KRIEG & FRIEDEN 1916/2022: Kunst in Museen zwischen Kleve und Ukraine

Jupp Brüx, Auf der Krim (1916)
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Auf den ersten Blick ein Bild der Vernichtung. Ein Bild von Zerstörung und Tod. Eine Haubitze in einem Unterstand aus schwerem Balkenwerk, das die Menschen dahinter vor feindlichen Kugeln schützen sollt. Tod und Tränen hat sie in ihrer Lebenszeit den Angehörigen des Feindes gebracht. Der Klever Bildhauer Jupp Brüx hat sie in seiner Zeichnung 1916 festgehalten. Auf der Krim hat dieses Kriegsgerät der Ingenieurskunst gestanden, dort wo der Künstler als Kartograph seine „Pflicht für Volk und Vaterland" leisten musste.

Wie lange die Haubitze ihre Aufgabe hat erfüllen können, hat uns der Zeichner nicht überliefert, aber Jupp Brüx wäre nicht der „Poet mit dem Pinsel“ geworden, wie ihn die Journalistin Christl Janssen in ihrem Nachruf nannte, hätte er in seiner Dokumentation des Unterstandes nicht auch eine Geschichte zu erzählen:

Die Kanone kann ihrer zugedachten Aufgabe längst nicht mehr gerecht werden. Ein Rohrkrepierer hat der Vernichtung Einhalt geboten, ihr die todbringende Macht genommen. Und der Zeichner erzählt uns von seiner Hoffnung, von der Hoffnung auf bessere Zeiten, auf neues Leben. Blumen und Blüten, die aus dem Gras des einstigen Schlachtfeldes wachsen, sind das Zeichen seiner Gedanken, die der Künstler uns überliefert hat.

Wie sich die heutige Situation jedoch darstellt, haben sich seine Hoffnungen von damals nicht erfüllt. Nach mehr als hundert Jahren ist sein einstiges Schlachtfeld Krim noch immer ein Ort kriegerischer Auseinandersetzung. Es hat sich also nicht viel geändert zumindest die Gedanken in den Köpfen der Menschen nicht. Nur eins ist anders: Jupp Brüx würde vermutlich die Reste einer vernichtenden Rakete dokumentieren. Die Technik der Vernichtung hat sich geändert.

Und, in der Erkenntnis, dem Feind mag es ähnlich ergehen, keimt bei ihnen die leise Hoffnung auf friedlichere Zeiten. Diese Stimmung hat der Künstler Jupp Brüx damals in Zeichnung und Gedicht festgehalten, die nun im Forum Arenacum in Rindern im Original zu sehen ist.

Von einer ähnlichen Begebenheit erfahren wir im Roman/Film Stalingrad, wo in dem Folgekrieg die Klänge des Liedes der Stillen Nacht durch die Schluchten einer zerstörten Stadt hallen. Ein Zeichen der Hoffnung beim Freund und Feind, die sich auf engem Raume gegenüberstehen, weil es ihre Machthaber es so wollen.

Und wieder ist es ein Krieg, der die ganze Welt in Aufregung versetzt. Ein Krieg in der Region, die auch Jupp Brüx als Kriegsschauplatz erleben musste, in der einige seiner Zeichnungen entstanden sind, darunter auch die Engel, die den Soldaten an der Front die Grüße der Lieben aus der Heimat bringen. Wird es auf der Krim in diesem Jahr zum Fest des Friedens, auch 2022 ein Zeichen der Hoffnung geben?

Dieser Frage konnten die Klever Bürger in diesem Jahr im Haus 6 auf dem LVR-Klinikgelände konnten, dem ArToll Kunstlabor, über das Medium Kunst dieser Frage nachspüren. Denn hier stellten die ukrainischen Gäste Olena Ukraintseva, Inna Abramova, Hilmenna, Ivetta Becker, Marina Cherepchenko und Simona Ihre Bilder und ihre Erlebnisse aus, die sie am eigenen Leib mit ihren Familien, Freunden und Verwandten erlebten. Das Bild von Ianna Abramova scheint in direktem Dialog mit dem Bild von Brüx zu stehen. Hier wie dort kontrastieren die Künstler das Elend und den Tod des Krieges mit einer zu neuem Leben erwachenden Natur – ein Hoffnungsschimmer in düsteren Zeiten. „Ich male Blumen“, sagt Inna Abramova zu ihrem großformatigen Bild. Eines zeigt einen grauen Himmel mit schwarzen Silhouetten verwelkender Blumen. In einem anderen blühen farbenfroh die Malven vor den Trümmern einer Wohnungslandschaft. „Der Krieg kam und zerstörte, aber die Blumen sind geblieben. Sie sind vergessen, sie sind für mich Symbole für das Leid der Menschen“, erklärt sie gegenüber der RP. Das Bild nennt sie „Die Unzerbrechlichen“ und zeugt von jenem ungebrochenen Geist, in Freiheit zu leben und allen Widrigkeiten mit Blick auf die Kraft der Natur zu trotzen.

In diesen Weihnachtstagen kann Kunst zwischen Kleve und Ukraine über Zeit und Grenzen hinweg ein Gefühl für den ungebrochenen Drang nach Freiheit und Frieden vermitteln.

Wir laden Sie herzlichst ein, im Museum Forum Arenacum über das Medium Kunst einen neuen Zugang zum Thema Krieg, Zerstörung und Neubeginn zu finden. Die Ausstellung RETRO-Von Brüx zu Brüx wurde dank des großen Interesses bis zum 19. Februar 2023 verlängert.
Jörg Sachisthal und Frank Mehring

Geschichte wiederholt sich: "Rohrkrepierer" Jupp Brüx, 1918 Krim-Ukraine hier klicken

Jupp Brüx, Auf der Krim (1916)
Ianna Abramova, Die Unzerbrechlichen (2022).  | Foto: F. Mehring
Autor:

Günter van Meegen aus Bedburg-Hau

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