"Das Votum der Bürger bleibt völlig unberücksichtigt"

In der vergangenen Woche entschied der Rat der Stadt Kleve mit Stimmen der CDU und SPD, grünes Licht für die Minoritenplatzbebauung zu geben. Mit dieser Entscheidung tun sich viele Bürger schwer. Der Klevische Verein hatte schon vor der Ratsentscheidung Kritik an der angedachten Architektur formuliert und seine Bedenken schriftlich und mündlich formuliert. Das Klever Wochenblatt sprach jetzt mit der Vereins-Vorsitzenden, Alwine Strohmenger-Pickmann.

An zwei Punkten entzündet sich die Kritik ganz besonders: An der Missachtung des Bürgerwillens - die Bürger konnten sich am 7. Juni 2009 für eine von drei vorgestellten Varianten entscheiden - und der großflächigen Bebauung des Minoritenplatzes. Der „Klotz“ stößt bei vielen Bürgern nicht auf Gegenliebe. Unter anderem steht die Rückseite des Gebäudes in der Kritik, aber auch die Ausführung der Fassade stößt nicht auf viel Gegenliebe. Der Investor soll nun, so der Rat der Stadt Kleve, nachbessern.

Klever Wochenblatt: Frau Stromenger-Pickmann, der Klevische Verein war vom Werkstattverfahren sehr angetan. Was kritisieren Sie beim jetzt vorgelegten Investoren-Entwurf?

Alwine Strohmenger-Pickmann: „Zunächst einmal: Der Investor hat den klaren Auftrag, seine Pläne zu überarbeiten. Der Gesamtbaukörper wird allerdings nicht in Frage gestellt. Der jetzt vorgestellte Bebauungsplan steht im Widerspruch zur ehemaligen Beschlusslage des Rates.“

Klever Wochenblatt: Nimmt die Bebauung denn in irgendeiner Weise Bezug auf die 2009 vorgestellten Varianten?

Alwine Strohmenger-Pickmann: „Nein. Alle drei Varianten standen in direktem Bezug zur historisch gewachsenen Altstadt. Nicht nur in puncto Gliederung und Proportionen, sondern auch, was die Maßstäblichkeit angeht. Diese Bezüge finden sich im Plan des Investors leider gar nicht wieder. “

Klever Wochenblatt: War die Bürgerbeteiligung überflüssig?

Alwine Strohmenger-Pickmann: „Der Klevische Verein und viele Klever Bürger haben das Werkstattverfahren mit Interesse und Aufmerksamkeit verfolgt. Nachdem die gewählte Variante C für den Rathausbau nicht realisiert werden konnte, weil u.a, die Kosten für die Sanierung nicht seriös ermittelt worden war, ist nun auch die Bebauung des Minoritenplatzes völlig abweichend geplant. Im Nachhinein war das Werkstattverfahren daher überflüssig.“

Klever Wochenblatt: Bekommt Kleve denn jetzt kein neues Rathausviertel?

Alwine Strohmenger-Pickmann: „Nein. Davon kann leider nicht mehr die Rede sein. Der Zugang zum Wasser und die Belebung durch Gastronomie und kulturelle Einrichtungen fehlen. Entgegen aller Empfehlungen entsteht hier keine kleinteilige Bebauung, sondern ein Funktionsbau von 120 Metern Länge. Allerdings ist der Investor inzwischen bereit, Vorgaben sowohl der architektonischen Gestaltung als auch der Belegung zu erfüllen.“

Klever Wochenblatt: Sie haben auch Einwände gegen die Geschwindigkeit, mit der das Vorhaben realisiert werden soll, vorgebracht. Was stört Sie am Prozess?

Alwin Strohmenger-Pickmann: „Ärgerlich ist, dass das Votum der Bürger völlig unberücksichtigt bleibt. Die Abweichung von der ehemaligen Beschlusslage ist erheblich - so etwas kann und darf nicht in einem Eilverfahren entschieden werden. Der Klevische Verein hält es für angebracht, die Pläne intensiv zu diskutieren. Und: Im Stadtentwicklungskonzept wird der Minoritenplatz als impulsstarker Standort für Handels- und Dienstleistungsunternehmen sowie für gastronomische und kulturelle Einrichtungen dargestellt. Warum wird das Konzept zugunsten der Investorvorhabens für großflächige Bebauung aufgegeben? Diese Fragen hätten wir gerne beantwortet.“

Klever Wochenblatt: Lässt sich an den Planungen noch etwas ändern?

Alwine Strohmenger-Pickmann: „Das bleibt abzuwarten. Es geht uns nicht um Konfrontation, sondern um eine konstruktive, und transparente Auseinandersetzung mit dem Thema - zum Wohl der Bürger und im Interesse der Stadt. Insoweit ist die öffentliche Diskussion fruchtbar, sie hat den Dialog mit den Bürgern wieder aktiviert.“

Klever Wochenblatt: Herzlichen Dank für das Gespräch.

Das Gespräch führte
Annette Henseler

Autor:

Annette Henseler aus Kleve

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