Bücherkompass: D.E. Stevenson - Stich ins Wespennest oder wie ich mich ganz langsam mit Barbara Buncle anfreundete

Als das Buch von D.E. Stevenson (1892-1973) „Stich ins Wespennest“ hier im Lokalkompass vorgestellt wurde, stachen mir gleich zwei Dinge ins Auge. Zum einen, dass es sich um ein Buch handele, „das eigentlich jeden ansprechen könnte, der sich als Bürger-Reporter aus Leidenschaft versteht“. Aber auch deshalb, da die Hauptperson in diesem Roman jemand sei, der gerade sein erstes Buch geschrieben hat. Und wie dies bei seinen Mitmenschen ankommt. Genau mein Thema also!

Bei meinem ersten Blick ins Buch war ich hingegen zunächst enttäuscht. Meist ist es zwischen mir und einem neuen Buch gleich Liebe auf die erste Zeile, oder aber es wird nichts mit uns beiden. Hier aber habe ich gelernt, dass man nicht gleich in Leidenschaft entbrennen muss, sondern sich auch Schritt für Schritt einander annähern kann. So dass ich nach ungefähr 170 Seiten anfing, mit Fräulein Bürgerreporterin Buncle mitzufiebern und, sofern es denn erhältlich ist, mir auch das Nachfolgewerk „Miss Buncle married“ zu Gemüte führen werde.

Wir beginnen mitten im Dorfleben einer längst vergangenen Zeit. Wo Landschaft, Zeit und Charaktere eingehend und auch ein wenig altmodisch beschrieben werden. Wo Miss Buncle plötzlich nicht mehr von ihrer Dividende leben kann, sondern sich nach Alternativen wie einer Hühnerzucht oder der Zimmervermietung umsehen muss, um über die Runden zu kommen. Da ihr all das zu aufwändig oder unbequem erscheint, beschließt sie schließlich, einen Roman zu schreiben.

Da sie nicht mit großer Fantasie gesegnet ist, greift sie hierbei auf ihr dörfliches Umfeld zurück. Womit sie nicht gerechnet hat, ist, dass ihr Buch „Der Störenfried“ zum Bestseller wird und schließlich auch die Grenzen ihres Heimatorts erreicht - und die Bewohner sich zu Fräulein Buncles Entsetzen wiedererkennen. Und zur Jagd auf den vermeintlichen Verleumder blasen. Mikrokosmos Dorfleben damals und heute - soviel hat sich wirklich nicht geändert ;-)

Ein Dorf, viele Meinungen

Toll wie die Autorin D.E. Stevenson die unterschiedlichsten Reaktionen beschreibt - die Männer des Dorfs, die der Inhalt höchstens zum Schmunzeln anregt oder sie sich erst gar nicht darin erkennen. Die Frauen, allen voran die vermeintlich angesehenste Lady des Orts, die sich schrecklichem Unrecht ausgesetzt fühlen und in aller Entschlossenheit den Autor enttarnen wollen. Der „goldene Knabe“, der nicht nur in Barbaras Buch die Dorfbewohner zu den kühnsten Handlungen verleitet. Sei es das Aufeinanderzugehen von zwei „Oldies“ oder die Reise nach Samarkand zweier „Freundinnen“.

Ich musste lachen, wie verwirrt Miss Buncle ihre Kritiker haben. Die einen loben ihr Buch über den grünen Klee, die anderen zerreißen es. Wer hat denn nun Recht? Hat ein Kritiker oder Reszensionist den Durchblick oder ist nicht immer auch ein Stück weit Subjektivität im Spiel? Und wieso wird diese Subjektivität so gerne abgestritten?

Diese Rezensionistin hier meint auf jeden Fall - ja, ein wirklich empfehlenswertes Buch. Wenn man sich mit seiner Sprache angefreundet hat und den feinsinnigen Humor dahinter riecht. Welches Ende es mit Miss Buncle nimmt, ob sie von den Dorfbewohnern gelyncht wird? Lesen Sie selbst!

Autor:

Christiane Bienemann aus Kleve

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