Ein Schuh namens...
Eine Geschichte zum Fürchten

Manchmal macht sie mir Angst...

Was jetzt folgt ist eine Geschichte über Schuhe und noch über etwas anderes.

Mit "sie" ist natürlich meine Weltbeste, also meine geliebten Partnerin gemeint. Sie macht jeden Tag viele Sachen und sie macht sie gut. Einige Sachen macht sie mit Ausdauer, andere so ganz nebenbei, fast alles mit Liebe, vieles mit Geschmack und manches zum Fürchten. So wie das hier, was ich jetzt zu erzählen habe.

Es ist schon einige Wochen her aber erst gestern zur Geisterstunde lief es mir dann eiskalt den Rücken hinunter, nachdem ich es bemerkte.

Aber von Anfang an:

Wer mich kennt, der weiss, dass ich nicht nur Walt Disneys Mickey-Mouse mag, sondern auch schöne Schuhe. Deshalb auch das Foto zu dieser Geschichte, auf dem ein Schuh abgebildet ist. Es ist der Schuh, um den es hier geht.

So erblickte ich vor einigen Wochen im Internet einen Schuh, der mir einfach so, ganz ungefragt, angeboten wurde und mir ausserordentlich gut gefiel. Ein dreifarbiger Herrenboot aus Leder im Oxford-Stil von einer Marke, die mir nicht unbekannt ist, da einige andere Schuhe dieses Herstellers bereits mein Eigen sind. Ich nahm mir vor, mir diesen Schuh im lokalen Handel anzuschauen. Ehrlich gesagt, ich hatte tatsächlich keine Kaufabsichten. Ich wollte mich lediglich mit dem optischen Eindruck der Dreifarbigkeit auseinandersetzen und so fand ich mich in einigen Klever Schuhfachhandel-Geschäften wieder. Meine Weltbeste begleitete mich.

In keinem der Geschäfte war dieser eine Schuh, der meine Neugierde beflügelte, zu finden. Aber mir fiel ein anderes Paar Schuhe der selben Marke in die Finger. Auch dreifarbig, im Oxford-Stil, allerdings als Halbschuh und noch dazu mit stark rabatriertem Preis. Ein schönes Exemplar. Während ich mich mit diesem Fusskleid auseinandersetze, brachte mir meine Weltbeste ein anderes Paar. Genau das Modell auf dem Bild. "Guck mal, wie gefällt dir der hier?", fragte sie und ergänzte: "Ich finde den schön, deshalb wollte ich dir den zeigen." Sie hatte meinen Geschmack getroffen. Sie kennt meinen Vintage-Stil mich zu kleiden. Obschon anfangs kurz skeptisch aber nach der Anprobe war ich überzeugt. Was soll ich sagen, ich hatte seit dem dieses Paar Schuhe in meinem Schrank.

Ich trage diese braunfarbenen Schuhe nun schon einige Tage, sie haben mich bequem durch die Weihnachtstage gebracht. Das glänzende Rindsleder, die bequeme Einlage, die Handnahtmachform und überhaupt, der Tragekomfort ist klasse. Josef Seibel, so lautet der Name des Herstellers.

Gestern dann, ein beruflicher Einsatz als Bestatter, durchquerte meinen Abend. Ein Toter musste geborgen werden, Kollegenhilfe. Alles musste ganz schnell gehen und so wurde mir die Gelegenheit, mich zuvor umzuziehen, verwehrt. Am Fuss trug ich dieses Paar. Bequem war er, auch bei der Arbeit, bei dem körperlicher Einsatz erforderlich war. Guter Halt, alles gut.

Wieder zurück zuhause, vor dem Schlafengehen um Mitternacht kreisten meine Gedanken noch einmal um den Schuh und zwar konkret um die Frage, ob es genau dieses Schuhmodell auch mit schwarzem Leder gebe. Es blieb mir nichts anderes übrig, mein Smartphone zu benutzen und mich auf der Internetseite des Herstellers Seibel umzusehen. Es dauerte eine ganze Zeit, die Auswahl war gross und auf dem kleinen Bildschirm genau diesen einen Schuh zu finden zwischen all des Vielen - jedes Paar dargestellt in der Größe einer Fingerspitze. Es waren wirklich viele und jedes Paar trug einen eigenen Namen - Vornamen von Männern.

Ich blätterte und blätterte und wurde nicht fündig, bis ich - fast am Ende angekommen - dann doch endlich diesen bequemen, schönen Schuh mit dem glänzenden Leder fand. Und siehe da, es gibt ihn auch mit schwarzem Leder und das gleich in zwei Ausführungen; einmal mit Rinds- und einmal mit Nappaleder.

Dann kam der Moment, der mir um Mitternacht das Blut in den Adern gefrieren ließ. Der Moment, der meine Sichtweise auf meine Weltbeste veränderte: Ich erblickte den Namen, den der Hersteller dem Schuh gegeben hat. Jenem Schuh, den mir meine Weltbeste vor wenigen Wochen aus freien Stücken antrug, der ihr gefiel, den sie wählte, aus all den hunderten anderen Modellen in der Auslage. Der optisch nichts mit dem Schuh zu tun hatte, für den ich zuvor mit ihr loslief um nur zu schauen.

Der Schuh auf dem Bild trägt den Vornamen eines Mannes, den ich verehre, dessen Lebenswerk mich beeindruckt, den ich gerne persönlich kennengelernt hätte, würde er noch leben. Der Mann, dessen Lebenswerk in diesem Jahr gefeiert wurde, über den ich Bücher gelesen habe, Film-Biographien gesehen und und und.

Der Schuh trägt den Namen "Walt". Nirgends auf dem Schuh zu sehen, der Name. Sonst hätte ich ja noch unterstellen können, meine Weltbeste hätte ihn deshalb ausgewählt. Nein. Da waren andere Mächte im Spiel. Da laufe ich jetzt seit Tagen mit Schuhen herum, die den Namen Walt tragen. Unfassbar!

Trete ich etwa nun redensartlich in seine Fußstapfen? Oder ziehe ich mir sprichwörtlich seine Schuhe an?

Diese Fragen lassen mich deshalb erschrecken, da ich mich seit unserem kürzlichen Urlaub in Belgien und Frankreich damit beschäftige, ein kreatives Bild zu malen, in dem auch - wie soll es anders sein - Walt's Mickey-Mouse eine Rolle tragen wird.

Geht es hier mit rechten Dingen zu?

Autor:

Helmuth Plecker aus Kleve

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