Was hat der Joghurt mit dem 03.04. zu tun?

Joghurt mild am 03.04.

Was hat der Joghurt mit dem 03.04. zu tun?

Wen interessiert es schon? Jeder weiß, das ist das Haltbarkeitsdatum von diesem Joghurt.

Und außerdem?

Am 03.04. bin ich in Deutschland angekommen. Bin ich denn was Besonderes deswegen? Davon gibt es, glaube ich, mehr als 3 Millionen in Deutschland.

Na ja, zu mir.
Ich musste zwei Jahre durchhalten bzw. aushalten, bis ich nachgewiesen habe, dass auch meine Urgroßeltern väterlicher - und mütterlicherseits Deutsche waren und dass sie von Stalin am 28.08.1941 im Zuge der Bekämpfung seiner Angst vor die Deutschen - seiner inneren Feinde - weiter weg nach Sibirien, Altai, Kasachstan usw. weggeschafft wurden.

Dort wurde ich auch geboren und ging zur Schule, ohne ein Wort Russisch zu verstehen. Jetzt spreche und schreibe ich perfekt Russisch. Wäre sonst auch komisch – habe ja Philologie studiert.
Im Auftrag einer russischen Professorin schrieb ich eine Diplomarbeit mit dem Titel „Äquivalent der Übersetzung der Redewendungen und Sprichwörter in der Arbeit von W. I. Lenin „Was tun“. Dabei wurde das Wichtige bedacht: Politik, Philologie und zwei Sprachen!

Na ja, zurück zu mir, zu meinem Kampf - mein Deutschtum zu beweisen.
Komisch, solange ich mich kenne, bin ich eine Deutsche. Dass die deutschen Kinder als „Faschisten“ beschimpft wurden, weißt doch jeder. Und wir Kinder, dann im erwachsenen Alter sind es gewohnt. Nur wenn wir, Kinder uns ebenfalls beschimpften, dann war das mit einem bitteren Ergebnis beschieden. Ich hatte z. B. meinem Mitschüler (sein Vorname ist Ernst), der aus meinem Familiennamen ein Schimpfwort bildete, geantwortet, dass er „Ernst Thälmann“ sei. Da war es um mich geschehen: ich habe eine gescheuert gekriegt. Für mich war es ein gewaltiger Schock, denn von meinen Eltern kannte ich es nicht. Als ich zu Hause ankam, musste ich mich stark machen, denn ich wusste, dass mein linkes Auge schwarz und zugeschwollen war. „Meine Mutter macht sich sicherlich große Sorgen“,- befürchtete ich. So war es auch, aber es ist ein anderes Thema.

Zurück zu dem 03.04.
Solange ich in Russland lebte, stand in meinem Ausweis: „немка». In Deutsch übersetzt heißt es die „Stumme“.
Stumm war ich aber nicht... Unsere Schuldirektorin sagte mal zu mir (da war ich als Lehrerin tätig), dass in meinen Adern blaues Blut fließt… Und nur weil ich mir Sorgen um meine Elftklässler machte, die von dem Schulabschluss standen, aber ihre Lehrerin (die Schuldirektorin) oft zu spät kam. Ich hatte es nur bedauert, dass sie zum Unterricht zu spät kommt... Wie konnte ich es wagen: eine Deutsche erlaubt sich die Frechheit ihrer Chefin – Russin was zu sagen?..

Na ja, zurück zum Kampf...
Nach den zwei Jahren der Unterlagensammeln war es fast soweit.
Zur Information: in Russland ist es anders – dort gibt es keine Archive für die Deutschen. Die Deutschen sind schon immer säuberlich „begutachtet“ worden. Man kümmerte sich ständig und „väterlich um sie. Es wurden Beweismittel gefunden, um den Deutschen hinter Gitter zu bringen oder zu halten oder in den GULAG oder Arbeitsarmee... Auf meine schriftlichen und mündlichen Nachfragen, gab es keine Antworten.
Nur mit Mühe und mit Hilfe meiner Großmutter, die noch einige deutschen Unterlagen hatte, konnten wir endlich beweisen, dass wir Deutsche sind, obwohl wir keinen „deutschen Schäferhund“ hatten.

Am 31.03.1991 verließen wir Saratow und am 03.04.1991 ganz Russland.
Daher ist der 03.04. für immer in meinem Gedächtnis. In diesem Jahr waren es 27 Jahre, das ich in Deutschland lebe.
Fragen Sie meine Landsleute: jeder kennt sein Ausreisedatum. Wenn man mehrere Jahre auf ein Aufnahmebescheid wartet, dann bleibt der Ausreisetag unvergessen.

Sicher erging es einem beim Einleben in Deutschland mal so oder so. Aber ist es bei den deutschen Deutschen anders? Warum soll es einer Deutschen aus Kasachstan anders gehen? Ich bin glücklich in Deutschland leben zu dürfen.
Aber es ist ein anderes Thema.

Viele Grüße von Julia Weber