Kleve - Emmerich - Goch - Wesel/Xanten: Leidenschaft für schwarze Künste - Der Schriftsetzer
Die Zeit vor dem MAC und dem PC! Ehrlich, die gab es! Früher hiess das mal Bleisatz, und die, die sich damit rumärgerten, das waren die Schriftsetzer. Die Basis des Bleisatzes war der Schriftsetzkasten, die waren zumeist aus Holz, einen knappen Quadratmeter gross und ca. 35 kg. schwer. Sie bestanden aus vielen Fächern (125 Fächer beim Antiquasetzkasten) und in jedem Fach lagen Bleibuchstaben, schön geordnet und der Reihe nach. Ganz oben beginnend mit den Versalien (Großbuchstaben) und unten die Kleinbuchstaben, und drumherum der ganze andere Rest. In der heutigen Zeit bezeichnet man so einen Setzkasten als Tastatur, da sind auch alle Buchstaben drin. Früh Morgens ging es los. Ein Text musste gesetzt werden. An seinem ARbeitsplatz in der Setzgasse hatte man eine grosse Auswahl an Setzschiffen, da wurden die Buchstaben nachher in Zeilen abgestellt. Heute sagt man dazu: MAC OS bzw. Windows. Das Handwerkszeug des Schriftsetzers war der Winkelhaken, ein aus Metall bestehendes Gerät, mit dem man die Satzbreite eingestellen konnte. Die Satzbreite wurde in Cicero gemessen, das sind die heutigen Millimeter. Den heutigen Winkelhaken bezeichnet man als Quark X-Press oder Word. Jeder einzelne Buchstabe (Letter) musste per Hand aus dem Setzkasten rausgeholt und in den Winkelhaken gestellt werden (die Satzleistung eines Handsetzers lag bei 1200 bis 1500 Zeichen pro Stunde). Waren 2-3 Zeilen im WInkelhaken gesetzt, wurden diese auf das Setzschiff gestellt und dort gelagert. So kam eine Zeile zur anderen, und nach Stunden mühevoller Satzarbeit war der Textsatz fertig gesetzt. Dieser musste dann gesichert werden. Dazu verwendete man eine Kolumnenschnur, die meist aus roter Kordel bestand. Diese wurde mehrfach um den fertigen Satz gewickelt und festgezurrt. Die heutige Abkürzung für die Kolumnenschnur lautet: Apfel S bzw. Strg + S. Den fertigen Satz brachte man auf dem Setzschiff zum Buchdrucker, der diesen mit Maschinen wie dem Tiegel oder dem Zylinder gedruckt hat. Vergleichbar mit Apfel P bzw. Strg + P. Ja, so war das damals, in den Zeiten vor dem MAC und dem PC. Es kam natürlich auch vor, dass einem der ganze Bleisatz mal um die Ohren flog, weil man sich zu blöd angestellt hatte oder am Abend vorher in der ,,dritten Halbzeit'' etwas über das Ziel hinaus geschossen hat. Das war halt Pech, dann musste man wieder ganz von vorne anfangen. Das passiert heute auch noch: wenn einem aus heiterem Himmel das Quark- oder Word-Dokument abschmiert und man hat vergessen, vorher mal ne Kolumnenschnur drumzuwickeln, Apfel S bzw. Strg + S. Pech halt.
Autor:Christian Tiemeßen aus Emmerich am Rhein |
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