiner Aufgabe nicht gerecht wird."
Dafür gibt es natürlich Kronzeugen, die leider namentlich nicht erwähnt werden. Zitat Spiegel: "Unter Pofalla herrscht Organisationschaos" sagt ein FDP-Regierungsmitglied."
Die sechs Autoren glauben am Ende ihres dreiseitiges Berichtes aber trotzdem nicht, dass Angela Merkel wie ihre Vorgänger einen Kanzleramtsminister in die Wüste schickt: "Die Kanzlerin kennt die Klagen über Pofalla, Konsequenzen aber wird sie daraus kaum ziehen. Merkel kann erstaunlich langmütig sein, wenn es um ihre Mitstreiter geht, und kaum einer war treuer als Pofalla".
Im CDU-Kreisvorstand Kleve werden solche Berichte selten wahrgenommen. Man freut sich eher, dass der erfolgreichste und bekannteste CDU-Politker aus dem Kreis Kleve gerade an einer Vorstandssitzung teilgenommen hat. Der 51-jährige Ehrenvorsitzende der CDU tut gut daran, diese Kontakte zu pflegen. Pofalla gilt längst nicht mehr als die unumstrittene Nr. 1 der CDU im Kreis Kleve. Vermasselt hat er sich diesen Ansehensverlust, als er im November 2009 unbedingt Parteifreundin Ulrike Ulrich (Emmerich) als Landtagskandidatin im Südkreis (!) durchboxen wollte. Das ging bekanntlich fürchterlich in die Hose. Der Kanzleramtsminister wurde auf der Mitgliederversammlung sogar mit Buh-Rufen begrüßt.
Die Machtverhältnisse haben sich seitdem in der CDU verschoben. Natürlich kann Ronald Pofalla im Kreis Kleve noch einmal für den Bundestag kandidieren - wenn es "wie immer" keinen Gegenkandidaten gibt. Sollte allerdings der neue CDU-Kreisvorsitzende Dr. Günther Bergmann plötzlich Bock auf die große Politik bekommen, würde das wohl für Pofalla bedeuten: abtreten.
Dann würde sich Geschichte vielleicht wiederholen. Zur Bundestagswahl 1994 wollte der damalige Bundestagsabgeordnete Heinz Seesing (Kalkar) gerne noch mal kandidieren. Er hatte - das war sein Kardinalfehler - den Kreisvorsitz (und damit die "Macht") aber schon 1991 an Ronald Pofalla abgegeben. Seesing musste damals Pofalla die Bundestagskandidatur überlassen und erhielt als Trostpflaster den Vorsitz der CDU-Kreistagsfraktion.
Ronald Pofalla wird allerdings nicht im Kreistag enden. Der Jurist und Sozialpädagoge muss nicht Berufspolitker sein, hat sich von Beginn an seines politischen Aufstiegs ein zweites berufliches Standbein aufgebaut. Er ist deshalb beneidenswert unabhängig.
Autor:Klaus Schürmanns aus Kleve |
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