Passend zum Kinostart von Charlotte Roches "Feuchtgebiete" - meine Rezension vom Nachfolger "Schoßgebete"
Das hatte ich nun davon. Dass ich mitreden wollte und mir dieses Buch gekauft habe. Der Versuch einer Buchbesprechung
Nach allem was ich über den ersten Roman Feuchtgebiete gehört und gelesen habe, hatte ich mir eigentlich geschworen, keins der Bücher dieser Autorin zu lesen. Bis ich die Buchhandlung betrat und mir fast augenblicklich diese Bücher mit den zwei silbernen Eichelnüssen auf bordeauxfarbenem Grund ins Gesicht sprangen. Ich trat näher und las beinahe ungläubig, dass das Buch Schoßgebete von Charlotte Roche direkt auf Platz eins der Spiegel-Bestseller eingestiegen ist. Ok, warum nicht einmal selbst herausfinden, was dran ist an der "Lektüre", die ihre Leser anscheinend gleichzeitig fasziniert und abstößt? Wenn es niemand lesen würde, wäre es schließlich nicht auf dem ersten Platz gelandet. Oder ist es tatsächlich nur der Dschungelcamp-Ekelthrill? Ich beschloss das Experiment zu wagen und mir das Buch zu kaufen.
Achtung, von Seite eins an geht es direkt in medias res und das fast zwanzig Seiten lang. Von Null auf Hundert in das eheliche Zusammensein von Elisabeth und Georg. Und das derart detailliert, dass man das Buch zwischendurch gern mal in die Ecke schleudern würde. Gruselfilmeffekte, die einem leicht jeglichen Sinn für Romantik rauben könnten. Aber dieser Roman reduziert sich zum Glück nicht auf den Sex. Auch nicht auf die ekligen Würmer, die die Protagonistin irgendwann bei sich und ihrer Tochter entdeckt und das ganze Szenario angefangen beim Tesafilm-Test seitenweise vor dem ungläubigen Leser ausbreitet. Das muss man sich nämlich echt nicht antun.
Es ist aber auch ein Buch über die langwierige Aufarbeitung eines Traumas das daher rührt, dass Elisabeth auf dem Weg zu ihrer Hochzeit in England drei ihrer Brüder durch einen tragischen Verkehrsunfall verliert und ihre Mutter dabei schwerste Verbrennungen davonträgt. Dass Elisabeth nun die Verantwortung in einer sowieso recht komplizierten Mutter-Tochter-Beziehung tragen muss. Die Handlung springt die ganze Zeit zwischen Rückschauen auf diesen Unfall, Gesprächen mit der Therapeutin und dem hier und jetzt in ihrer kleinen Familie hin und her. Nebenbei gibt es noch Tipps wie man Zwiebeln richtig schneidet.
Wobei der Leser langsam eine Ahnung bekommt, warum Elisabeth so geworden ist, wie sie sich jetzt gibt. Es einerseits allen Recht machen will und ihrem Mann zuliebe den Dreier im Bordell mitmacht. Auf der anderen Seite sehr verletzbar daherkommt. Sich immer wieder mit Suizidgedanken herumschlägt. Sich ihrer engsten Umgebung gegenüber unglaublich aggressiv präsentiert. Ich war ziemlich überrascht, als ich las, dass der Roman autobiografische Züge aufweist. Denn in der Familie von Charlotte Roche hat es diesen schrecklichen Verkehrsunfall tatsächlich gegeben. Ist das Buch nun eine Aufarbeitung dieses Albtraums oder kalkulierte Geschäftemacherei? Darüber werde ich mir kein Urteil anmaßen!
Fazit - Experiment misslungen, aber Leserin lebt noch ;-) Wären gewisse Szenen halb so drastisch ausgefallen, hätte das Buch vielleicht doch noch positiv überraschen können.
(c) Christiane Bienemann 26.08.2011
Autor:Christiane Bienemann aus Kleve |
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