Die "Männer und Frauen" - Kurzgeschichte zum Wochenende: Eine Viertelstunde ganz normaler Alltagswahnsinn im Leben einer Frau

Foto: Maria Lanznaster / PIXELIO http://www.pixelio.de

Gerade bei diesem Beitrag habe ich lange überlegt, ob ich sie überhaupt in mein Kurzgeschichtenbuch mit aufnehme. Zu meiner Überraschung bin ich ausgerechnet auf diese Geschichte am häufigsten angesprochen worden :-)

Eigentlich bin ich ein recht gelassener und ordnungsliebender Mensch - eigentlich. Aber es gibt gelegentlich Situationen, die eine etwas unkonventionellere Handhabung der Dinge erfordern…
An diesem Feiertag nach einer Runde Joggen glücklich zu Hause angekommen, erledigte ich frisch geduscht noch dies und das, bevor mein Blick auf die Uhr fiel. Schon kurz nach drei!!!

Hilfe, das konnte jetzt nicht wahr sein. Um halb vier wollten wir uns mit Freunden treffen, Fahrtzeit mindestens zehn Minuten. Und ich lief noch im Jogginganzug herum … Panik machte sich breit! Ich hatte noch keinen Gedanken an mein Outfit verschwendet, außer dass es nett aber nicht overdressed wirken sollte. Das Problem war, dass ich jetzt keine Zeit mehr hatte, lange auszuprobieren, was mir am besten gefällt, sondern dass die erste Kombination passen musste. Der Countdown läuft!

Noch 15 Minuten
Jogginganzug ausgezogen und auf’s Bett gepfeffert.

Noch 14 Minuten
Kleiderschrank geöffnet und Jeans hervorgezerrt. Erste Schweißausbrüche!

Noch 13 Minuten
Die Auswahl des Oberteils! Vor meinem geistigen Auge erscheint senfgelbes T-Shirt, keine Ahnung, ob es im Schrank, in der Wäschetonne oder bei der Bügelwäsche liegt. Laute Selbstgespräche der Protagonistin.

Noch 12 Minuten
Hurra, gelbes T-Shirt im Schrank gefunden! Dafür zieren jetzt die anderen zwölf T-Shirts, die im Wege lagen, den Schlafzimmerboden. Na ja, immer im Schrank rumzuliegen ist ja auf Dauer auch viel zu langweilig.

Noch 11 Minuten
Kurzärmligen braunen Pulli in Betracht gezogen und aufgrund der nasskalten Witterung da draußen sofort wieder verworfen. Zitat meines Mannes: „Wir sitzen IM Königsgarten, nicht draußen auf der Terrasse!“ Na und? Frauen frieren nun mal leichter als Männer - ist wissenschaftlich erwiesen.

Noch 10 Minuten
Schwarzer Rolli, mollig warm, macht das Rennen und ist sogar greifbar!

Noch 9 Minuten
Hektische Frage an meinen Mann „Wie spät ist es?“ Frisur wird in Angriff genommen. Auf der Suche nach Haarkamm zum Hochstecken viele bunte Smarties, äh, Haargummis kreuz und quer im Bad verteilt. Ok, ich bin ja flexibel: Trag ich halt die Haare offen heute.

Noch 8 Minuten
Kette in Schmuckschublade gesucht, Mist, die Tür klemmt, diese mit dem Fuß engagiert zugeknallt. Das war ungefähr der Zeitpunkt, als meinem Mann die glorreiche Idee kam, darüber solle ich mal eine Kurzgeschichte machen. Unnötig zu erwähnen, dass ich ihm hätte sonstwas antun können ;-)

Noch 7 Minuten
Ein Hauch Parfum ist Pflicht! Aber welches? Nicht zu intensiv sollte es sein. Auch hier nur ein Versuch. Alles klar, nehme das mit dem Vanillearoma.

Noch 6 Minuten
Ohrringe. Ohrringe ja oder nein? Wirkt das zu überladen? Andererseits für den Königsgarten … gut, die kleinen Stecker. Aber wo sind sie bloß? Sachdienliche Hinweise bitte augenblicklich an mich, Gefahr im Verzug! Kleine Stecker sind wie vom Erdboden verschluckt. Also keine Ohrringe, dafür aber ein paar herzerfrischende Flüche aus tiefster Seele.

Noch 5 Minuten
Erneute hektische Frage nach der Uhrzeit. Och, noch 5 Minuten, liege doch gar nicht schlecht in der Zeit!

Noch 4 Minuten
Thema Schuhe. Bequemer Halbschuh contra hohe Stiefel. Nach Befragung des Ehegatten die hilfreiche Antwort „Stehen Dir beide gut!“ Krise und schließlich Entscheidung für ein bequemes Paar Stiefel.

Noch 3 Minuten
Wo ist das Handy? Habe es vorhin beim Joggen doch noch gehabt! Handy schließlich auf der Mikrowelle gefunden. Hat es Beine bekommen? Hatte es Hunger? Keine Ahnung, wie es dort gelandet ist!

Noch 2 Minuten
Portemonnaie und Handy im Rucksack verstaut. Glücklicherweise gestern Geld gezogen, sodass uns wenigstens der Ritt zum Geldautomaten erspart bleibt.

Noch 1 Minute
Jetzt noch die Daunenjacke angezogen, Griff zum Autoschlüssel. Halt, da fehlt doch noch was - der Göttergatte! „Bist Du fertig, Schatz?“ Wenn Blicke töten könnten …

Autor:

Christiane Bienemann aus Kleve

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