Wäscherituale an Silvester
Beim traditionellen Weihnachtsessen mit unseren Freunden kamen wir auf die anstehenden Silvesterpläne zu sprechen. Dabei ging mir eine alte Redensart meiner Mutter durch den Kopf, dass man am Silvestertage oder besser gesagt „zwischen den Jahren“ keine frisch gewaschene Wäsche auf der Leine trocknen dürfe. Da mir dieser gelinde gesagt recht merkwürdige Silvesterbrauch bislang nicht mehr als ein müdes Lächeln abgerungen hat, er früher bei uns zu Hause aber Jahr für Jahr praktiziert wurde, interessierte es mich, ob jemand anderes überhaupt schon mal davon gehört hat und was es mit diesen rätselhaften Zeilen auf sich hätte.
Nein, allgemeines ratloses Kopfschütteln, diese seltsam anmutende Tradition war niemandem von uns alteingesessenen Niederrheinern ein Begriff - abgesehen mal von einer leicht abgewandelten Fassung: Meine liebe Sitznachbarin zur rechten Hand erzählte davon, dass ihr geläufig ist, auf Silvester und Neujahr bloß keine Schmutzwäsche mehr übrig zu behalten, da ansonsten das nächste Jahr Unglück und viel Arbeit bringen würde. Wir versuchten Gemeinsamkeiten zwischen dem Überlieferten herauszufinden - und es fiel uns auf, dass wir beide weitläufig Ahnen in Ostpreußen beziehungsweise Schlesien aufzuweisen hatten. Ob das des Rätsels Lösung war?
Am nächsten Tag habe ich mich auf „Spurensuche“ im Internet begeben. Nein, unsere Vorfahren aus Schlesien oder Ostpreußen sind unschuldig und haben diesen alten Brauch nicht verbockt. Er lässt sich viel weiter auf die ferne Zeit der germanischen Mythologie zurückverfolgen. Der Legende nach ist dies alles auf dem Mist des germanischen Kriegsgottes Wotan gewachsen. „Dieser und sein Teufelsheer trieben in der Silvesternacht ihr Unwesen und ritten ungezügelt ins neue Jahr. Doch blieb Wotan an einer Wäscheleine hängen, so wurde er wild und zornig.“ (gefunden bei gutefrage.net). Also bitte, liebe Hausfrauen und -männer, lasst die Wäsche lieber liegen, um Wotan nicht zu verärgern. Wie bitte? Ein über 1000 Jahre alter heidnischer Sagenheld hindert mich daran, die wenigen freien Tage zu nutzen und zu Hause klar Schiff zu machen? Bei allem Respekt Monsieur Kriegsgott, ohne mich, das kommt überhaupt nicht in die Tüte. Aber ich muss schon sagen, ich bin äußerst überrascht, by the way den Erfinder der Wäscheleine ausfindig gemacht zu haben!
Allerdings bin ich bei der Recherche auf ein weiteres, wesentlich interessanteres „Wäscheritual“ gestoßen. In Spanien ist es Usus, in der Silvesternacht rote Unterwäsche zu tragen und dies gilt sowohl für Weiblein als auch Männlein. Einerseits war es in diesem Lande einst verboten, rote Kleidungsstücke zu tragen, was die Sache um so „aufregender“ machte und zum anderen sollte auf diese Weise für das nächste Jahr das Glück in der Liebe erhalten bleiben. Eine Variante dieser Tradition besagt aber auch, dass man die rote Wäsche nur einmal trägt und in derselben Nacht noch aus dem Fenster auf die Straße wirft. Aha?! Wir schmeißen also mit heißen Dessous statt mit ausgelutschter Kamelle um uns? Dieses spannende Ritual sollte man doch mal unters Volk bringen, meine ich! Ich empfehle daher, auf dem selig beduselten Heimweg vom Silvesterevent den Blick mal über die dunklen Straßen schweifen zu lassen. Wer weiß, vielleicht kommt der eine oder andere so noch kostenlos zu einer ganzen Reihe interessanter „Drunters“! Wäre das nicht ein vielversprechender Start ins neue Jahr? ;-))
Foto: Paul-Georg Meister / PIXELIO
http://www.pixelio.de
Autor:Christiane Bienemann aus Kleve |
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