Ein wichtiger Neuerwerb des Stadtarchivs Kleve: Die Sammlung Kopstadt

Theo Brauer, Archivleiter Bert Thissen und Alwine Stohmenger-Pickmann, Vorsitzende des Klevischen Vereins, mit der Sammlung Kopstadt.
5Bilder
  • Theo Brauer, Archivleiter Bert Thissen und Alwine Stohmenger-Pickmann, Vorsitzende des Klevischen Vereins, mit der Sammlung Kopstadt.
  • hochgeladen von Lokalkompass Kleve 2

Das Stadtarchiv Kleve erwirbt seine Archivalien in der Regel nicht käuflich. Neuzugänge erfolgen normalerweise durch Abgaben seitens der Stadtverwaltung – wie im Archivgesetz NRW vorgesehen – oder durch Schenkung. So hat das Stadtarchiv in den vergangenen Jahren große Aktenmengen aus dem inzwischen abgerissenen Rathaus in der Unterstadt und z.B. auch Archivbestände der Hoffmann/elefanten-Schuhfabrik, der Margarine Union und verschiedener Schulen sowie den Nachlass von Prof. Dr. Walter Gieseler übernehmen können. Nur in besonderen Fällen findet ein Ankauf statt. Ein solcher Sonderfall war der käufliche Erwerb der Sammlung Kopstadt, der neuerdings abgerundet werden konnte.
Diese Sammlung von Schriften aus dem Nachlass von Johann Arnold Kopstadt (1753-1833) wurde dem Stadtarchiv 2013 von einem auswärtigen Antiquariat angeboten. Das Angebot stieß hier sofort auf Interesse, denn man kennt Kopstadt als Verfasser einer Beschreibung der Stadt Kleve um 1800 in Briefform (Ueber Cleve. In Briefen an einen Freund aus den Jahren 1811 und 1814, Frankfurt am Main 1822, unveränderter Nachdruck: Kleve 1974). Dr. Thomas Maier hat ihm 2002 ein eigenes Kapitel in seinem Buch Cleve um 1800. Ein literarischer Streifzug gewidmet.
Bei näherer Betrachtung stellte sich heraus, dass es sich bei dieser Sammlung in der Hauptsache um Handschriften aus den Jahren ca. 1820-1830 handelt. Deren Zahl beläuft sich auf 31 Stück, mit einem Gesamtumfang von über 5200 Seiten. Hinzu kommt ein 1829 datierter Sammelband mit 18 teils sehr seltenen Drucken. Den Kern des Bestandes (24 Handschriften) stellt ein Erinnerungswerk dar, das Kopstadt ab 1826 in Angriff genommen hatte, nachdem er an einem Augenleiden erkrankt war und kaum noch lesen und studieren konnte. Systematisch, umfassend und sehr detailliert hat er seine Erinnerungen an zahlreiche Personen, die er im halben Jahrhundert, seitdem er 1781 nach Kleve gekommen war, zu Papier gebracht. Diese ließ er anschließend abschreiben – zum Glück, denn seine eigene Handschrift war eingestandenermaßen sehr schlecht lesbar – und anschließend einbinden bzw. heften.
So ist eine Sammlung von hunderten von geschriebenen Porträts zustande gekommen, die Angaben zu Funktionen und Familienbeziehungen der skizzierten Personen, aber auch zu ihrer äußeren Erscheinung, ihrem Charakter und ihrem Verhalten bieten. Der Verfasser beschreibt und beurteilt überdies ohne Schonung Eigentümlichkeiten, Freund- und Feindschaften, Geschäfte und Machenschaften, usw. Seine Erinnerungen wirken teilweise wie ein ‚chronique scandaleuse‘.
Dabei hatte Kopstadt Kontakte bis in die höchsten Kreise. Er war der Sohn eines Essener Oberbürgermeisters und hatte in Halle Jura studiert. 1781 war er als Regierungs-Referendar nach Kleve gekommen und nach seiner Kündigung im Jahre 1786 konnte er hier als Rentner leben, u.a. dank der Pfründe, die er als Senior des Stiftes Halberstadt bezog. Sein Schwager war der Aachener Interims-Präfekt und spätere Präsident des lutheranischen Generalkonsistoriums in Köln Johann Friedrich Jacobi, sein Schwiegersohn der erste Landrat des Landkreises Kleve, Christian Friedrich von der Mosel.
Kopstadt beschreibt Beamte des Staates und der Stadt, Geistliche der verschiedenen Konfessionen, Ärzte, Privatgelehrte und Schriftsteller, bildende Künstler und Musiker und z.B. auch zahlreiche Frauen. Da seine Erinnerungen den Zeitraum ca. 1780-1830 betreffen, umfassen sie sowohl das Ende des Ancien Régime, wie die sog. ‚Franzosenzeit‘ und die Zeit der preußischen Restauration.
Zur Sammlung gehört ansonsten u.a. noch eine literarische Darstellung von Kopstadts Eheleben.
Die Bedeutung dieser Sammlung, die so tiefe Einblicke in die damalige Gesellschaft bietet, für die Geschichte der Stadt Kleve und für die ihrer Umgebung ist kaum zu überschätzen. Kaum eine andere Stadt im weiten Umkreis dürfte über eine derartige Quelle verfügen.
Nachdem ein Gutachten zum Wert dieser Sammlung beim Heinrich-Heine-Institut in Düsseldorf eingeholt worden war, konnte sie von der Stadt Kleve mit finanzieller Unterstützung des Klevischen Vereins für Kultur und Geschichte / Freunde der Schwanenburg e.V. für das Stadtarchiv erworben werden. Das Stadtarchiv Kleve ist allen Beteiligten sehr dankbar und wird sich bemühen, diese Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Autor:

Lokalkompass Kleve 2 aus Kleve

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Eine/r folgt diesem Profil

1 Kommentar

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.