Kevelaer: Die Tamilenwallfahrt ist ein „großes Familientreffen“
Kevelaer (pbm/cb). Kaplan Christoph Schwerhoff hat alle Hände voll zu tun. Gemeinsam mit vielen weiteren Helfern zieht er ein ums andere Mal halb abgebrannte Kerzen aus den Ständern vor der Kerzenkapellen, legt sie in die bereitgestellten Kisten.
Die Maße reichen von den kleinen Kerzen, die jeden Tag vor der Kapelle brennen, bis zu mannshohen Exemplaren. Kaum hat Schwerhoff einige Kerzen abgeräumt, sind die freien Plätze schon wieder mit neuen belegt.
Die Wallfahrt der Tamilen hat Kevelaer an diesem 11. August fest im Griff. Mehrere tausend Tamilen aus ganz Europa, insbesondere aus den benachbarten Niederlanden, sind an den Niederrhein gekommen, um an einem der Gottesdienste teilzunehmen, die Basilika zu besuchen und natürlich eine Kerze anzuzünden. „Wenn wir nicht regelmäßig Kerzen hier wegräumen würden, dann gäbe es bald keinen Platz mehr für all die anderen Menschen, die ebenfalls eine Kerze aufstellen möchten“, erklärt Schwerhoff. Doch alle Kerzen, die abgeräumt werden, werden gesammelt und in den kommenden Tagen nach und nach wieder aufgestellt.
Wenige Meter entfernt, auf dem Basilikaparkplatz, geht es unterdessen lebhaft zu. Hier haben tamilische Markthändler ihre Stände aufgebaut, bieten mit lauter Stimme ihre Waren feil. Die bunten Kleider der Frauen leuchten in der Sonne. Der Duft exotischer Gewürze und Früchte hängt über dem Platz. Die Stände, an denen es Essen aus Sri Lanka gibt, sind besonders beliebt. Alle reden durcheinander, lachen, diskutieren, feilschen um den besten Preis. Nur die Basilika, die sich hinter dem Parkplatz gegen den Horizont erhebt, erinnert den Besucher noch daran, in Kevelaer und nicht auf einem Markt in Sri Lanka zu stehen.
Es ist wie bei einem großen Familientreffen, das bestätigt auch Robin Wilson, der zum Organisationsteam der Wallfahrt der Tamilen gehört. „Vor 31 Jahren haben wir mit rund 50 Teilnehmern begonnen, jetzt kommen mehrere tausend“, sagt er lächelnd. Auch in Sri Lanka, wo die meisten Tamilen vor ihrer Flucht vor dem Bürgerkrieg lebten, werde Maria von den Christen sehr verehrt, betont Wilson. Die Tradition, sich einmal im Jahr zentral zu treffen, sei von Sri Lanka nach Kevelaer weitergegeben worden. „Es ist wichtig, dass die Menschen hier aus ganz Europa friedlich zusammenkommen“, sagt Wilson.
Beeindruckt ist Wallfahrtsrektor Gregor Kauling, der die Tamilen beim ersten Gottesdienst im Forum Pax Christi begrüßt und sich für ihre Treue zu Kevelaer bedankt hatte. „Ich habe mich sehr auf diesen Tag gefreut“, berichtet er anschließend, „ich war selbst schon in Süden von Indien, das war beeindruckend.“ Man spüre die Lebensfreude der Menschen, die sich auch auf den Gottesdienst übertrage. „Die Kirche dort blüht“, sagt Kauling, „von dieser unglaublichen Freude in der Liturgie können wir als Kirche lernen.“
Autor:Lokalkompass Kleve aus Kleve |
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